Tom Jones. Henry Fielding

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Tom Jones - Henry Fielding

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als Herr Alwerth ihn bat, Geduld zu haben und darauf, indem er sich zu seinem Neffen Blifil wendete, sagte: »Sprich doch, Kind! Was hat denn dieser Auflauf zu bedeuten? Was gibts denn?« Neffe Blifil antwortete: »O, lieber Onkel, es thut mir gewiß sehr leid, was ich gethan habe; ich bin unglücklicherweise an allem schuld gewesen. Ich hatte Sophiens Vogel in der Hand, und da kam's mir vor, als ob er sich nach der Freiheit sehnte, und da konnt' ich's nicht über mein Herz bringen, ich muß es gestehen, ich mußt' ihm seinen Wunsch thun; denn ich habe immer gedacht, es wäre was Grausames darin, ein lebendiges Wesen einzusperren. Es dünkte mich gegen das Gesetz der Natur, nach welchem jedes Ding ein Recht zur Freiheit hat. Ja, es ist sogar unchristlich; denn es ist nicht gethan, wie wir wollen daß man uns thue. Hätte ich aber gedacht, daß es Fräulein Fiekchen so sehr sich zu Herzen nehmen würde, so würde ich mich gewiß wohl gehütet haben es zu thun; ich hätte es auch nicht einmal gethan, wenn ich gewußt hätte, wie es dem Vogel selbst ergehen würde; denn als Tom, der den Baum hinauf kletterte, um ihn wieder zu kriegen, ins Wasser fiel, flog der Vogel wieder auf, und da kam gleich ein Habicht und fing ihn weg.«

      Die arme Sophie, die jetzt erst das Schicksal ihres Vogels vernahm, (denn ihre Besorgnis um Jones hatte sie abgehalten weiter nach dem Vogel zu sehen), vergoß nun einen Strom von Thränen. Diese suchte Herr Alwerth dadurch zu trocknen, daß er ihr einen viel hübscheren Vogel versprach; sie sagte aber, sie wolle in ihrem Leben keinen wieder haben. Ihr Vater schalt sie darüber aus, daß sie so über einen dummen Vogel heulte; konnte sich jedoch dabei nicht entbrechen, dem jüngern Blifil zu sagen: wenn er sein Sohn wäre, so wollte er ihm dafür den Rücken derb abbläuen.

      Sophie ging nun nach ihrem Zimmer; die jungen Herrchen wurden nach Hause gesandt und die übrige Gesellschaft kehrte wieder zu ihren Flaschen und Gläsern zurück; woselbst über den Vorfall mit dem Vogel ein Gespräch erfolgte, das so sonderbar war, daß wir meinen, es verdiene sein eigenes Kapitel.

Viertes Kapitel.

      Enthält solche gründliche und ernsthafte Materien, daß vielleicht einige Leser wenig Behagen daran finden werden.

      Quadrat hatte nicht so bald seine Pfeife angezündet, als er sich an Herrn Alwerth wendete und folgendergestalt anhub: »Herr, ich kann nicht umhin, Ihnen zu Ihrem Neffen Glück zu wünschen, der in einem Alter, worin wenige Knaben andere als sinnliche Begriffe haben, schon das Vermögen erlangt hat, zwischen Recht und Unrecht zu distinguieren. Irgend ein lebendiges Wesen einzuschränken, scheint mir gegen das Gesetz der Natur, nach welchem jedes Ding ein Recht zur Freiheit hat. Das waren seine Worte; und der Eindruck, den solche auf mich gemacht haben, wird niemals wieder verlöschen. Kann ein Mensch auf der Welt höhere Begriffe von der Regel des Rechts und der ewigen Harmonie der Dinge haben? Ich kann mich nicht entbrechen, mir von solch einer Morgenröte zu versprechen, daß der volle Tag dieses Jünglings ebenso glänzend sein muß, als eines von beiden, des ältern oder des jüngern Brutus.«

      Hier fiel ihm Schwöger hastig ins Wort, verschüttete etwas Wein aus dem Glase, verschlang eilig das übrige und antwortete: »Aus einem andern Ausdruck, dessen er sich bediente, hoff' ich, soll er viel bessern Männern ähnlich werden. Gesetz der Natur ist ein Klingklang von Worten, wohinter gar nichts steckt. Ich weiß nichts von solchen Gesetzen, noch von irgend einem Recht, das daraus hergeleitet werden könnte. Thu' andern, was du willst daß dir geschehe, das ist das wahre christliche Motiv, wie sich der Knabe sehr richtig ausdrückte; und ich freue mich, zu finden, daß mein Unterricht so gute Früchte erzeugt hat.«

      »Wenn Eitelkeit mit der ewigen Harmonie der Dinge bestehen könnte,« sagte Quadrat, »so dürfte ich mir über eben den Umstand vielleicht einiges erlauben; denn, aus welcher einzigen Quelle er seine Begriffe von Recht und Unrecht geschöpft haben könne, liegt, sollt' ich meinen, klar genug am Tage. Wenn es kein Gesetz der Natur gibt, so gibt's auch weder Recht noch Unrecht.«

      »Wie?« sagte der Theolog, »Sie leugnen also die Offenbarung? Sprech' ich hier mit einem Deisten oder Atheisten?«

