Rudolf Cronau: Drei Jahrhunderte deutsches Leben in Amerika - Teil 2. Rudolf Cronau
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Die beiden Pastoren Bolzius und Gronau erwiesen sich als echte Väter ihrer Gemeinde. Sich nicht bloß auf die geistliche Fürsorge beschränkend, nahmen sie an allen weltlichen Angelegenheiten lebhaften Anteil. Sie sorgten für den Bau einer Kirche, einer Schule und eines Waisenhauses. Das letzte richteten sie so vorzüglich ein, dass es den berühmten englischen Methodisten George Whitfield geradezu begeisterte und ihm als Vorbild für seine Waisenanstalt Bethesda diente.
Der wackere Bolzius diente seiner Gemeinde 32 Jahre. Mit der Heimat, insbesondere mit dem in Augsburg wohnenden Prediger Samuel Urlsperger unterhielt er regelmäßigen schriftlichen Verkehr. Urlsperger redigierte seine Berichte über das tägliche Leben in Ebenezer mit großer Sorgfalt und gab sie unter dem Titel „Ausführliche Nachrichten von der königlich Großbritannischen Kolonie der Saltzburgischen Emigranten in America“ in Buchform heraus. Sie bildeten die wichtigste Quelle zur Geschichte der Salzburger in Georgia.
Aus ihr ist zu ersehen, dass auch die Salzburger Anstoß an der Einfuhr von Negersklaven in die englischen Kolonien nahmen. Wenn sie auch nicht, wie die Bewohner von Germantown gegen die Sklaverei öffentlichen Protest erhoben, so gaben sie ihre Abneigung doch so deutlich zu erkennen, dass sie die Opposition ihrer anglo-amerikanischen Nachbarn erregten. Um ihr Gewissen zu beruhigen, riefen sie die Meinung ihres Beraters Urlsperger in Augsburg an. Dieser erwiderte folgendes: „Wenn ihr Sklaven nehmt als Christen und in der Absicht, sie als Christen zu erziehen, so wird diese Handlung keine Sünde sein, sondern mag euch Segen bringen.“
Die Kolonie der Salzburger erhielt sich bis ins 19. Jahrhundert. Ihre Bewohner kennzeichneten sich durch Fleiß, Eintracht, Redlichkeit und freundliches Wesen. Man sah unter ihnen weder Trunkenbolde noch Müßiggänger. Bis zum Jahre 1824 wurde in Ebenezer deutsch gepredigt. Als kein Zuzug mehr aus Deutschland erfolgte, ging die Kolonie allmählich im Amerikanertum auf. Aber noch heute verraten die Namen und Gesichtszüge zahlreicher in Ebenezer, Savannah und benachbarten Orten lebender Familien ihren echt deutschen Ursprung.
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Die Mährischen Brüder oder Herrnhuter
Die Mährischen Brüder oder Herrnhuter
Im Gegensatz zu den bisher genannten Sekten, die als Verfolgte nach Nordamerika kamen, erschienen im Jahre 1735 Angehörige der großen Missionssekte der Mährischen Brüder oder Herrnhuter als freiwillige Sendboten. Die aus den hussitischen Bewegungen in Böhmen und Mähren hervorgegangenen Mährischen Brüder strebten gleich ihrem am 6. Juli 1415 zu Konstanz dem Flammentod verfallenen Stifter Johann Hus die Wiederherstellung der ursprünglichen Einfachheit und Reinheit der Apostolischen Kirche an.
Während der ganzen Dauer des 17. Jahrhunderts aufs fürchterlichste verfolgt, fanden sie zusammen mit Angehörigen der Böhmischen Brüder und der Sekte der Schwenkfelder endlich im Jahre 1723 eine Zufluchtsstätte auf den Besitzungen des berühmten Pietisten Graf Nikolaus Ludwig von Zinzendorf.
Graf Nikolaus Ludwig von Zinzendorf
Derselbe gründete im Jahre 1727 in Sachsen das Dorf Herrnhut, welches als Stammgemeinde der Herrnhuter weltbekannt wurde.
Die Herrnhuter verbanden gewisse klösterliche Einrichtungen mit christlichem Familienleben. Daneben fassten sie den Entschluss, durch eifrige Missionstätigkeit unter heidnischen Völkern für die Ausbreitung des Reiches Gottes zu wirken.
