Kleine Novellen. Уилки Коллинз

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Kleine Novellen - Уилки Коллинз

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anderer junger Damen meines Alters abgeschlossen hatten.

      Am nächsten Tage, während ich mein Glas Brunnen trank — beiläufig bemerkt ein äußerst schmutziges Wasser — gesellte sich der Arzt wieder zu uns.

      Während er sich nach meiner Gesundheit erkundigte, erschienen auch die beiden Fremden wieder und zogen wieder ihre Hüte. Sie blickten erwartungsvoll nach dem Arzte, und dieser stellte sie — wohl in Erfüllung eines nach meiner Vermutung ihnen bereits gegebenen Versprechens — meiner Tante und mir förmlich vor: Erstens (ich nenne den hübscheren Mann zuerst) Arthur Stanwick, Hauptmann im Heere und von Indien in Urlaub zu Hause, der sich zu Maplesworth aufhielt, um eine Badekur zu gebrauchen; zweitens Herr Lionel Varleigh von Boston in Amerika, welcher England besuchte, nachdem er ganz Europa durchreist hatte, und nun zu Maplesworth verweilte, um seinem Freunde, dem Hauptmann, Gesellschaft zu leisten.

      Da die beiden Herren ohne Zweifel bei ihrer Vorstellung wahrnahmen, dass ich ein wenig schüchtern war, so vermieden sie es zartfühlend, uns ihre Gesellschaft aufzudrängen.

      Hauptmann Stanwick strich mit einnehmendem Lächeln seinen Backenbart und fragte mich, ob ich bereits einen Vorteil von meiner Badekur wahrgenommen hätte. Er sprach hierauf mit großem Lob von der reizenden Umgebung von Maplesworth und richtete dann, sich von mir wegwendend, seine nächsten Worte an meine Tante. Herr Varleigh nahm seine Stelle ein. Er hatte nicht den Vorzug eines hübschen Backenbartes und sprach mit vollendeter Würde.

      »Ich habe einst den hiesigen Brunnen aus bloßer Neugier versucht. Ich kann daher den Ausdruck verstehen, Fräulein, den ich auf Ihrem Gesichte bemerkte, als Sie eben Ihr Glas leerten. Erlauben Sie mir, Ihnen etwas Feines anzubieten, das den üblen Geschmack des Wassers Ihrem Munde benimmt.« Dabei nahm er aus seiner Tasche eine hübsche kleine Schachtel, die mit Zuckermandeln gefüllt war, und überreichte sie mir. »Ich kaufte sie in Paris,« bemerkte er. »Da ich lange in Frankreich gelebt habe, so habe ich es in der Gewohnheit, Damen und Kindern kleine Geschenke dieser Art zu machen. Ich würde es den Arzt nicht sehen lassen, Fräulein, wenn ich an Ihrer Stelle wäre. Er hat das gewöhnliche ärztliche Vorurteil gegen Zuckermandeln.«

      Mit dieser seltsamen Mahnung verbeugte er sich ebenfalls und zog sich bescheiden zurück.

      Als ich nachher darüber nachdachte, musste ich mir eingestehen, dass es dem englischen Hauptmann — obgleich er der schönste der beiden Männer war und die feinsten

      Manieren besaß — doch nicht gelungen war, meine Schüchternheit zu überwinden. Die ungekünstelte Aufrichtigkeit und die gute Laune des amerikanischen Reisenden dagegen behagten mir durchaus. Ich konnte ihn ansehen, ihm danken und mich erheitert fühlen über seine Teilnahme der Grimasse gegenüber, die ich machte, als ich das schlechtschmeckende Wasser verschluckte. Und doch war es, während ich wach zu Bette lag und gerne wissen mochte, ob wir unseren neuen Bekannten am nächsten Tage wieder begegnen würden, der englische Hauptmann, den ich am liebsten zu sehen wünschte, und nicht der amerikanische Reisende. Jetzt schreibe ich dies nur meiner eigenen Verkehrtheit zu. O Himmel! Jetzt weiß ich es besser als damals.

