Rudolf Cronau: Drei Jahrhunderte deutsches Leben in Amerika - Teil 2. Rudolf Cronau
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Rudolf Cronau: Drei Jahrhunderte deutsches Leben in Amerika - Teil 2 - Rudolf Cronau страница 6
Den Deutschen, welche in ihrer eigenen Heimat den Druck der Obrigkeit schwer empfunden hatten, schien die Sklaverei höchst ungerecht, indem sie gegen die Lehren der christlichen Religion verstoße. Deshalb beschäftigten sie sich sehr lebhaft mit dieser Frage und ließen ihren von Pastorius in englischer Sprache niedergeschriebenen Protest im Februar 1688 der Monatsversammlung der Quäker verlesen. Das denkwürdige Schriftstück hat verdeutscht folgenden Wortlaut:
„An die Versammlung bei Richard Worrells.
Hier folgen die Gründe, warum wir gegen den Handel in Menschenleibern sind. Ist irgendjemand, der in gleicher Weise behandelt, das heißt verkauft und zeitlebens als Sklave gehalten werden möchte? – Wie zaghaft und schwachherzig gebärden sich viele auf See, wenn ihnen ein fremdes Schiff begegnet, – fürchtend, es möge ein türkisches sein, und sie möchten gefangengenommen und in der Türkei als Sklaven verkauft werden. Wohlan, ist euer Verfahren besser als das der Türken? Im Gegenteil, es steht denen weit übler an, welche vorgeben, Christen zu sein. Denn wir hören, dass die meisten Neger gegen ihren Willen und gegen ihre Zustimmung hierhergebracht werden, und dass viele von ihnen gestohlen wurden. Nun, obgleich sie schwarz sind, können wir doch nicht einsehen, dass dieser Umstand irgendwelche größere Berechtigung verleiht, sie als Sklaven zu halten, als wenn man es mit weißen Menschen zu tun hätte. Man sagt, wir sollten allen Menschen ohne Unterschied des Geschlechts, der Rasse oder Hautfarbe, so begegnen, wie man selbst behandelt zu werden wünscht.
Doch sind die, welche Menschen rauben und jene, welche sie kaufen und verkaufen, nicht alle gleich? – Hier herrscht Freiheit des Glaubens, was recht und vernünftig ist. Aber hier sollte auch Freiheit des Körpers herrschen, ausgenommen für Übeltäter, was ein andrer Fall ist. Aber wir protestieren dagegen, Leute wider ihren Willen herzubringen. In Europa sind viele ihres Glaubens wegen unterdrückt. Hier dagegen sind die, welche wegen ihrer schwarzen Farbe unterdrückt werden.
Wir wissen, dass die Menschen keinen Ehebruch begehen sollen. Aber manche machen sich dieser schweren Sünde in andrer Form schuldig, indem sie Frauen von ihren Männern trennen und anderen überliefern. Manche verhandeln obendrein die Kinder dieser armen Geschöpfe an andere Leute.
Der Protest der Deutschen von Germantown gegen die Sklaverei. Nach der in der Gesellschaft der „Freunde“ zu Philadelphia aufbewahrten Originalhandschrift.
Oh, die ihr solche Dinge tut, überlegt, ob Ihr in der gleichen Weise behandelt werden möchtet, und ob es sich mit wahrem Christentum verträgt. Ihr überbietet Holland und Deutschland in solchen Dingen. Es bringt euch in allen europäischen Ländern in Verruf, wenn sie dort hören, dass die Quäker hier Menschen in der gleichen Weise wie das Vieh verkaufen. Aus diesem Grunde zeigen manche keine Neigung, hierherzukommen. Denn wer könnte solches Tun verteidigen oder befürworten? Wir können es nicht; es sei denn, dass ihr uns überzeugt, dass Christen ein Recht haben, so zu handeln. Sagt, was könnte uns Schlimmeres widerfahren, als wenn Menschen uns rauben oder stehlen wollten, um uns von unseren Angehörigen zu trennen und als Sklaven in fremde Länder zu verkaufen? Einsehend, dass dies nicht die Art ist, in der wir mit uns verfahren sehen möchten, protestieren wir gegen diesen Menschenschacher. Und wir, die wir bekennen, dass es ungesetzlich ist, zu stehlen, müssen es gleichfalls unterlassen, Dinge zu kaufen, von denen wir wissen, dass sie gestohlen wurden. Wir sollten dagegen helfen, dass dieser Raub und Diebstahl unterdrückt werden. Die Sklaven aber sollten aus den Händen ihrer Räuber erlöst und in gleicher Weise freigegeben werden, wie in Europa. Dann wird Pennsylvanien einen guten Ruf erlangen, wohingegen es jetzt dieser Ursache wegen in anderen Ländern berüchtigt ist. Wir sollten dies umso mehr tun, als die Europäer begierig sind, zu erfahren, in welcher Weise die Quäker ihre Provinz regieren. Viele dieser Europäer beneiden uns. Wenn dies aber wohlgetan ist, was wäre dann vom Übel?