      »Gläser eingeschenkt!« sagte Western, »packt ein, mit eur'n Gesetzen der Natur! Ich weiß nicht, was ihr beide meint, mit eur'm Recht und Unrecht! Mein'm Mädchen sein'n Vogel nehm'n, war Unrecht! das mein' ich. Und mein Nachbar Alwerth mag's mach'n wie 'r will, was schiert's mich! Aber, die Jungens in solch'n Kniffen bestärken, das heißt Galgenschweng'l draus ziehn!«

      Alwerth antwortete: was sein Neffe gethan habe, thäte ihm freilich leid; doch könne er nicht darein willigen, daß der Knabe dafür gestraft würde, weil er mehr aus einem großmütigen, als aus einem niederträchtigen Bewegungsgrunde gehandelt habe. Er sagte: »Wenn der Bursche den Vogel gestohlen hätte, so würde er selbst für eine viel strengere Züchtigung, als der Herr Nachbar, gestimmt haben. Aber es wär' klar, daß solches seine Absicht nicht gewesen.« Und in der That war es ihm klar, daß er keine andre Absicht dabei gehabt haben könnte, als die er selbst gestand. (Denn was die hämische Tücke betrifft, wegen welcher Sophie ihn im Verdacht hatte, so kam die dem Herrn Alwerth nicht einmal in die Gedanken.) Endlich schloß er damit, daß er nochmals die Handlung als unbedachtsam tadelte und solche nur bei einem Kinde für verzeihlich hielt.

      Quadrat hatte seine Meinung so unverhohlen herausgesagt, daß er, wenn er jetzt geschwiegen, gleichsam eingeräumt hätte, sein Urteil sei ganz nichtig gewesen; er sagte daher mit einiger Hitze: »Herr Alwerth habe zu viel Achtung für die lumpige Rücksicht auf Eigentum. Alle dergleichen besondere Rücksichten müsse man beiseite setzen, wenn man über große und mächtige Handlungen ein Urteil fällen wollte. Denn, wenn man sich an solche eingeschränkte Regeln halten wollte, so müßte man den jüngern Brutus verdammen als einen Undankbaren, und den ältern als einen Mörder seines eignen Blutes.«

      »Und wenn sie beide wegen ihrer Schandthaten wären gehängt worden,« schrie Schwöger, »so wär' ihnen weiter nichts geschehen, als was ihre Thaten wert waren. Die heidnischen Schurken, die! Gott sei gelobt, daß wir heutigestags keine Brutusse mehr haben! Ich wünschte, Herr Quadrat, Sie wollten sich enthalten, die Gemüter meiner Untergebenen mit solchem antichristlichen Wischiwaschi anzufüllen; denn es kann nichts andres daraus entstehen, so lange sie unter meiner Aufsicht sind, als daß ich's wieder herausprügeln muß. Da ist Ihr Zögling, Tom, der ist fast schon völlig verderbt. Ich hört' ihn vor einigen Tagen mit meinem Blifil disputieren: beim Glauben ohne Werke wäre kein Verdienst. Ich weiß, das ist so einer von Ihren Glaubensartikeln, und ich denke, er hatte das von Ihnen und von niemand sonst.«

      »Klagen Sie nur nicht, daß ich ihn verderbe,« sagte Quadrat. »Wer lehrte ihn über alles zu lachen, was tugendhaft ist und wohlanständig und schicklich und recht, nach der Harmonie der Natur der Dinge? Ihr Schüler ist er, nicht der meine! Nein; das verbitt' ich mir, nein, nein! Blifil, das ist mein Herzblatt. So jung er ist, so fordre ich Sie heraus, des Jünglings Begriffe von moralischer Rechtschaffenheit wieder auszurotten.« Schwöger antwortete hierauf mit einem verächtlichen Naserümpfen und sagte: »Nu, nu! Den will ich Ihnen wohl anvertrauen. Er ist zu wohl gegründet, als daß ihm all Ihr philosophisches Geschwätz etwas schaden könnte. Nein, nein! Dafür hab' ich gesorgt, und hab' ihm solche Grundsätze beigebracht, daß« –

      »Und auch ich habe ihm Grundsätze beigebracht,« schrie Quadrat. »Was, außer der erhabenen Idee von Tugend, könnte einem menschlichen Gemüt den großmütigen Gedanken einflößen, Freiheit zu erteilen? Und, ich sag's Ihnen noch einmal, wenn es schicklich wäre, stolz zu sein, so könnte ich auf die Ehre Anspruch machen, ihm diese Idee beigebracht zu haben.« –

      »Und wenn nicht geschrieben stände: Niemand rühme sich selbst,« sagte Schwöger, »so dürfte ich von mir sagen, daß ich ihn die Pflicht gelehrt habe, welche er selbst als seinen Bewegungsgrund anführt.«

      »So! Zankt Euch wohl noch drum!« sagte der Junker. »Von allen beiden, seh' ich, lernen die Knab'n meiner Tochter ihren Vogel zu stehlen. Ich sehe wohl, 'ch muß uf mein Geheg' weidlich Achtung geb'n! Es kömmt m'r sonst noch

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