Unter der Sonne geboren, 1. Teil. Walter Brendel

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Unter der Sonne geboren, 1. Teil - Walter Brendel

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dem späteren Philipp IV. von Spanien (1621–1665) vermählt wurde.

      In ihrer Eile, die Hochzeit vollzogen zu sehen, verschloss die Regentin, Maria von Medici, die Augen vor der Tatsache, dass Ludwig für diese Prüfung noch in keiner Weise bereit war. Mit fünfzehn Jahren - der König war so alt wie die Braut - war Ludwig ein schmächtiger, bartloser, überaus schüchterner Jüngling, der die Schwelle der Pubertät noch nicht überschritten hatte. Obwohl seine Ängste nur allzu offensichtlich waren, geleitete Maria ihn am Abend des Hochzeitstages in einer Prozession in das Schlafgemach der Braut und zwang ihn, in das Ehebett zu steigen. Dann zog sie die Vorhänge des Baldachins zu und entfernte sich mit ihrem Gefolge.

      Zwei Stunden später kehrte Ludwig in sein Zimmer zurück und zeigte seinem Leibarzt seine gerötete Eichel, wobei er erklärte, er habe es „zweimal getan“. Von Heroard nach der Reaktion der Braut gefragt, berichtete er nur: „Ich habe sie gefragt, ob sie wollte, und sie hat ja gesagt.“ Schwer zu sagen, ob er bewusst log, oder ob es die Unerfahrenheit war, die ihm verwehrte, sein Scheitern zu ermessen. Sicher ist, dass mehr als vier Jahre vergehen sollten, bevor er sich dem Ehebett ein zweites Mal näherte und Anna endlich in jeder Hinsicht zu seiner Frau machte.

      Um seine Schüchternheit, seine Angst vor Frauen, seinen Widerwillen vor Körperlichkeit und seine sexuellen Tabus zu überwinden, hätte Ludwig ermuntert werden müssen, sich mit seiner jungen Frau vertraut zu machen, indem man ihm gestattete, so oft wie möglich mit ihr allein zu sein und sie auch bei der täglichen Aus-übung der königlichen Amtsgeschäfte an seiner Seite zu haben.

      Aber genau das war es, was seine Mutter fürchtete. Maria wollte ihren Einfluss auf den Sohn mit niemandem teilen, darum hatte sie nicht die Absicht, der neuen Königin, die nach der Etikette einen höheren Rang einnahm als sie, den Vortritt zu lassen. Noch weniger aber wünschte sie, dass Ludwig durch das Eheleben endlich erwachsen wurde und seine Verantwortung als Herrscher in vollem Umfang wahrnehmen konnte. Darum tat sie alles, um die beiden Ehegatten so häufig wie möglich zu trennen, behandelte sie wie Bruder und Schwester statt wie Mann und Frau und beschränkte ihre Begegnungen auf kurze protokollarische Besuche. Außerdem versäumte sie keine Gelegenheit, die Schwiegertochter in den Augen des Sohnes in ein schlechtes Licht zu rücken, eine Sabotage, die nach ihrer Rückkehr aus dem Exil in Blois systematische Formen annahm: „Die Königinmutter“, schrieb Madame de Motteville, die Gesellschaftsdame Annas von Österreich, „war überzeugt davon, dass sie nur dann absolute Macht über den jungen Prinzen besaß, wenn seine Gemahlin, die Prinzessin, mit ihm nicht im Einklang war, daher bemühte sie sich mit großem Eifer und mit Erfolg, das gegenseitige Unverständnis der Eheleute aufrechtzuerhalten, so dass die Königin, ihre Schwiegertochter, von nun an weder Wertschätzung noch irgendeine Liebenswürdigkeit erfuhr.“

      Was sich in den drei Jahren des ersten Bruchs mit dem Sohn ereignete, bestätigte Maria in ihren Überzeugungen. Während ihrer Abwesenheit erlebte das königliche Paar nämlich einen ersten glücklichen Moment. Obwohl er vom Herzog von Luynes mit Gewalt in das Bett der Gemahlin gezogen werden musste, benahm Ludwig sich am 25. Januar 1619 endlich wie ein Ehemann. Dem venezianischen Botschafter zufolge soll er bei dieser Gelegenheit zu Anna gesagt haben, dass „er ihr ganz angehören würde, dass er niemals eine andere Frau anrühren würde und dass er Kinder mit ihr haben wollte“.

      Ob wahr oder falsch, diese Erklärung wird unterstützt durch die Tatsache, dass sich das Verhalten des Königs gegenüber seiner Frau sichtbar wandelte. Er blieb zwar misstrauisch, rätselhaft und unberechenbar, aber das hinderte ihn nicht daran, höflich, fast galant mit Anna umzugehen und bereitwillig mit ihr an den höfischen Vergnü-gungen teilzunehmen. Doch diesem glücklichen Zustand war keine Dauer beschieden. Wahrscheinlich war Ludwig enttäuscht, dass der ersehnte Thronfolger nicht kommen wollte, und die Erfolge, die seine Frau überall durch ihre Freundlichkeit, ihre Anmut und Umgänglichkeit einheimste, ließen ihn gewiss spüren, wie weit er selbst von solchen Qualitäten entfernt war. Doch der eigentliche Todesstoß für seine Ehe sollte die Versöhnung mit der Mutter sein.