Falls es diesen als dumm und hinterlistig verschrienen Sklaven einmal in den Sinn käme, sich zu vereinigen und für ihre Freiheit zu kämpfen und dann ihre Herren und Herrinnen in der gleichen Weise zu behandeln, wie diese sie behandelten, werden dann diese Herren und Herrinnen zum Schwert greifen und diese armen Sklaven bekämpfen? Manche würden, wie wir glauben, nicht zögern, dies zu tun. Aber hätten diese Neger nicht ebensogut das Recht, für ihre Freiheit zu kämpfen, als wie Ihr das Recht zu haben glaubt, sie als Sklaven zu halten?
Nun erwägt diese Angelegenheit wohl, ob sie gut oder böse ist. Falls Ihr es für recht befindet, die Schwarzen in solcher Weise zu behandeln, so bitten und ersuchen wir euch hiermit liebevoll, uns darin zu belehren, was bis heute nie zuvor getan wurde, nämlich, dass es Christen ziemt, so zu verfahren. Einstweilen werden wir uns über diese Angelegenheit zufriedengeben, und gleichfalls unsere guten Freunde und Bekannte in der Heimat beruhigen, für welche es ein Schrecken und Abscheu ist, dass Menschen derart in Pennsylvanien behandelt werden.
Dies ist von unsrer Versammlung in Germantown, abgehalten am 18. des 2. Monats 1688. Zu übergeben an die Monatsversammlung bei Richard Worrells.
Garret Hendericks. Derick up de Graeff. Francis Daniell Pastorius. Abraham up den Graeff.“
Die Monatsversammlung der Quäker fand das Dokument zu wichtig, als dass sie sich für zuständig hielt, einen Beschluss zu fassen. Sie überwies das Schriftstück der „Vierteljahrsversammlung“, die dasselbe aus den gleichen Gründen am 4. April an die „Jahresversammlung“ weitergab. Diese drückte sich am 5. Juli mit der Erklärung um die heikle Frage herum: „Es wurde hier eine von mehreren deutschen Freunden verfasste Schrift eingereicht, welche die Frage der Gesetzlichkeit oder Ungesetzlichkeit des Kaufs und Haltens von Negern betrifft. Man kam dahin überein, dass es dieser Versammlung nicht zustehe, ein positives Urteil über diese so viele andere Dinge berührende Frage abzugeben. Aus diesem Grunde unterließ man es, auf die Angelegenheit einzugehen.“
Damit wurde das denkwürdige Schriftstück zu den Akten gelegt. Erst volle 155 Jahre später wurde es von dem Geschichtsforscher Nathan Kite wieder aufgefunden und am 13. Januar 1844 in der Quäkerwochenschrift „Friend“ zum Abdruck gebracht. Das Original, ein stark verwitterter Bogen in Folioformat, befindet sich noch heute im Besitz der Quäkergesellschaft der Friends in Philadelphia.
Wenngleich der menschenfreundliche Pastorius die Abschaffung der Sklaverei nicht erlebte, so durfte er sich doch versichert halten, dass seine Anregung einst Früchte tragen werde. Bereits im Jahre 1711 kam in Pennsylvanien ein Gesetz zur Annahme: „An act to prevent the Importation of Negroes and Indians into the province.“ Es wurde zwar von der englischen Regierung sofort für ungültig erklärt, aber schon 1715 begannen die Quäker ernstlich sich gegen den überseeischen Sklavenhandel auszusprechen. 1730 gingen sie schon so weit, das Kaufen importierter Sklaven zu missbilligen.
Unterdessen war, was an dem edlen Pastorius sterblich, längst zu Staub zerfallen. Er schied gegen Ende des Jahres 1719 aus dem Leben und wurde auf dem alten Quäkerfriedhof von Germantown begraben. Kein Nachweis ist vorhanden, an welcher Stelle die Gebeine des edlen Mannes ruhen, von dem sein berühmter, ihm im Tode vorausgegangener Zeitgenosse und Freund William Penn einst sagte: „Vir sobrius, probus, prudens et pius, spectatae inter inculpataeque famae“; „Nüchtern, rechtschaffen, weise und fromm, ein Mann von allgemein geachtetem und unbescholtenem Namen“.
Altes Haus in Germantown, in dem der Protest gegen die Sklaverei verfasst