Dombey und Sohn. Charles Dickens
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»Louisa«, sagte Mr. Dombey eines Tags zu seiner Schwester, »ich glaube wirklich, ich muß deine Freundin bei Gelegenheit von Pauls Taufe mit einem kleinen Andenken erfreuen. Sie hat sich von Anfang an so warm des Kindes angenommen und scheint ihre Aufgabe so durchaus zu verstehen – leider ein gar seltenes Verdienst in dieser Welt – daß ich ihr gerne eine Aufmerksamkeit erweisen möchte.«
Wir wollen den Vorzügen der Miß Tox keinen Abbruch tun, wenn wir andeuten, daß in den Augen Mr. Dombeys, wie in denen so mancher anderen, die man gelegentlich zu sehen kriegt, nur diejenigen zu jenem gewaltigen Stück Kenntnis, dem Verstehen ihrer eigenen Stellung gelangt waren, die der seinigen eine passende Verehrung zollten. Die Überzeugung, daß sie sich selbst kannten, hatte bei ihm lange nicht die hohe Bedeutung, als das Bewußtsein, daß sie ihn kannten und sich tief vor ihm verbeugten.
»Mein lieber Paul«, erwiderte seine Schwester, »du läßt Miß Tox nur Gerechtigkeit widerfahren, wie das von einem Manne mit deinem Scharfblick zu erwarten ist. Ich glaube, wenn es drei Worte in der englischen Sprache gibt, vor denen sie eine Achtung hat, die sich fast zur Verehrung steigert, so sind diese Worte Dombey und Sohn.«
»Nun, ich glaube es«, versetzte Mr. Dombey. »Es macht Miß Tox Ehre.«
»Und was das Andenken betrifft, von dem du gesprochen hast, mein lieber Paul«, fuhr seine Schwester fort, »so kann ich mit voller Überzeugung behaupten, daß alles, mit dem du Miß Tox zu bedenken beabsichtigst, wie eine Reliquie aufbewahrt und geschätzt werden wird. Es gibt übrigens eine Art, mein lieber Paul, ihr deine Anerkennung für ihre Freundlichkeit in noch schmeichelhafterer Weise zu bekunden, falls du dazu geneigt sein solltest.«
»Und das wäre?« fragte Mr. Dombey.
»Paten sind natürlich im Punkte der Bekanntschaft und des Einflusses von großer Wichtigkeit«, fuhr Mrs. Chick fort.
»Ich sehe nicht ein, welchen Wert sie für meinen Sohn haben könnten«, versetzte Mr. Dombey kalt.
»Ganz richtig, mein lieber Paul«, entgegnete Mrs. Chick mit außerordentlicher Lebhaftigkeit, um das Plötzliche ihrer Bekehrung zu bemänteln, »und sehr würdig gesprochen. Ich hätte nichts anderes von dir erwarten sollen und zuvor schon wissen können, daß das deine Ansicht ist. Aber vielleicht ist gerade das«, fügte Mrs. Chick etwas zögernd hinzu, als ob sie sich bei der Sache nicht ganz behaglich fühle – »vielleicht ist das eben ein Grund, warum du weniger dagegen einzuwenden haben dürftest, wenn Miß Tox bei dem lieben Ding zu Gevatter steht, wäre es auch nur als Stellvertreterin für jemand anders. Ich brauche nicht zu sagen, mein lieber Paul, daß eine solche Erlaubnis als eine große Ehre und Auszeichnung aufgenommen werden würde.«
»Louisa«, sagte Mr. Dombey nach einer kurzen Pause, »man glaubt doch nicht –«
»Gewiß nicht«, rief Mrs. Chick, welche sich beeilte, der Abweisung zuvorzukommen; »ich habe in meinem Leben nie daran gedacht.«
Mr. Dombey sah sie ungeduldig an.
»Bringe mich nicht in Verwirrung, mein lieber Paul«, sagte seine Schwester, »denn das richtet mich zugrunde. Ich fühle mich überhaupt sehr angegriffen und bin nicht mehr ich selbst gewesen, seit die arme liebe Fanny heimgegangen ist.«
Mr. Dombey schaute nach dem Taschentuch, das seine Schwester nach ihren Augen führte, und sprach weiter:
»Ich sage, man werde doch nicht glauben –«
»Und ich sage«, murmelte Mrs. Chick, »daß ich in meinem Leben nie daran gedacht habe.«
»Gütiger Gott, Louisa!« sagte Mr. Dombey.