In dieser Absicht begaben sich bereits im Jahre 1732 zwei Brüder nach Westindien, um auf der Insel St. Thomas die dorthin verkauften Negersklaven zum Christentum zu bekehren. Im Frühling 1735 kamen zehn andere Herrnhuter unter der Führung des Professors A. G. Spangenberg nach Georgia, um ihr Leben der Bekehrung der dortigen Schwarzen und Indianer zu weihen. Sie ließen sich in der Nähe der von den Salzburgern gegründeten Ortschaft Ebenezer nieder, bauten am Ogeghenfluss eine Schule und begannen sofort mit ihrer Missionstätigkeit. In dieser wurden sie bereits im folgenden Jahre durch 25 andere Brüder unterstützt, die unter Leitung des Bischofs David Nitschmann aus Herrnhut kamen.
Aber ihre christliche Aufopferung fand keineswegs den Beifall der nichtdeutschen weißen Ansiedler. Diesen war an der Bekehrung und Aufklärung der Neger und Rothäute, die man kaum als Menschen betrachtete, aus sozialen und wirtschaftlichen Gründen nichts gelegen. Ebensowenig hatte für sie das Gelübde der Sektierer, niemals Waffen zu tragen, eine Bedeutung.
Als nun zwischen den Kolonisten von Georgia und den in Florida ansässigen Spaniern ein Krieg ausbrach und die Herrnhuter sich weigerten, an demselben teilzunehmen, sahen sie sich solchen Misshelligkeiten ausgesetzt, dass sie die Kolonie verließen und nach Pennsylvanien zogen. Hier bauten sie am Ufer des Lehighflusses eine bescheidene Blockhütte, in der die Brüder im Jahre 1741 gemeinsam die Feier des Weihnachtsfestes begingen. Bei ihnen befand sich Graf Zinzendorf selbst, der aus Deutschland herübergekommen war, um an der Gründung neuer Missionen mitzuwirken. Er war es auch, der an jenem durch fromme Gesänge verschönten Abend den Ort, wo die neue Niederlassung entstehen sollte, Bethlehem taufte.
In der Folgezeit wurde Bethlehem nicht bloß der Hauptsitz der Herrnhuter, sondern auch der Ausgangspunkt ihrer ganzen Missionstätigkeit in Amerika. Schon innerhalb der nächsten 20 Jahre kamen über 700 Herrnhuter hierher, um an den frommen Werken mitzuhelfen. Die erste Verstärkung langte im Juni 1742 unter Bischof Spangenberg an. In den Annalen der Gemeinde wird von ihr als der „First Sea Congregation“ gesprochen. Ihr folgte im November 1743 die zweite Kongregation, darunter 30 junge Ehepaare, welche kurz vor ihrer Abreise in Herrnhut den Bund fürs Leben geschlossen hatten. Ein Teil dieser Neulinge wurde in der benachbarten Niederlassung Nazareth untergebracht, die man von dem Engländer Whitefield kaufte. Ein dichter Urwald trennte die beiden Ortschaften. Aber die Männer schlugen mit der Axt einen Pfad durch die Wildnis und begannen dann an beiden Orten mit dem Aufbau fester Wohnstätten und Bethäuser. In ihrer Tätigkeit strebten die Herrnhuter, sich von der Außenwelt möglichst unabhängig zu machen. Sie strichen eigenhändig die zum Hausbau benötigten Ziegel, brannten Kalk und bereiteten den Mörtel. Außer Getreide und Obst zogen sie Hanf und Flachs, züchteten Vieh und fertigten aus der gewonnenen Wolle ihre eigenen Kleider. Sie gerbten die Häute der geschlachteten Tiere und verarbeiteten dieselben zu Schuhen und Stiefeln. Sie brauten ihr eigenes Bier, machten Stärke und Mehl, richteten Färbereien, Bleichereien, Baumwollspinnereien ein, desgleichen Werkstätten, in denen sie sämtliche beim Landbau und zum Ausüben der verschiedenen Industrien nötigen Werkzeuge und Maschinen herstellten. Die gröberen Arbeiten und das Bestellen der Felder lagen den Brüdern ob. Die Schwestern besorgten den Haushalt und das Anfertigen der Kleider. Unermüdlich regten sich die fleißigen Hände. Das Surren der Spinnräder verstummte nur an solchen Tagen, wo die Glocke zur Andacht oder zu einem gemeinschaftlichen Liebesmahl rief.
Innerhalb weniger Jahre entwickelte sich Bethlehem zu einer Musterniederlassung. An Stelle der ursprünglichen Blockhütten traten bequeme Steinhäuser von einfacher aber malerischer Bauart. Die breiten Straßen wurden peinlich sauber gehalten. Rings um die Ortschaft dehnten sich lachende Felder, deren Saaten