Vendetta Colonia. Peter Wolff
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02
Als es am 1. März 1941 zum ersten großen Luftangriff auf Köln kommt, ist dies der Beginn für schwerste Zerstörungen, die die Stadt vollkommen verwüsten. Die amerikanischen Truppen, die Köln knapp vier Jahre später betreten, finden eine Ruinenstadt vor, die völlig entvölkert scheint. Der Krieg hat 20.000 Kölner Bürgern den Tod gebracht, die Altstadt ist zu 90 % zerstört, der Neustadt ist es mit rund 80 % an Kriegsschäden nicht weniger schlecht ergangen. Nach dem Ende des Krieges kehren die Menschen langsam in die Stadt zurück, Ende 1945 ist die Bevölkerung trotz der schwierigen Umstände bereits wieder auf 400.000 Menschen angewachsen. Beim anstehenden Wiederaufbau soll sich das Gesicht der Stadt massiv ändern (03).
Die Zeit des Wiederaufbaus ist geprägt von Hunger und der Knappheit von Gütern aller Art. Man ist bemüht, Ordnung wiederherzustellen, Wirtschaft und Infrastruktur aufzubauen. Eine Zeit der Entbehrungen, aber auch der Chancen.
Nach dem Krieg krempeln die Kölner die Ärmel hoch und ordnen die traurigen Überreste ihrer Stadt. Rund um den Dom, der wie durch ein Wunder relativ unversehrt geblieben ist, sind praktisch alle Häuser zerstört. Die Straßen sind verschüttet und teilweise unpassierbar, alle Rheinbrücken sind eingestürzt. Die städtische Infrastruktur, von der Straßenbahn über das Telefon- und Stromnetz bis hin zur Kanalisation, ist größtenteils unbenutzbar geworden.
Am 1. August 1947 wird der Wiederaufbauplan der Öffentlichkeit vorgelegt. Für diese Phase hat sich die Stadt im Wesentlichen drei Ziele gesteckt: Erstens sollen die alten Strukturen wieder aufgenommen und durch einige Verkehrserweiterungsmaßnahmen ergänzt werden. Zweitens soll, wo dies möglich und sinnvoll ist, die historische Bausubstanz gerettet oder aber zumindest rekonstruiert werden.
Und zu guter Letzt soll die Stadt auf lange Sicht „autogerecht“ angelegt werden. Stadtbaumeister Rudolf Schwarz hat die Idee, rund um die Kirchen erneut Wohnviertel hochzuziehen, sodass die Gotteshäuser als Kerne kleiner Stadtteile mit eigenem Charakter erhalten bleiben. Im Übrigen werden die historischen Gebäude der Altstadt möglichst originalgetreu wiederaufgebaut (04).
So sieht das Köln aus, in das Paul Schmitz, reisender Kaufmann aus dem Stadtteil Ehrenfeld, nach Kriegsende zurückkehrt. Im Kampf hat er ein Bein verloren. Nach seiner Genesung bietet die Stadt Köln ihm einen Arbeitsplatz bei der Ausländerbehörde an. Nicht unbedingt das, was er sich für sein Leben vorgestellt hat, aber infolge seiner Behinderung bleibt ihm kaum eine andere Wahl, er nimmt das Angebot an. Paul Schmitz ist verheiratet, Familienzuwachs ist geplant. Ein sicherer Beamtenjob kann da nicht schaden.
Pauls zwei Jahre älterer Bruder Werner kämpft nicht für sein Vaterland. Er teilt am Truppensammelplatz dem Truppenführer kurz vor dem geplanten Abmarsch zum Kriegsschauplatz mit, dass er „nach Hause“ gehe. Das Risiko, infolge seiner Weigerung erschossen zu werden, nimmt er in Kauf. Derart aussichtslos erscheint Werner Schmitz der Einsatz an der Front, zu dem er auserkoren ist.
Werner Schmitz hat Glück: sein Truppenführer lässt Gnade walten und den Abtrünnigen von dannen ziehen.
Im Sommer 1944 erkrankt Werner Schmitz an der Schwindsucht, besser bekannt als Tuberkulose. Als er im November des Jahres aus dem Sanatorium, damals Lungenheilstätte genannt, zurückkehrt, wundert er sich über den großen Menschenauflauf am Ehrenfelder Bahnhof.
