Vendetta Colonia. Peter Wolff

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Vendetta Colonia - Peter Wolff

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      Ihrem Vater kann sie nichts sagen, er würde womöglich Dr. Freudenberg kontaktieren, um aus erster Hand zu erfahren, wie es um das ungeborene Kind steht.

      Der Rest der Familie wohnt mehr als tausend Kilometer entfernt, unwahrscheinlich, dass es ein Risiko birgt, Tante Francesca von der Untersuchung und dem Verdacht Dr. Freudenbergs zu berichten. So ruft Clarissa ihre Tante an.

      „Ciao zia Francesca.“

      „Clarissa! Sono contento, ich freue mich, von Dir zu hören!“

      „Wie geht es der Familie?“

      „Uns geht es allen gut. Viel wichtiger ist aber, wie es Dir geht.“

      „Mir geht es gut, aber....“

      „Aber? Um Gottes willen, ist irgendetwas mit dem Kind?“

      „Wir wissen es nicht … vielleicht.“

      „Was soll das heißen?“

      „Es besteht die Möglichkeit, dass das Kind behindert zur Welt kommt.“

      „Oh nein“, Francesca fängt laut an zu weinen, „Oh nein.“

      Auch Clarissa am anderen Ende der Leitung kann ihre Tränen nicht zurückhalten. Minutenlang weinen beide Frauen ins Telefon.

      „Was ist passiert?“, Francesca fängt sich als Erste wieder.

      „Ich hatte eine schwere Infektion.“

      „Dio mio!“

      „Ein Bekannter von Werner arbeitet in der Universitätsklinik. Er hat am Sonntag extra für uns die Klinik geöffnet und eine Ultraschalluntersuchung von dem Baby gemacht. Dabei hat er Auffälligkeiten am Kopf des Kindes entdeckt, die auf Wasser im Gehirn hindeuten können.“

      „Das darf nicht wahr sein.“

      „Nein, darf es nicht. Wir können nur hoffen, dass er irgendetwas anderes gesehen hat oder dass er sich täuscht.“

      „Gibt es denn keinen Spezialisten, den ihr aufsuchen könnt?“

      „Nein, die Universitätsklinik ist führend in der Medizintechnik. Wer sonst sollte da helfen können?“

      „Ich weiß es nicht, Clarissa. Ich weiß es nicht.“

      „Tante Francesca, ich lege jetzt auf. Werner kommt gleich, ich muss ihm schnell was kochen.“

      „Ist gut, Kleines, und bitte halt' mich auf dem Laufenden, ja?“

      „Selbstverständlich. Gruß an die Familie.“

      Francesca Tardea sinkt in Ihrem Sessel zusammen. Gedankenversunken bekommt sie kaum mit, dass kurz darauf das Telefon läutet.

      „Si.“

      „Ciao Francesca, hier ist Guiseppe. Ich rufe nur kurz an wegen der Sammelbestellung: Wie viele Liter Olivenöl brauchst Du? Und soll ich Dir frische Artischocken mitbestellen?“

      „Ein Fünfliter-Fässchen bitte. Artischocken bekomme ich vom Bauern hier vor Ort.“

      „Hast Du irgendwas? Du hörst Dich so abwesend an.“

      „Ach, Guiseppe. Ich hatte gerade einen Anruf. Clarissa aus Deutschland. Es gibt Probleme mit dem Kind.“

      „Probleme?“

      „Möglicherweise kommt es behindert zur Welt.“

      „Was? Das ist ja furchtbar.“

      „Ja, das ist es.“

      „Was fehlt dem Kleinen denn?“

      „Das habe ich nicht genau verstanden, Guiseppe. Ich war so aufgeregt“

      „Das kann ich verstehen.“

      „Irgendetwas mit dem Kopf stimmt nicht.“

      „Dio mio!“

      „Kann man denn da gar nichts tun?“

      „Ich weiß es nicht, Francesca. Aber ich werde mich erkundigen.“

      „Danke, Guiseppe. Wir haben uns doch alle so auf das bambino gefreut.“

      „Ja, Francesca. Lass' uns alle für Clarissa und das Kind beten. Vielleicht wird noch alles gut.“

      „Vielleicht, ja.“

      „Ich muss jetzt los, ich habe noch einen Termin. Ich werde den Rest der Familie informieren und sehen, was ich tun kann, Francesca.“

      „Was willst Du denn da tun? Wie kann die Famiglia Clarissa helfen?“

      „Ich weiß es noch nicht. Aber ich lasse mir etwas einfallen.“

      21

      Davor Krupcic lernt schnell. Obgleich er sowohl äußerlich als auch vom Naturell her so anders als Borna ist, in der Fabrik macht er sich beinahe so gut wie sein Bruder.

      Davor wird zunächst im gleichen Segment der Fertigung, in dem auch Borna tätig ist, eingesetzt, da dort ein Kollege längerfristig erkrankt ist.

      Er hat den Ehrgeiz, seinem großen Bruder, den er mehr verehrt noch als seinen Vater, keine Schande zu bereiten, seinem Ruf in der Firma nicht zu schaden.

      Zudem möchte er, dass seine Familie stolz auf ihn ist, er hat das Fest noch gut in Erinnerung, welches Borna anlässlich seines ersten Besuchs in der Heimat bereitet wurde.

      Nach Feierabend ist er meist völlig erschöpft. Während Borna ab und an mit Kollegen ausgeht oder Sport treibt, bleibt Davor in der Wohnung in Chorweiler, hört Radio oder liest. Bald soll zudem ein Fernseher angeschafft werden.

      An den Wochenenden unternehmen die Brüder meist gemeinsam etwas, regelmäßig besuchen sie zwei Lokale in Köln, die von Landsleuten betrieben werden. Im „Hrvatski Jadran“ in Nippes und „Bei Josip“ in Ehrenfeld fühlt es sich fast so an wie zu Hause.

      Bei heimischer Musik, in der Gesellschaft von Landsleuten und bei Pljeskavica und Slivovica kommt Heimweh gar nicht erst auf.

      „Ich hätte nicht gedacht, dass Du das hier packst, kleiner Bruder.“

      „Und Du weißt nicht, wie schwer es mir manchmal fällt.“

      „Meinst Du die Arbeit?“

      „Daran habe ich mich gewöhnt, es fängt sogar an, mir richtig Spaß zu machen.“

      „Aber?“

      „Die Heimat, Borna. Mir fehlt die Familie, mir fehlen Freunde. Wir sind doch ziemlich allein hier, haben nur uns, die Kollegen und...“.

      „...und

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