      Kaum an den Hof zurückgekehrt, sorgte Maria de' Medici erneut dafür, dass das Paar getrennt wurde. Als sie dann endgültig ins Exil gehen musste, setzte Richelieu ihre heimtückische Verleumdungskampagne gegen Anna fort. Sich Ludwigs Vertrauen zu erhalten, mit seinen Zweifeln, seinem Misstrauen, seinen charakterlich bedingten Stimmungsschwankungen fertig zu werden, war für Maria wie für Richelieu eine zu schwierige Aufgabe, als dass sie einer Ehefrau hätten erlauben können, die Lage noch komplizierter zu machen. Betrübt unterwarf sich der junge König ihren Forderungen und opferte Anna der Staatsräson. Einmal vertraute er einem Höfling an, die Königin erscheine ihm sehr schön, aber „er wagte es nicht, ihr seine Gefühle zu zeigen, aus Angst, der Königin, seiner Mutter, und dem Kardinal zu missfallen, deren Ratschläge und Dienste er nötiger habe als die Liebe seiner Frau“. Bald sollte auch diese heimliche Zuneigung vollständig verschwinden, an ihre Stelle traten Bitterkeit und Misstrauen.

      Der Name Richelieus ist vielen aus dem Roman „Die drei Musketiere“ von Alexandre Dumas d. Ä. bekannt. Dort ist der Kardinal der finstere Gegenspieler der Helden, der dem englischen Premierminister Buckingham die Liebe Annas von Österreich (der Königin) neidet. Anna begeht den Fehler, dem Herzog von Buckingham bei einem geheimen Stelldichein ein Liebespfand zu geben, ein Kästchen mit 12 Diamantnadeln, das sie selbst als Geschenk vom König erhalten hatte.

      Als Richelieu davon erfährt, lässt er Buckingham zwei dieser Nadeln durch eine Agentin stehlen.

      Dann bewegt er den König dazu, die Königin zu einem Ball zu bitten, wo sie ebendiese Diamantnadeln tragen soll. D’Artagnan muss mit Hilfe seiner Freunde die Nadeln noch vor dem Ball aus England zurückholen, damit Richelieu die Königin nicht öffentlich bloßstellen kann.

      Das Grundthema dieser Handlung, die Diamantnadelnaffäre, findet sich allerdings nicht erst bei Dumas. Schon der Dichter La Rochefoucauld berichtet diese Episode in seinen Memoiren. La Rochefoucauld war sowohl ein enger Vertrauter der Königin und Herausgeber ihrer Memoiren als auch der Geliebte ihrer langjährigen Busenfreundin, der Madame de Chevreuse. Daher ist es durchaus denkbar, dass sich die Affäre tatsächlich zugetragen hat.

      Als Richelieu starb, empfand Ludwig längst nur noch Abneigung gegen seine Frau, wie Madame de Motteville schreibt: „Der Kardinal hatte so gründlich dafür gesorgt, sie in seinen Augen zu diskreditieren, dass er ihr kein einziges zärtliches Gefühl mehr entgegenbringen konnte und es nicht mehr gewohnt war, sie gut zu behandeln.“ Die Memoirenschreiberin verzichtet allerdings darauf, zu erklären, dass das, was beträchtlich zu Ludwigs Abwendung von seiner Frau beitrug, eine immer auffälligere Vorliebe des Königs für junge Epheben war.

      Anlässlich der Erklärung der Volljährigkeit des Dauphin und auf Druck von Heinrich II. von Bourbon, Prince de Condé, dem nächsten Anwärter auf den französischen Thron wurden 1614 (zum letzten Mal vor der Französischen Revolution) die Generalstände einberufen. Der junge König wurde aber trotzdem als „das kindischste Kind“ von der Regierung und dem Rat ferngehalten. Die Generalstände wurden jedoch die erste öffentliche Plattform für Jean Armand du Plessis, den ehrgeizigen Bischof von Luçon, der als Kardinal Richelieu in die Geschichte eingehen sollte.

      Der neue Minister schwenkte auf den nationalen (gallikanischen) Kurs und ging auf Konfrontation mit Habsburg, den Granden und den Hugenotten. Er verantwortete die dynastische Verbindung mit England, ließ päpstliche Truppen aus dem Veltlin vertreiben, unterstützte die protestantischen Gegner der Habsburger im Deutschen Reich und brach die politisch-militärische Macht der Hugenotten durch die Eroberung von La Rochelle (1627–1628).

      Ludwig XIII. und Kardinal Richelieu vor La Rochelle

      Der Kardinal stand damit bald einer immer größeren Front an Gegnern gegenüber, in die sich mit der Zeit auch seine einstmalige Gönnerin Maria de Medici einreihte.

      In den letzten

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