Spätestens ab 1942 kann man Köln als das Zentrum der Edelweiß-Gruppen, wie sich die Widerstandskämpfer formell nannten, bezeichnen. In den Gestapo-Akten tauchen mehr als 3000 Namen Kölner Edelweißpiraten auf. Es handelt sich um informelle Gruppen deutscher Jugendlicher mit unangepasstem, teilweise oppositionellem Verhalten im Deutschen Reich von 1939 bis 1945.
Am Bahndamm in Ehrenfeld, direkt an der Unterführung Venloer Straße, werden bereits am 25.10.1944 elf vom NS-Regime zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppte Bürger Polens und der UdSSR ohne Gerichtsurteil öffentlich durch Gestapo und SS gehenkt.
Am 10.11.1944 ereilt dreizehn Deutsche, unter ihnen jugendliche Edelweißpiraten aus Ehrenfeld sowie andere Kämpfer gegen Krieg und Terror, das gleiche Schicksal (05).
Heute erinnern eine Bronzetafel und ein Wandgemälde an die Hinrichtungen. Die parallel zum Bahndamm verlaufende Hüttenstraße heißt in diesem Abschnitt zum Gedenken an einen der Edelweißpiraten heute Bartholomäus-Schink-Straße (06).
Das grausame Prozedere in seinem „Veedel“, dem Stadtteil Kölns, in dem er geboren und aufgewachsen ist, trifft Werner Schmitz, überzeugter und bekennender Pazifist, bis ins Mark. Eine solche Gräueltat hätte er in seiner Heimatstadt, in der doch das Motto „Levve un levve losse“ (Leben und leben lassen) allgegenwärtig ist, nicht für möglich gehalten.
Wochenlang ist er befangen, apathisch, unfähig, wieder am Leben teilzunehmen und sich um seine Zukunft zu kümmern.
Nachdem Adolf Hitler am 30.April 1945 im Berliner Führerbunker Selbstmord begangen hat, ist der Krieg im Mai 1945 endlich beendet.
In Werner Schmitz erwachen langsam, aber sicher die Lebensgeister. Nach Kriegsende tingelt er zunächst als Waschmittel- und Seifenverkäufer durch Köln und schreibt bisweilen Berichte über regionale Fußballspiele, die eine ansässige Tageszeitung in Auftrag gibt. Diese beeindrucken die Zeitungsmacher so sehr, dass Werner Schmitz einige Zeit später als Lokal- und Sportredakteur fest eingestellt wird.
03
Jugoslawien wird nach Kriegsende als sozialistischer und föderaler Staat neu gegründet. Die jugoslawischen Kommunisten errichten 1945 sechs eigenständige Teilrepubliken: Slowenien, Kroatien, Serbien, Mazedonien, Montenegro und Bosnien-Herzegowina.
Wie in allen kommunistischen Ländern, wird das Wirtschaftssystem nach 1945 völlig umgestaltet. Industrie und Banken werden verstaatlicht, der Großgrundbesitz aufgeteilt.
Am 7.April 1963 wird Josip Broz, besser bekannt als Tito, zum Präsidenten auf Lebenszeit ernannt (07). Dem neuen Staatschef gelingt es, seinen Staat vom Einfluss der stalinistischen Sowjetunion zu lösen.
Weil sich Jugoslawien von der Sowjetunion losgesagt hat, erhält das Land auch massive Wirtschaftshilfe des Westens, wobei es gleichzeitig enge Handelsbeziehungen zum RGW, einer internationalen Organisation der sozialistischen Staaten unter Führung der Sowjetunion, unterhält. So scheint das sozialistische Wirtschaftssystem Jugoslawiens zunächst erfolgreich zu sein, die Lebensverhältnisse im Land bessern sich.
Tito glaubt an den "dritten Weg", einen Sozialismus mit menschlichem Antlitz. Er revolutioniert die Gesellschaft nach sozialistischem Vorbild, die Landwirtschaft wird kollektiviert, die Industrie verstaatlicht.
Marktwirtschaftliche Ansätze sowie der Tourismus kurbeln die Wirtschaft des Landes an, dank der Reisefreiheit fließen viele Devisen von Gastarbeitern nach Jugoslawien zurück. Jugoslawien ist das Freieste der sozialistischen Länder (08).
Jedoch gelingt es nicht, die südlichen Republiken wirtschaftlich zu entwickeln, hier herrschen weiterhin Arbeitslosigkeit beziehungsweise Unterbeschäftigung vor. Es fehlt an der Infrastruktur und an Investoren, um den wirtschaftlichen Aufschwung in Gang zu setzen. So kommt es, dass Zehntausende Jugoslawen