Der eiserne Gustav. Ханс Фаллада

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Der eiserne Gustav - Ханс Фаллада

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viel länger als du, mit mir hat er am meisten geschrien. Aber wenn ein Kind von mir in Not ist, dann stehe ich doch auf.« (Sie tat es.) »Und wenn keiner meinem Erich helfen will, dann tu ich es. Lauf, Ottchen«, sagte sie entschlossen, »bring mir Handwerkszeug, womit ich die Schlösser aufkriegen kann. Dann mach, daß du in den Stall kommst, damit du nicht dabeigewesen bist und nichts wissen mußt. – Ich habe auch Angst vor Vatern – aber nur Angst, nein, dann möchte ich doch nicht mehr leben ...«

      Der alte Hackendahl hatte es sich mit seinen sechsundfünfzig Jahren nie nehmen lassen, Tag für Tag, Sommer und Winter, bei Schnee und Sonnenschein, noch selbst auf den Bock seiner Droschke zu steigen. Freilich, jeden Beliebigen fuhr er nicht, das hatte er nicht nötig. Aber die Stammkundschaft fuhr er, die Herren, die sich Tag für Tag nur vom alten Hackendahl auf ihr Büro, in ihre Bank, zum Ordinationszimmer fahren lassen wollten.

      »Denn so wie Sie, fährt eben doch keiner, Hackendahl! Immer pünktlich auf die Minute, und dann im schlanken Trabe durch, und dabei kein Gejachter mit Peitschengeknall und Gejohle, und vor allem nie Streit mit diesen neumodischen Automobilen!«

      »I wo denn, Herr Kammergerichtsrat! Zu was denn Streit? Mit solchen Benzinstinkern mache ich mich nicht gemein, Herr Kammergerichtsrat! Das sind doch alles bloß Todeskandidaten, und in zehn Jahren weiß kein Mensch mehr was von ihren Töfftöffs. Da ist die Mode vorbei. Die jagen, Herr Kammergerichtsrat, aber bloß, daß sie schneller in die Grube jagen ...«

      So sprach Hackendahl mit seiner Stammkundschaft, und wie er sprach, so dachte er auch. Wenn er die Autos nicht ausstehen konnte, so nur, weil sie ihm seine guten Pferde nervös machten mit ihrer Huperei und Stinkerei und Raserei ... Sein braver Schimmel konnte ganz von Sinnen werden über die klapprigen Blechdinger, das Gebiß zwischen die Zähne nehmen und ab – in voller Karriere und Bauch auf die Erde. Und das liebte nun wieder Hackendahls Alte-Herren-Fahrkundschaft nicht.

      Als Hackendahl an diesem Vormittag in die Bendlerstraße kam und bei der Villa des Geheimen Sanitätsrats Buchbinder vorfuhr, war er darum auch gar nicht erfreut, daß da solch Automobil vor der Türe stand. Der Schimmel stutzte. Und bockte und wollte gar nicht heran an den Kantstein: Hackendahl mußte wahrhaftig runter vom Bock und den Zossen beim Kopf nehmen.

      Der neben seinem Wagen wartende Chauffeur grinste natürlich höhnisch. »Na, wat is'n mit deinem Hafermotor, Jenosse?« fragte er. »Hat wohl Fehlzündung? Soll ick ihm ein bißken mit'm Schraubenschlüssel den Auspuff regulieren?«

      Natürlich antwortete Hackendahl auf solche Anpflaumerei kein Wort. Er stieg wieder auf den Bock, nahm die Zügel schulgerecht in die eine, die Peitsche in die andere Hand, wobei er den Peitschenknauf aufs Knie stützte, und sah nun ganz so vornehm hochherrschaftlich aus wie sein Kollege aus dem Kaiserlichen Marstall.

      Der Chauffeur beäugte ihn kritisch. »Fein«, sagte er dann. »Fein mit Ei. Noch zehn Jahre, Jenosse, und se holen dir mit Bürjermeister und weißer Ehrenjungfrau als letzte Pferdedroschke erster Jüte durchs Brandenburger Tor ein. Und denn stopfen se dir aus und stellen dir ins Märkische Museum, nee, in de Naturjeschichte in der Invalidenstraße – da stellen se dir gleich neben den jroßen Menschenaffen aus'm Urwald ...«

      Der langsam über dieser echt berlinischen Pöbelei blaurot anlaufende Hackendahl hätte nun doch wohl sehr kräftig seine Meinung über Menschenaffen gesagt, aber aus der Villa kam der Geheime Sanitätsrat Buchbinder, mit einem jungen Mann. Vorschriftsmäßig, die Augen stramm geradeaus gerichtet, tippte Hackendahl mit der Peitsche zum Gruß gegen seinen Lackzylinder. Der Chauffeur natürlich lümmelte sich nur langsam an seine Wagentür und sagte bloß: »Mojen!«

