Rudolf Cronau: Drei Jahrhunderte deutsches Leben in Amerika - Teil 2. Rudolf Cronau
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Im Jahre 1742 schritt Saur zu dem in Anbetracht damaliger Verhältnisse erstaunlichen Unternehmen, eine deutsche Bibel zu drucken, wozu er neue Typen aus Frankfurt a. M. bestellte. Bereits im Sommer 1743 konnte der 1272 Seiten starke Quartband den Subskribenten ausgeliefert werden, wobei Saur das Exemplar um zwei Schillinge billiger als den ursprünglich auf 14 Schillinge festgesetzten Preis abgab. „Für Arme und Bedürftige“, so kündigte er in seiner Zeitung an, „ist kein Preis“.
Titelblatt der ersten mit deutschen Lettern in Amerika gedruckten Zeitung.
Für die Geschichte der Buchdruckerkunst in Amerika ist die Saursche Bibel insofern von besonderer Wichtigkeit, als sie die erste in europäischer Sprache auf der westlichen Erdhälfte hervorgebrachte Bibel ist. Ihr ging nur eine im Jahre 1663 in der Sprache der Massachusettsindianer gedruckte Bibel voraus, welche von dem Missionär Eliot hergestellt war. Eine englische Bibelausgabe erschien in Amerika erst 40 Jahre nach der deutschen.
Titelblatt der ersten in Amerika gedruckten deutschen Bibel.
In den Jahren 1763 und 1776 veranstalteten die Söhne Saurs noch zwei Neuauflagen der Bibel. Der Gesamtverlag umfasste, bevor im Revolutionskrieg schweres Unglück über die Saursche Familie hereinbrach, 150 Werke des verschiedensten Inhalts. Saurs Druckerei befand sich in einem höchst bescheidenen Hintergebäude seines in Germantown gelegenen Wohnhauses. Leider mussten beide Gebäude in der Mitte des vorigen Jahrhunderts einem Neubau weichen. Dem eifrigen Betreiben des wackern Druckers Christoph Saur ist die Errichtung der Germantown Academy zu danken, die im Jahre 1761 eröffnet wurde und noch heute besteht. Ihr Lehrpersonal bestand zunächst aus einem deutschen und einem englischen Lehrer, sowie einem Hilfslehrer.
Christoph Saurs Wohnhaus und Druckerei
Dass im Jahre 1690 in Germantown auch die erste Papierfabrik in Amerika errichtet wurde, möge nebenbei bemerkt sein.
So knüpfen sich an den Namen Germantown mancherlei Vorgänge, die nicht bloß für die Geschichte des Deutschtums in Amerika, sondern überhaupt für die Kulturgeschichte der Neuen Welt von hervorragender Bedeutung sind. Kein Historiker, der es unternehmen wollte, die kulturelle Entwicklung Amerikas, insbesondere der großen transatlantischen Republik, zu schildern, dürfte versäumen, Germantowns und seiner Gründer zu gedenken.
Germantown blieb nicht die einzige Mennonitenniederlassung der Neuen Welt. Durch den Erfolg ihrer Glaubensgenossen angeregt, kamen bald andere Mennoniten aus Deutschland, England und der Schweiz. Besonders stark war ihr Zuzug während der Jahre 1709, 1717 und 1726. Ihr Hauptsitz wurde der pennsylvanische Kreis Lancaster, von wo die Mennoniten sich später über andere Teile Pennsylvaniens sowie über West-Virginien, Virginien, Ohio, Tennessee, Indiana und Illinois ausbreiteten.
Nach 1730 erhielt die Sekte wenig Zufluss aus Europa. Erst in den Jahren 1873 bis 1878 schnellte ihre bereits 60.000 betragende Kopfzahl um nahezu 100.000 empor. Dieser gewaltige Zuwachs bestand aus Mennoniten, die im 18. Jahrhundert nach Westpreußen und später, um der Militärpflicht zu entgehen, nach Russland ausgewandert waren, wo man ihnen nicht nur volle Glaubensfreiheit, sondern auch Befreiung vom Militärdienst und Kriegssteuern zugesichert hatte. Als die russische Regierung im Jahre 1871 diese Freiheiten aufhob, verkauften die Sektierer ihre blühenden Wohnsitze, um nicht genötigt zu sein, durch das Tragen von Mordwaffen gegen ihr Gewissen handeln zu müssen. Sie wandten sich nach den noch wenig besiedelten, in ihrem landwirtschaftlichen Charakter den südrussischen Steppen ähnlichen Staaten Kansas, Nebraska, Minnesota, Dakota und Kanada, wo sie, deutsches Wesen und deutsche Sprache treu bewahrend, durch Fleiß, rechtschaffenes Leben sowie durch ihre Erfolge die Achtung aller Amerikaner erwarben.
