Der eiserne Gustav. Ханс Фаллада
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Читать онлайн книгу Der eiserne Gustav - Ханс Фаллада страница 14
»Tu ich auch, Herr Geheimrat! Aber wenn solch ein Ding ihm direkt in die Nase stinkt und knallt!«
»Also immer langsam, keinesfalls eine Wettfahrt«, befahl der Geheimrat.
Gottlob war keine Aussicht auf Wettfahrten. Hackendahl fuhr schon um den Rolandsbrunnen, er sah sich vorsichtig um: Von dem Automobil war keine Spur zu sehen.
Kriegt den Kasten natürlich nicht in Gang! frohlockte Hackendahl bei sich. Der Geheimrat soll schon sehen, was zuverlässiger ist, ein anständiges Pferd oder solche Maschine, die immer gerade dann streikt, wenn sie am nötigsten gebraucht wird! Und er grinste, da er an den kurbelnden Chauffeur dachte.
In gutem Trab fuhren sie die Siegesallee entlang, freundlich standen die weißen Puppen im Grünen, viele sommerlich gekleidete Menschen waren unterwegs.
»Menge Leute unterwegs!« rief der Geheimrat.
»Das macht das gute Wetter«, antwortete Hackendahl.
»Und die Aufregung! Haben Sie auch schon von dem Mord in Serajevo gelesen, Hackendahl?«
»Jawohl, Herr Geheimrat. Glauben Sie, daß es Krieg gibt?«
»Krieg – wegen der Serben? Nie, Hackendahl! Sie sollen mal sehen, wie die kuschen! Wegen so was gibt es doch keinen Krieg!«
Noch in weiter Ferne tönte die Autohupe. Hackendahl hörte es, der Schimmel hatte es auch gehört, er spitzte kriegerisch die Ohren.
Hackendahl nahm die Zügel fester. »Ich glaube, da kommt Ihr Herr Sohn, Herr Geheimrat!« rief er nach hinten.
»Hat er also doch noch seinen Kasten in Gang gekriegt. Aber keine Wettfahrerei, wenn ich bitten darf, Hackendahl!«
Näher und näher tönte die Hupe, fast ununterbrochen klang ihr Schrei, Warnung und Alarm für alle Pferdeherzen. Für den Schimmel war es nur Alarm, er trabte straffer, warf den Kopf ungeduldig von rechts nach links, von unten nach oben ...
Direkt hinter ihm ging der Gummiball: tut, tut, langsam schob sich der grüne Kasten neben die Droschke, erreichte den Kutschersitz, die Hinterhand des Pferdes, den Kopf ...
Der Schimmel machte einen Satz in der Schere, dann schien die Droschke einen Augenblick stillzustehen, und nun raste der Gaul los ...
»Sie sollen nicht ...«, klang von hinten die Stimme des Geheimrates.
Das Automobil hielt sich genau neben dem Pferde, knatternd, hupend und stinkend. Obwohl Hackendahl immer nur starr geradeaus sah, immer über die Ohren des Pferdes weg, die Zügel fest in der Hand, nach allen Hindernissen ausspähend – trotzdem meinte Hackendahl das höhnische Gesicht des Chauffeurs zu sehen, dieses Verbrechers, der ihn »Genosse« angeredet hatte und der ihn ausstopfen lassen wollte! Kein Zeichen von Schwäche sollte dieser Bursche sehen – weiter, und dem Schimmel würde es schon leid werden!
Schon war die Siegessäule glücklich umrundet, da zeigte sich eine neue Gefahr in der Gestalt eines pickelhelmigen Schutzmannes. Die wilde Jagd, das galoppierende Pferd hatten seinen Unwillen erregt, in der einen Hand ein dickes Notizbuch, die andere hoch erhoben, trat er auf die Fahrbahn, Einhalt gebietend solch verkehrswidrigem Tun.
Er hatte gut gebieten, Hackendahl gehorchte jeder Obrigkeit, der Schimmel gehorchte nur dem Instinkt der Pferde, er raste weiter.
Der Schutzmann machte einen ganz unmilitärischen Schrecksatz zurück – und alles war vorüber. Weiterrasend wußte Hackendahl, er wurde aufgeschrieben, er bekam eine Strafe – er war vorbestraft!
Mit einem verzweifelten Ruck riß er den Kopf des Pferdes nach rechts in die stille Hindersinstraße, das überlistete Automobil schoß geradeaus weiter, der Schimmel machte noch zehn, fünfzehn Galoppsprünge, fiel in Trab, in Schritt ...