      »Guten Morgen, Hackendahl!« rief der Geheimrat vergnügt. »Hören Sie, Hackendahl, das hier ist mein Sohn, auch schon Mediziner, und der will nun ...«

      »Weiß ich doch, Herr Geheimrat!« sagte Hackendahl vorwurfsvoll. »Habe ich doch gleich gesehen. Ich habe doch den Herrn Sohn Ostern sieben zum Anhalter gefahren, zum Münchener Schnellzug, sechs Uhr elf, wissen Sie nicht noch, junger Herr ...?«

      »Richtig!« rief der Sanitätsrat. »Ja, mein Hackendahl, der hat noch ein Gedächtnis! – Aber, Hackendahl, nun ist mein Sohn ein Mann geworden, nun will er nicht mehr mit Ihnen fahren. Ein Auto hat er sich gekauft (von meinem Gelde, Hackendahl!) ... und nun will er nur noch Auto fahren ...«

      »Er wird's schon bleibenlassen, Herr Geheimrat«, sagte Hackendahl und sah mißgünstig Auto und frech grinsenden Chauffeur an. »Wenn er erst mal gegen einen Baum gefahren ist oder ein paar Menschen unglücklich gemacht hat, dann wird er's schon bleibenlassen!«

      »Also, Papa«, sagte der junge Mann ungeduldig und ignorierte das subalterne Kutschergeschwätz vollkommen, »steig ein, und in vier Minuten hältst du vor deiner Charité.«

      »Ja, mein Junge, das sagst du so. Aber ich muß in einer halben Stunde operieren, und wenn ich dann Herzklopfen von eurer Raserei habe, oder meine Hand zittert ...«

       »Papa! Mein Ehrenwort! Du fährst wie in einer Wiege, du merkst überhaupt nichts von Schnelligkeit. Wenn chirurgisch etwas Neues aufkommt, versuchst du es doch auch ...«

      »Ich weiß nicht«, sagte der alte Herr bedenklich. »Was meinen Sie, Hackendahl?«

      »Wie der Herr Geheimrat befehlen«, sagte Hackendahl förmlich. »Aber wenn ich etwas sagen darf, in acht Minuten sind Sie auch mit mir in der Charité – und bei mir passiert nichts, bei mir ist noch nie was passiert!«

      »Ja, Papa, wenn du dich freilich über Autos von deinem Droschkenkutscher beraten lassen willst ...«

      Viel Kummer und Ärger hatte der alte Hackendahl an diesem Morgen schlucken müssen, aber Droschkenkutscher, das war ihm doch fast zuviel. Gottlob sagte auch gleich der Geheimrat: »Du weißt gut, mein lieber Junge, daß Hackendahl kein Droschkenkutscher ist. Und nun will ich dir etwas sagen: Ich werde mit Hackendahl fahren, und du wirst mit deinem Automobil fahren, ganz ruhig nebenher, und ich werde mir vom sicheren Port dein Schifflein anschauen, und ist es mir nicht zu stürmisch, dann darfst du mich von der Charité nach Haus fahren.«

      Geheimer Sanitätsrat Buchbinder hatte milde, aber entschlossen gesprochen. Der Sohn antwortete etwas ärgerlich: »Wie du meinst, Papa«, und wandte sich zu seinem Auto.

      Der alte Herr aber stieg in Hackendahls Droschke, legte die leichte Staubdecke über die Knie, rückte behaglich zurecht und sagte: »Also, dann fahren Sie langsam los, Hackendahl. Er wird uns ja mit seinen zwanzig oder vierzig Pferdekräften doch gleich einholen!«

      Es war gut, daß Hackendahl solche Weisung bekam; der Schimmel war schon längst empört gewesen über das Schreckgespenst, das direkt vor ihm hielt. Gerade hatte der Chauffeur angefangen, an der Kurbel zu drehen, aus dem Auspuffrohr unter des Schimmels Nase kamen kleine, dicke, stinkende, blaue Wölkchen ...

      »Sachte, Hackendahl, sachte!« schrie der Geheimrat, den es fast vom Sitz geschleudert hatte. »Fahren Sie langsam! – Sie sollen langsam fahren, Hackendahl, ich will keine Wettfahrt ...!«

      Hackendahl wollte auch keine, es war nur schade, daß man dies dem Schimmel nicht begreiflich machen konnte. Das aufgeregte Tier raste die Bendlerstraße im Galopp hinunter, bog so scharf in die Tiergartenstraße ein, daß die Räder gegen die Bordkante schrammten, und ging nun, ein wenig ruhiger, aber immer noch ins Gebiß schäumend, an den grünen Rasenflächen entlang.

      »Ich glaube, Sie sind des Teufels, Hackendahl!« stöhnte der Geheimrat von hinten.

      »Das ist der Schimmel«,

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