Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Philosophie der Geschichte. Georg Wilhelm Friedrich Hegel
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Der Fanatismus, der überhaupt unter den Negern, trotz ihrer sonstigen Sanftmütigkeit, rege gemacht werden kann, übersteigt allen Glauben. Ein englischer Reisender erzählt: Wenn in Aschantee ein Krieg beschlossen ist, so werden erst feierliche Zeremonien vorausgeschickt; zu diesen gehört, dass die Gebeine der Mutter des Königs mit Menschenblut abgewaschen werden. Als Vorspiel des Krieges beschließt der König einen Ausfall auf seine eigne Hauptstadt, um sich gleichsam in Wut zu setzen. Der König ließ dem Engländer Hutchinson sagen: „Christ, hab' acht und wache über deine Familie. Der Bote des Todes hat sein Schwert gezogen und wird den Nacken vieler Aschantees treffen; wenn die Trommel gerührt wird, so ist es das Todessignal für viele. Komm zum Könige, wenn du kannst, und fürchte nichts für dich.“ Die Trommel ward geschlagen, und ein furchtbares Blutbad begann: Alles, was den durch die Straßen wütenden Negern aufstieß, wurde durchbohrt. Bei solchen Gelegenheiten lässt nun der König alles ermorden, was ihm verdächtig ist, und diese Tat nimmt alsdann noch den Charakter einer heiligen Handlung an. Jede Vorstellung, die in die Neger geworfen wird, wird mit der ganzen Energie des Willens ergriffen und verwirklicht, alles aber zugleich in dieser Verwirklichung zertrümmert. Diese Völker sind lange Zeit ruhig, aber plötzlich gären sie auf, und dann sind sie ganz außer sich gesetzt. Die Zertrümmerung, welche eine Folge ihres Aufbrausens ist, hat darin ihren Grund, dass es kein Inhalt und kein Gedanke ist, der diese Bewegungen hervorruft, sondern mehr ein physischer als ein geistiger Fanatismus.
Wenn der König stirbt in Dahomey, so sind gleich die Bande der Gesellschaft zerrissen; in seinem Palaste fängt die allgemeine Zerstörung und Auflösung an: Sämtliche Weiber des Königs (in Dahomey ist ihre bestimmte Zahl 3.333) werden ermordet, und in der ganzen Stadt beginnt nun eine allgemeine Plünderung und ein durchgängiges Gemetzel. Die Weiber des Königs sehen in diesem ihrem Tode eine Notwendigkeit, denn sie gehen geschmückt zu demselben. Die hohen Beamten müssen sich aufs höchste beeilen, den neuen Regenten auszurufen, damit nur den Metzeleien ein Ende gemacht werde.
Aus allen diesen verschiedentlich angeführten Zügen geht hervor, dass es die Unbändigkeit ist, welche den Charakter der Neger bezeichnet. Dieser Zustand ist keiner Entwicklung und Bildung fähig, und wie wir sie heute sehen, so sind sie immer gewesen. Der einzige wesentliche Zusammenhang, den die Neger mit den Europäern gehabt haben und noch haben, ist der der Sklaverei. In dieser sehen die Neger nichts ihnen Unangemessenes, und gerade die Engländer, welche das meiste zur Abschaffung des Sklavenhandels und der Sklaverei getan haben, werden von ihnen selbst als Feinde behandelt. Denn es ist ein Hauptmoment für die Könige, ihre gefangenen Feinde oder auch ihre eignen Untertanen zu verkaufen, und die Sklaverei hat insofern mehr Menschliches unter den Negern geweckt. Die Lehre, die wir aus diesem Zustand der Sklaverei bei den Negern ziehen, und welche die allein für uns interessante Seite ausmacht, ist die, welche wir aus der Idee kennen, dass der Naturzustand selbst der Zustand absoluten und durchgängigen Unrechts ist. Jede Zwischenstufe zwischen ihm und der Wirklichkeit des vernünftigen Staates hat ebenso noch Momente und Seiten der Ungerechtigkeit; daher finden wir Sklaverei selbst im griechischen und römischen Staate, wie Leibeigenschaft bis auf die neuesten Zeiten hinein. So aber als im Staate vorhanden, ist sie selbst ein Moment des Fortschreitens von der bloß vereinzelten, sinnlichen Existenz, ein Moment der Erziehung, eine Weise des Teilhaftigwerdens höherer Sittlichkeit und mit ihr zusammenhängender Bildung. Die Sklaverei ist an und für sich Unrecht, denn das Wesen des Menschen ist die Freiheit, doch zu dieser muss er erst reif werden. Es ist also die allmähliche Abschaffung der Sklaverei etwas Angemesseneres und Richtigeres als ihre plötzliche Aufhebung.
Wir verlassen hiermit Afrika, um späterhin seiner keine Erwähnung mehr zu tun. Denn es ist kein geschichtlicher Weltteil, er hat keine Bewegung und Entwicklung aufzuweisen, und was etwa in ihm, das heißt, in seinem Norden geschehen ist, gehört der asiatischen und europäischen Welt zu. Karthago war dort ein wichtiges und vorübergehendes Moment, aber als phönizische Kolonie fällt es Asien zu.
Ägypten wird im Übergange des Menschengeistes von Osten nach Westen betrachtet werden, aber es ist nicht dem afrikanischen Geiste zugehörig. Was wir eigentlich unter Afrika verstehen, das ist das Geschichtslose und Unaufgeschlossene, das noch ganz im natürlichen Geiste befangen ist, und das hier bloß an der Schwelle der Weltgeschichte vorgeführt werden musste.
Wir befinden uns jetzt erst, nachdem wir dieses von uns geschoben haben, auf dem wirklichen Theater der Weltgeschichte. Es bleibt uns nur noch übrig, die geographische Grundlage Asiens und Europas vorläufig anzugeben. Asien ist der Weltteil des Aufgangs überhaupt. Es ist zwar ein Westen für Amerika; aber wie Europa überhaupt das Zentrum und das Ende der Alten Welt ist und absolut der Westen ist, so Asien absolut der Osten.
In Asien ist das Licht des Geistes und damit die Weltgeschichte aufgegangen.
Es sind nun die verschiedenen Lokalitäten von Asien zu betrachten. Die physische Beschaffenheit desselben stellt schlechthin Gegensätze auf und die wesentliche Beziehung dieser Gegensätze. Die verschiedenen geographischen Prinzipien sind in sich entwickelte und ausgebildete Gestaltungen.
Zuerst ist die nördliche Abdachung, Sibirien, wegzuschneiden. Diese Abdachung vom Altaischen Gebirgszuge aus mit ihren schönen Strömen, die sich in den nördlichen Ozean ergießen, geht uns hier überhaupt nichts an; weil die nördliche Zone, wie schon gesagt, außerhalb der Geschichte liegt. – Aber das übrige schließt drei schlechthin interessante Lokalitäten in sich. Die erste ist, wie in Afrika, gediegenes Hochland, mit einem Gebirgsgurt, der die höchsten Gebirge in der Welt enthält. Begrenzt ist dieses Hochland im Süden und Südosten durch den Mustag oder Imaus, mit dem dann weiter südlich das Himmalajagebirge parallel läuft. Gegen Osten scheidet eine von Süden nach Norden gehende Gebirgskette das Bassin des Amur ab. Im Norden liegt das Altaische und Songarische Gebirge; im Zusammenhange mit dem letzteren im Nordwesten der Mussart