Hackendahl merkte, daß ihn der Geheimrat von hinten am Arm riß. »Sie sollen anhalten, Kerl! Verstehen Sie nicht?!« schrie der Alte, kirschrot vor Wut.
Hackendahl hielt an.
»Verzeihen Sie, Herr Geheimrat«, rief er aus. »Der Schimmel ist mir durchgegangen. Das Automobil hat ihn wild gemacht, der Chauffeur hat das mit Absicht getan!«
»Wettraserei!« sagte der alte Herr noch immer zitternd. »Alte Leute, und Wettfahrten!« Er stieg aus, mit zitternden Knien. »Wir sind das letzte Mal zusammen gefahren, Hackendahl. Schicken Sie mir Ihre Rechnung. Schämen sollten Sie sich!«
»Aber ich kann nicht dafür! Nicht das frömmste Pferd hielte das aus!«
Ein Hupenschrei erscholl. Von vorn kam das Automobil, das triumphierende Scheusal aus Lack und Eisen, das den Häuserblock umrundet hatte. Der abgekämpfte Schimmel stand mit hängendem Kopf, er rührte sich nicht, selbst als das Auto neben ihm hielt.
»Sie sagen, das Pferd!« rief der Geheimrat. »Aber das Pferd steht doch! Nein, Sie haben um die Wette rasen wollen, Hackendahl, nur Sie ...«
Hackendahl sagte nichts mehr, mit trübem Blick, mit gesenktem Kopf sah er den Geheimrat zu dem lächelnden Sohn in das Auto steigen. Schwer war zu tragen, was alles Gott einem rechtlichen Manne auferlegte!
14
Eine halbe Stunde lang hatte Frau Hackendahl mit Stemmeisen, Hammer und Zange an dem Vorlegeschloß zur Kellertür gearbeitet, sie hatte die Krampe krumm geschlagen, den Bügel verbogen, sich die Finger verletzt – aber das Schloß hatte sie nicht aufbekommen.
Nun saß sie erschöpft und verzweifelt auf einer Treppenstufe; in der Ferne, durch zwei Türen hindurch, meinte sie, den gefangenen Sohn rufen zu hören. Aber er rief umsonst, sie konnte nicht zu ihm. Wenn sie sich vorstellte, daß sie um ein nutzlos verdorbenes Schloß den schwersten Sturm bei ihrem Manne heraufbeschworen hatte, so erfaßte sie eine immer stärkere Verzweiflung.
So wie hier war es ihr in ihrem ganzen Leben ergangen: keine schlechten Vorsätze, nicht einmal weniger Mut als jeder andere, aber es gelang ihr nichts. Ihre Ehe war ihr nicht gelungen, ihre Kinder waren nicht so geworden, wie sie erhofft hatte, sie hatte das Schloß nicht aufbekommen.
Sie warf einen Blick auf dieses ekelhafte Eisenschloß. Jawohl, man hätte einen Schlosser holen können, aber man zeigte einem Fremden nicht die Schmach im eigenen Hause. Sie hätte auf den Hof gehen und an der Kellerluke horchen können – aber an allen Fenstern konnten Nachbarn sitzen und lachen, es ging wiederum nicht. Das Leben war so zugebaut, man konnte dem eigenen Mann nicht sagen, was einem zum Überdruß an ihm mißfiel. Und wenn man es ihm sagte, so hörte er nicht, und wenn er hörte, so änderte er sich nicht. Das Leben war so ausweglos, immer dasselbe, es war nicht zu ertragen, keinesfalls, und man ertrug es doch!
Man wurde dick und alt dabei, das Essen schmeckte meistens – und dann war da das Blödeste von allem, diese kleine unsinnige Hoffnung im Herzen, es könnte doch noch einmal anders werden. In diesem alten, verbrauchten, überquellenden Körper saß noch genau dieselbe Hoffnung wie in dem jungen Mädchen. Nie, nicht ein einziges, klimperkleines Mal hatte sie sich erfüllt, aber sie war da, hartnäckiger als je, sie flüsterte: Wenn du das Schloß aufbekommst und Erich frei ist, wird vielleicht doch noch alles anders!
Idiotisch – aber es war so. Es war nur dies alberne Schloß zwischen ihr und einem anderen, besseren Leben, wie es immer nur eine ganze Kleinigkeit