Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve.... Friedrich Schiller
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DUNOIS.
Dich suchen wir, Johanna. Alles ist
Bereit, der König sendet uns, er will,
Daß du vor ihm die heilge Fahne tragest,
Du sollst dich schließen an der Fürsten Reihn,
Die Nächste an ihm selber sollst du gehn,
Denn er verleugnets nicht und alle Welt
Soll es bezeugen, daß er dir allein
Die Ehre dieses Tages zuerkennt.
LA HIRE.
Hier ist die Fahne. Nimm sie, edle Jungfrau,
Die Fürsten warten und es harrt das Volk.
JOHANNA.
Ich vor ihm herziehn! Ich die Fahne tragen!
DUNOIS.
Wem anders ziemt' es! Welche andre Hand
Ist rein genug, das Heiligtum zu tragen!
Du schwangst sie im Gefechte, trage sie
Zur Zierde nun auf diesem Weg der Freude.
La Hire will ihr die Fahne überreichen, sie bebt schaudernd davor zurück.
JOHANNA.
Hinweg! Hinweg!
LA HIRE.
Was ist dir? Du erschrickst
Vor deiner eignen Fahne! – Sieh sie an!
Er rollt die Fahne auseinander.
Es ist dieselbe, die du siegend schwangst.
Die Himmelskönigin ist drauf gebildet,
Die über einer Erdenkugel schwebt,
Denn also lehrte dichs die heilge Mutter.
JOHANNA mit Entsetzen hinschauend.
Sie ists! Sie selbst! Ganz so erschien sie mir.
Seht, wie sie herblickt und die Stirne faltet,
Zornglühend aus den finstern Wimpern schaut!
SOREL.
O sie ist außer sich! Komm zu dir selbst!
Erkenne dich, du siehst nichts Wirkliches!
Das ist ihr irdisch nachgeahmtes Bild,
Sie selber wandelt in des Himmels Chören!
JOHANNA.
Furchtbare, kommst du dein Geschöpf zu strafen?
Verderbe, strafe mich, nimm deine Blitze,
Und laß sie fallen auf mein schuldig Haupt.
Gebrochen hab ich meinen Bund, entweiht,
Gelästert hab ich deinen heilgen Namen!
DUNOIS.
Weh uns! Was ist das! Welch unselge Reden!
LA HIRE erstaunt zu Du Chatel.
Begreift Ihr diese seltsame Bewegung?
DU CHATEL.
Ich sehe, was ich seh. Ich hab es längst
Gefürchtet.
DUNOIS.
Wie? Was sagt Ihr?
DU CHATEL.
Was ich denke,
Darf ich nicht sagen. Wollte Gott, es wäre
Vorüber und der König wär gekrönt!
LA HIRE.
Wie? Hat der Schrecken, der von dieser Fahne
Ausging, sich auf dich selbst zurückgewendet?
Den Briten laß vor diesem Zeichen zittern,
Den Feinden Frankreichs ist es fürchterlich,
Doch seinen treuen Bürgern ist es gnädig.
JOHANNA.
Ja du sagst recht! Den Freunden ist es hold
Und auf die Feinde sendet es Entsetzen!
Man hört den Krönungsmarsch.
DUNOIS.
So nimm die Fahne! Nimm sie! Sie beginnen
Den Zug, kein Augenblick ist zu verlieren!
Sie dringen ihr die Fahne auf, sie ergreift sie mit heftigem Widerstreben und geht ab, die andern folgen.
Die Szene verwandelt sich in einen freien Platz vor der Kathedralkirche.
Vierter Auftritt
Zuschauer erfüllen den Hintergrund, aus ihnen heraus treten Bertrand, Claude Marie und Etienne und kommen vorwärts. Der Krönungsmarsch erschallt gedämpft aus der Ferne.
BERTRAND.
Hört die Musik! Sie sinds! Sie nahen schon!
Was ist das Beste? Steigen wir hinauf
Auf die Platforme, oder drängen uns
Durchs Volk, daß wir vom Aufzug nichts verlieren?
ETIENNE.
Es ist nicht durchzukommen. Alle Straßen sind
Von Menschen vollgedrängt, zu Roß und Wagen.
Laßt uns hieher an diese Häuser treten,
Hier können wir den Zug gemächlich sehen,
Wenn er vorüberkommt!
CLAUDE MARIE.
Ists doch, als ob
Halb Frankreich sich zusammen hier