»Nein, mein lieber Paul«, erwiderte sie mit tränenvoller Würde, »du mußt mir schon erlauben zu sprechen. Ich bin nicht so gewandt, so raisonierend, so beredt oder überhaupt etwas der Art, wie du. Ich weiß das recht wohl. Um so schlimmer für mich. Aber wenn es die letzten Worte wären, die von meinen Lippen kämen – und nach dem Heimgang der armen teuren Fanny sollten letzte Worte für dich und mich sehr feierlich sein, mein lieber Paul – so würde ich doch noch immer sagen, daß ich nie daran dachte. Und was noch mehr ist«, fügte Mrs. Chick mit zunehmender Würde hinzu, als ob sie das gewichtigste Argument bis zuletzt aufgespart hätte, »ich habe nie daran gedacht.«
Mr. Dombey ging nach dem Fenster und wieder zurück.
»Man darf nicht glauben, Louisa«, sagte er (Mrs. Chick hatte ihre Flagge an den Mast genagelt und wiederholte: Ich weiß es wohl! aber er nahm keine Notiz davon, sondern fuhr fort), »daß es nicht viele Personen gebe, die, angenommen, daß ich in irgendeinem solchen Fall überhaupt Ansprüche anerkenne, weit höhere Berechtigung an mich haben, als Miß Tox. Aber wie gesagt, ich erkenne nichts dergleichen an. Wenn einmal die Zeit kommt, so werden Paul und ich imstande sein, unser Eigentum zusammenzuhalten – oder mit andern Worten, das Haus wird für sich selbst und ohne dergleichen gemeine Beihilfen sich und sein Eigentum erhalten können. Die Art fremder Hilfe, welche man gewöhnlich für Kinder sucht, kann ich wohl entbehren, da ich hoffentlich darüber weg bin. Sofern Pauls Kindheit und Jugend nur gut verläuft – und er sich ohne Zeitverlust für die Laufbahn, für die ich ihn bestimmt habe, qualifiziert, so bin ich zufrieden. Im spätern Leben kann er sich nach Belieben mächtige Freunde suchen, wenn er nach Kräften die Würde und den Kredit der Firma aufrecht erhält, ja, wenn möglich, sie sogar noch ausdehnt. Bis dahin bin ich vielleicht genug für ihn und alles in allem. Ich wünsche nicht, daß jemand zwischen uns trete. Viel lieber möchte ich deshalb einer so verdienstvollen Person, wie deine Freundin ist, meine Anerkennung für ihr verbindliches Benehmen zeigen. Sei es darum, wie du gesagt hast. Dein Gatte und ich, wir beide werden dann wohl als übrige Paten ausreichen.«
Im Verlauf dieser Bemerkungen, die mit viel Majestät und Großartigkeit vorgetragen wurden, hatte Mr. Dombey die geheimen Gefühle seines Innern enthüllt. Ein unbeschreibliches Mißtrauen vor jedermann, der sich zwischen ihn und seinen Sohn stellen könnte, eine hochmütige Furcht, in der Achtung und in dem Gehorsam des Knaben einen Nebenbuhler oder Teilnehmer zu haben, eine peinigende Ahnung, welche erst kürzlich in ihm aufgestiegen war, daß seine Macht, den menschlichen Willen zu binden und zu beugen, zweifelhaft sei, und eine nicht minder quälende Besorgnis über irgendeinen zweiten Hemmstein oder Querstrich – waren damals die Haupttasten seiner Seele. In seinem ganzen Leben hatte er sich nie einen Freund erworben, da sein kaltes abgemessenes Wesen weder Freunde suchte, noch gewinnen konnte. Und nun, während diese Natur ihre ganze Gewalt so kräftig auf einen Lieblingsplan der väterlichen Teilnahme und des Ehrgeizes konzentrierte, schien es, als ob ihr eisiger Strom, statt durch solchen Einfluß frei zu werden und klar zu laufen, nur für