Der eiserne Gustav. Ханс Фаллада

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Der eiserne Gustav - Ханс Фаллада

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style="font-size:15px;">      »Wer nicht kriegsdienstfähig ist, der hat gar nichts zu sagen!«

      »Untaugliche haben das Maul zu halten!«

      Der Hilfslehrer wurde kreideweiß. »Schämen ...«, murmelte er. »Es ist häßlich ...«

      Er machte ein paar Schritte zum Pult, besann sich, drehte sich rasch um und verließ eilig die Klasse.

      Einen Augenblick herrschte betretenes Stillschweigen, ein wenig schämten sie sich doch.

      Dann rief eine grobe, im Stimmwechsel begriffene Stimme: »Der Deutsche sagt: Auf Wiedersehen – nicht adieu!«

      Erstes Gelächter.

      »Gott strafe England!« schrie ein anderer.

      Zweites Gelächter.

      »Und die Arschpauker!«

      Tosendes Gelächter!

      Ein paar fingen an zu singen, das Lied, das damals in aller Munde war, das Rachelied, das Zornlied: »Was schiert uns Russe und Franzos? Schuß wider Schuß und Stoß um Stoß!«

      Mehr und mehr sangen es. Bis zu dem Kehrreim, den sie alle gemeinsam schmetterten, über die Bänke gelümmelt, mit den Pultdeckeln Takt schlagend, an den Klassenschrank gelehnt: »Wir haben alle nur einen Feind: England!«

      »Ich bitte um Ruhe«, sagte eine leise, aber sehr deutliche Stimme vom Lehrerpult her.

      Dort stand ihr Professor, jetzt der richtige, beim Gesang war er unbemerkt eingetreten. Ein älterer Mann mit hoher gebuckelter Stirn, die bläulichweiß glänzte, zurückgekämmt eine Mähne von rotflammendem Haar, in das sich schon graue Strähnen mengten. Die blauen Augen leuchteten. Professor Degener, Lehrer des Lateinischen und Griechischen, eigentlich ein Männchen Ende der Fünfzig, mit Spitzbauch und ziemlich lächerlich gekleidet.

      »Auf eure Plätze!«

      Sie schoben sich verlegen durch die Gänge, sie grobsten sich halblaut an: »Mach doch Platz, Schafskopf!«.

      »Selber Schafskopf, schlaf bloß nicht ein.«

      »Das gibt noch was!«

      »Au Backe, wenn ich noch mal Karzer fasse, kriege ich das Konsilium!«

      »Degener hat einen Rochus!«

      »Die Klasse hat sich schmählich benommen«, sagte der Professor in eine tiefe, atemholende Stille hinein. Er war blaß vor Zorn, sein rotes Haar flammte. »Nicht allein ist es undeutsch, einem anderen ein körperliches Gebrechen vorzuwerfen.« Er sprach Deutsch nur, als übersetze er es aus dem geliebten Latein. »Es ist auch schmählich, bei allen Völkern des Erdballes, selbst bei den Engländern! Es ist überall schmählich. Herr Kandidat Tulieb ist lungenleidend. Er müßte in einer Heilstätte sein, er unterrichtet euch, weil Not am Mann ist. Man kann nicht nur draußen auf dem Felde der Ehre sterben. – Oh, Schmach ...!«

      Er stand oben, flammend, sie saßen unten. Manche hielten die Köpfe gesenkt, andere sahen verloren zum Fenster hinaus. Aber es gab auch einige, die den geliebten, nun so zornigen Lehrer offen ansahen.

       »Die drei«, sprach Professor Degener, »die sich am schuldbeladensten fühlen, werden sich jetzt in das andere Klassenzimmer begeben und sich vor versammelter Untertertia bei Herrn Tulieb entschuldigen. Sie werden ihn um Verzeihung bitten, wohlverstanden – keine Redensarten, Jungen, sondern Bekenntnis eurer Schuld und Reue. Reue!«

      Er sah wieder über seine Klasse.

      »Ich selbst werde jetzt das Klassenzimmer verlassen und erst nach fünf Minuten hierher zurückkehren. Unterdes wird die Klasse darüber einig geworden sein, welche Strafe sie sich selbst für ihr schmähliches Verhalten auferlegt ...«

      »Au Backe, das haut hin ...«, flüsterte einer gedankenverloren.

      »Fünf Minuten!« rief der Professor und lief, nach einem Blick über seine Schäflein, auf dünnen Beinchen unter dem Ostereierbauch aus dem Klassenzimmer.

      »So ein Aas!« sagte einer bewundernd.

      »Nicht diese Töne, Lieber«, sprach der nächste und schlug den ersten auf den Bizeps. »Degener hat ganz recht. Wer geht Abbitte leisten?«

      Sie sahen sich verlegen an.

      »Also erst mal ich«, sprach Hoffmann. »Dann – du, Hackendahl?«

      »Meinethalben! Aber ich rede nicht.«

      »Und ich!« sprach Porzig.

      »Nein, du nicht. Porzig. Du mußt hier über unsere Gesamtstrafe beraten. Aber denkt was Vernünftiges aus, daß Rotkopp zufrieden ist – es muß schwer sein! – Komm du lieber mit, Lindemann.«

      Sie gingen eilig. Sie klopften an. »Herein!« krähte der Kandidat Tulieb. Aber als er die drei erkannte: »Ich fordere euch auf, sofort dieses Klassenzimmer zu verlassen!«

      Die Untertertia sah schadenfroh auf die drei Büßer.

      »Hoffmann und Hackendahl in Canossa!« rief einer ziemlich laut.

      »Holt Schnee, es kniet sich kühler.«

       »Herr Kandidat, wir kommen ...«

      »Wollt ihr nicht einmal jetzt gehorchen?! Ihr sollt dies Zimmer verlassen! Ich will euch nicht sehen ...«

      Er war kein edelmütiger Sieger, der Herr Kandidat Tulieb, nein, das war er nicht ...

      »Wir haben uns wie die Schweine benommen«, sagte Hoffmann rauh. »Wir bitten um Verzeihung ...«

      »Verzeihung, das ist leicht gesagt ...«, sprach der Kandidat. »Ihr habt mich in meiner Ehre gekränkt ...«

      »Verzeihen Sie uns doch, Herr Kandidat!« rief Hackendahl. »Wir werden uns von jetzt an auch anständig benehmen!«

      »Werdet ihr das?« Der Kandidat lächelte. »Ihr da von der Untertertia, seht her! Nehmt euch ein Beispiel! Das sind die traurigen Folgen des Ungehorsams ...«

      Die drei stöhnten nur: »Schwein ...«

      »Aber so leicht kommt ihr mir nicht davon. Hat Herr Professor Degener euch schon bestraft ...?«

      »Nein.«

      »Natürlich. Er hat es mir überlassen! Ihr seid die drei Rädelsführer, ich sehe es euern Gesichtern an ... Ihr werdet mir jeder dreihundertmal den Satz niederschreiben: Sunt pueri pueri, pueri puerilia tractant ... Übersetze mir das, du da!«

      Heinz Hackendahl übersetzte: »Kinder sind Kinder, Kinder treiben Kindisches!«

      »Kindereien, jawohl! So schätze ich euch ein! Geht!«

      »Haben Sie uns verziehen, Herr Kandidat?« fragte Hoffmann vorsorglich.

      »Wenn ihr den Satz dreihundertmal säuberlich geschrieben morgen hier abliefert, dann ja. Eher nicht.

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