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Die Labadisten und Rosenkreuzer
Die Labadisten und Rosenkreuzer
Das von den Krefelder Mennoniten gegebene Beispiel veranlasste viele der in Deutschland schweren Bedrängnissen ausgesetzten Sekten zur Nachfolge. Noch war kein Jahr seit der Landung der Krefelder in Philadelphia verstrichen, als in Friesland die Labadisten sich zur Übersiedlung nach Amerika anschickten. Sie waren Anhänger des im Jahre 1610 geborenen französischen Jesuiten de la Badie, der nach seinem Übertritt zum Protestantismus in Frankreich, der Schweiz, den Niederlanden, in Norddeutschland und Holstein mehrere Gemeinden gegründet hatte. Eine in dem friesischen Städtchen Wieward bestehende Labadistengemeinde sandte bereits im Jahre 1679 zwei erprobte Männer, Petrus Schlüter oder Sluyter, und Jaspar Dankers, nach Amerika, um dort einen Landstreifen anzukaufen, der sich für eine Niederlassung eigne. Die beiden entschieden sich für ein 3.750 Acker großes Grundstück an dem in Maryland gelegenen Bohemiafluss, welches zum Besitz des in einem früheren Abschnitt erwähnten Landvermessers Augustin Herrman gehörte.
Der Kaufakt wurde am 11. August 1684 vollzogen. Als bald darauf die 100 Köpfe starke Hauptschar der Labadisten eintraf, begann dieselbe sofort mit dem Bau eines Klosters. Seine Insassen entschlossen sich, in Gütergemeinschaft zu leben. Niemand durfte – auch im Fall seines Austritts – etwas vom Gesamtvermögen beanspruchen.
Da Trennung der Geschlechter und strenge Enthaltsamkeit zu den Grundsätzen der Labadisten gehörte, so wurden der Sektierer im Lauf der Jahre immer weniger. Bereits um das Jahr 1724 war die ganze Kolonie ausgestorben, ohne irgendwelchen Einfluss auf die Kultur Amerikas ausgeübt zu haben.
Ebenso unfruchtbar blieb der Zuzug einer anderen Schar von Sektierern, die am 23. Juni 1694, 40 Personen stark in Philadelphia anlangte und großes Aufsehen erregte. Ein Teil der Ankömmlinge war in grobe Pilgergewänder gekleidet; andere trugen die Talare der deutschen Gelehrten und Studenten oder die bunte Tracht mitteldeutscher Landbewohner. Nicht minder erregte es Befremden, als bei Anbruch der Dunkelheit die seltsamen Gäste hinauszogen und auf einem Hügel unter geheimnisvollen Zeremonien ein St. Johannis- oder Sonnewendfeuer entzündeten, wohl das erste, welches auf der westlichen Erdhälfte emporflammte.
Die seltsamen Gäste waren sogenannte „Rosenkreuzer“, die in den Wildnissen Amerikas eine theosophische Gemeinde gründen wollten. Ihr Führer war Johann Kelpius, „Dokter der Freien Künste und Weltweisheit“.
In der Stadt der Bruderliebe bewies man den Fremdlingen großes Entgegenkommen. Ein Bürger, Thomas Fairman, schenkte ihnen sogar ein 175 Acker großes Grundstück, das in der wildromantischen Einöde am Wissahickonbach lag. Dorthin siedelten die Mystiker über und bauten auf dem höchsten Punkt des Landes ein großes Blockhaus, dessen Seiten genau nach den vier Hauptpunkten des Kompasses gerichtet waren.
Johannes Kelpius
Nach einer alten Malerei im Besitz der Historical Society of Pennsylvania.
Es umschloss einen für die gemeinschaftlichen religiösen Übungen bestimmten Saal sowie eine Anzahl zellenartiger Kammern, die den Theosophen als Wohnung dienten. Auf dem Dach erhob sich ein Observatorium, wo die frommen Brüder mit einem Fernrohr beständig Ausschau hielten, ob am Firmament gewisse Zeichen das Nahen des sehnsüchtig erwarteten himmlischen Bräutigams und den Anbruch des tausendjährigen Reiches verkünden