      Der nächste Morgen brachte den Arzt zu einem speziellen Besuche meiner Tante nach unserem Gasthofe. Er ersann einen Vorwand, mich in das anstoßende Zimmer zu schicken,und da ich seine Absicht durchschaute, so war meine Neugier rege geworden. Ich gab ihr nach. Soll ich mein Geständnis noch offener machen? Soll ich eingestehen, dass ich mich soweit herabließ, hinter der Tür zu horchen? Ich hörte meine liebe alte Tante harmlos sagen: »Doktor! Ich hoffe, dass Sie nichts Beunruhigendes in dem Gesundheitszustande Berthas sehen.« Der Arzt brach in lautes Lachen aus. »Gnädige Frau!« sagte er, »es ist nichts in dem Befinden der jungen Dame, was Ihnen oder mir auch nur die geringste Besorgnis verursachen könnte. Der Zweck meines Besuches ist vielmehr der, mich zu rechtfertigen, dass ich Ihnen gestern jene beiden Herren vorgestellt habe. Fräulein Berthas Schönheit hat auf beide außerordentlichen Eindruck gemacht, und beide ersuchten mich dringend, sie vorzustellen. Solche Einführungen sind bei mir, ich habe es kaum zu sagen nötig, ganz besondere Ausnahmen von der allgemeinen Regel. In neunundneunzig Fällen von hundert würde ich Nein gesagt haben. In Hauptmann Stanwick und Herrn Varleigh sah ich indessen keinen Grund zu Bedenken. Lassen Sie mich Ihnen die Versicherung geben, dass ich nicht zwei abenteuernde Glücksjäger Ihrer Bekanntschaft zuführen werde. Sie sind beide Männer von Stellung und Vermögen. Die Familie Stanwick ist mir seit Jahren wohlbekannt und Herr Varleigh überbrachte mir einen Brief von meinem ältesten noch lebenden Freunde, worin dieser für ihn als für einen Gentleman im strengsten Sinne des Wortes einsteht. Er ist von beiden der reichere Mann und es spricht nach meiner Meinung nichts so sehr für ihn, als dass er auch nach einem langen Aufenthalte in Orten wie Paris und Wien sich seinen schlichten Sinn bewahrt hat. Hauptmann Stanwick hat zwar ein leichteres, gefälligeres Benehmen, aber wenn man etwas tiefer blickt, könnte man schließen, dass sein Temperament eher etwas Heftiges und Herrschsüchtiges an sich hat. Indessen, wir alle haben ja unsere Fehler.

      Ich kann von diesen meinen beiden jungen Freunden nur sagen, dass Sie kein Bedenken zu hegen brauchen, ihnen Ihr Vertrauen zuzuwenden, wenn sie Ihnen — und Ihrer Nichte etwa gefallen sollten.

      Da ich nun, wie ich hoffe, jeden Zweifel beseitigt habe, der Sie beunruhigt haben könnte, so bitte ich, Fräulein Bertha wieder zurückzurufen. Ich fürchte, Sie in der Besprechung Ihrer Pläne für den heutigen Tag gestört zu haben.«

      Der geschmeidige, gesprächige Arzt machte für einen Augenblick eine Pause und ich flog von der Tür hinweg.

      Unsere Pläne für den Tag umfassten auch eine Spazierfahrt durch die herrliche Landschaft in der Nähe der Stadt. Meine beiden Verehrer stellten sich zu Pferde bei uns ein. Hier war wieder der Hauptmann seinem Freunde überlegen. Vollendet war insbesondere sein Reitanzug und die Art, wie er zu Pferde saß. Der Engländer ritt auf der einen Seite des Wagens und der Amerikaner auf der anderen. Beide plauderten recht angenehm, aber Herr Varleigh hatte im allgemeinen mehr von der Welt gesehen, als der Hauptmann Stanwick, und war sicherlich der interessantere und unterhaltendere der beiden Gesellschafter.

      Auf unserem Rückwege wurde meine Bewunderung durch einen dichten Wald erregt, welcher in einer kleinen Entfernung von der Landstraße auf einer Anhöhe herrlich gelegen war. »O Himmel!« sagte ich, ,,wie gerne möchte ich einen Spaziergang in diesen Wald machen!« Flüchtige, unbedachte Worte, aber ach! welche Erinnerungen drängen sich mir auf, wenn ich jetzt an sie denke!

      Hauptmann Stanwick und Herr Varleigh stiegen sofort ab und boten sich mir als Begleiter an. Der Kutscher ermahnte sie, vorsichtig zu sein, da sich, wie er sagte, schon oft Leute in diesem Walde verirrt hätten. Ich fragte nach seinem Namen. Er hieß der Hernewald. Meine Tante war nicht sehr geneigt, ihren bequemen Sitz im Wagen zu verlassen, aber sie ging doch zuletzt mit uns.

      Ehe wir den Wald betraten, stellte Herr Varleigh die Lage der Landstraße durch seinen Taschenkompass fest.

      Hauptmann Stanwick lachte über ihn und bot mir seinen Arm an. Da ich in den gesellschaftlichen Formen und im Kokettieren unerfahren war, so fühlte ich nur instinktmäßig, dass ich den einen der Herren nicht zu rasch auf Kosten des anderen auszeichnen dürfe. Ich nahm daher den Arm meiner Tante und ordnete die Sache auf diese Weise.

      Ein sich schlängelnder Pfad führte uns in den Wald. Bei näherer Betrachtung täuschte er mich in meinen Erwartungen; je weiter wir gingen, desto unheimlich düsterer wurde er. Die dicht stehenden Bäume verwehrten dem Lichte jeden Zutritt. Der Nebel umhüllte mich nach und nach so dicht, dass ich einen Schauer empfand. Im Unterholz des dichten Gebüsches raschelte es zuweilen geheimnisvoll, wenn irgendeine unsichtbare Kreatur hindurchkroch. An einer Krümmung des Pfades erreichten wir eine Art Lichtung und sahen den Himmel und den Sonnenschein wieder. Aber gerade hier ereignete sich ein unangenehmer Vorfall. Eine Schlange machte ihren schlängelnden Weg quer über den freien Raum dicht an mir vorüber, und ich war töricht genug, zu schreien. Der Hauptmann tötete das Tier mit seiner Reitpeitsche

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