Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Philosophie der Geschichte. Georg Wilhelm Friedrich Hegel
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Zunächst ist hier nun auf die Natürlichkeiten Rücksicht zu nehmen, die ein für alle Mal von der weltgeschichtlichen Bewegung auszuschließen wären: in der kalten und in der heißen Zone kann der Boden weltgeschichtlicher Völker nicht sein. Denn das erwachende Bewusstsein ist anfänglich nur in der Natur, und jede Entwicklung desselben ist die Reflexion des Geistes in sich, gegen die natürliche Unmittelbarkeit. In diese Besonderung fällt nun das Moment der Natur mit hinein; sie ist der erste Standpunkt, aus dem der Mensch eine Freiheit in sich gewinnen kann, und diese Befreiung muss nicht durch die natürliche Macht erschwert werden. Die Natur ist gegen den Geist gehalten ein Quantitatives, dessen Gewalt nicht so groß sein muss, sich allein als allmächtig zu setzen. In den äußersten Zonen kann der Mensch zu keiner freien Bewegung kommen, Kälte und Hitze sind hier zu mächtige Gewalten, als dass sie dem Geist erlaubten, für sich eine Welt zu erbauen. Aristoteles sagt schon: wenn die Not des Bedürfnisses befriedigt ist, wendet sich der Mensch zum Allgemeinen und Höheren. Aber in jenem Extrem der Zonen kann die Not wohl nie aufhören und niemals abgewendet werden, der Mensch ist beständig darauf angewiesen, seine Aufmerksamkeit auf die Natur zu richten, auf die glühenden Strahlen der Sonne und den eisigen Frost. Der wahre Schauplatz für die Weltgeschichte ist daher die gemäßigte Zone, und zwar ist es der nördliche Teil derselben, weil die Erde sich hier kontinental verhält und eine breite Brust hat, wie die Griechen sagen. Im Süden dagegen verteilt sie sich und läuft in mannigfache Spitzen auseinander. Dasselbe Moment zeigt sich in den Naturprodukten. Der Norden hat sehr viele Gattungen von Tieren und Pflanzen gemeinschaftlich; im Süden, wo das Land sich in Spitzen teilt, da individualisieren sich auch die Naturgestalten gegeneinander.
Die Welt wird in die Alte und Neue geteilt, und zwar ist der Namen der neuen daher gekommen, weil Amerika und Australien uns erst spät bekannt geworden sind. Aber diese Weltteile sind nicht nur relativ neu, sondern überhaupt neu, in Ansehung ihrer ganzen physischen und geistigen Beschaffenheit. Ihr geologisches Altertum geht uns nichts an. Ich will ihr die Ehre nicht absprechen, dass sie nicht auch gleich bei Erschaffung der Welt dem Meere enthoben worden sei. Doch zeigt das Inselmeer zwischen Südamerika und Asien eine physische Unreife; der größte Teil der Inseln ist so beschaffen, dass sie gleichsam nur eine Erdbedeckung für Felsen sind, die aus der bodenlosen Tiefe heraustauchen und den Charakter eines spät Entstandenen tragen. Eine nicht mindere geographische Unreife zeigt Neuholland (Australien); denn wenn man hier von den Besitzungen der Engländer aus tiefer ins Land geht, so entdeckt man ungeheure Ströme, die noch nicht dazu gekommen sind, sich ein Bett zu graben, sondern in Schilfebenen ausgehen. Von Amerika und seiner Kultur, namentlich in Mexiko und Peru, haben wir zwar Nachrichten, aber bloß die, dass dieselbe eine ganz natürliche war, die untergehen musste, sowie der Geist sich ihr näherte. Physisch und geistig ohnmächtig hat sich Amerika immer gezeigt und zeigt sich noch so. Denn die Eingeborenen sind, nachdem die Europäer in Amerika landeten, allmählich an dem Hauche der europäischen Tätigkeit untergegangen.
In den nordamerikanischen Freistaaten sind alle Bürger europäische Abkömmlinge, mit denen sich die alten Einwohner nicht vermischen konnten, sondern zurückgedrängt wurden.
Einige Künste haben die Eingeborenen allerdings von den Europäern angenommen, unter anderen die des Branntweintrinkens, die eine zerstörende Wirkung auf sie hervorbrachte.
Nordamerikanischer Indianer
Im Süden wurden die Eingeborenen viel gewalttätiger behandelt und zu harten Diensten verwendet, denen ihre Kräfte wenig gewachsen waren. Sanftmut und Trieblosigkeit, Demut und kriechende Unterwürfigkeit gegen einen Kreolen und mehr noch gegen einen Europäer sind dort der Hauptcharakter der Amerikaner, und es wird noch lange dauern, bis die Europäer dahin kommen, einiges Selbstgefühl in sie zu bringen.
Die Inferiorität dieser Individuen in jeder Rücksicht, selbst in Hinsicht der Größe gibt sich in allem zu erkennen; nur die ganz südlichen Stämme in Patagonien sind kräftigere Naturen, aber noch ganz in dem natürlichen Zustande der Rohheit und Wildheit.
Als die Jesuiten und die katholische Geistlichkeit die Indianer an europäische Kultur und Sitten gewöhnen wollten (bekanntlich haben sie einen Staat in Paraguay, Klöster in Mexiko und Kalifornien gegründet), begaben sie sich unter sie und schrieben ihnen, wie Unmündigen, die Geschäfte des Tages vor, die sie sich auch, wie träge sie auch sonst waren, von der Autorität der Väter gefallen ließen. Diese Vorschriften (mitternachts musste eine Glocke sie sogar an ihre ehelichen Pflichten erinnern) haben ganz richtig zunächst zur Erweckung von Bedürfnissen geführt, den Triebfedern der Tätigkeit des Menschen überhaupt. Die Schwäche des amerikanischen Naturells war ein Hauptgrund dazu, die Neger nach Amerika zu bringen, um durch deren Kräfte die Arbeiten verrichten zu lassen; denn die Neger sind weit empfänglicher für europäische Kultur als die Indianer, und ein englischer Reisender hat Beispiele angeführt, dass Neger geschickte Geistliche, Ärzte usw. geworden sind (ein Neger hat zuerst die Anwendung der Chinarinde gefunden), während ihm nur ein einziger Eingeborener bekannt ist, der es dahin brachte, zu studieren, aber bald am Übergenuss des Branntweins gestorben war. Zu der Schwäche der amerikanischen Menschenorganisation gesellt sich dann noch der Mangel der absoluten Organe, wodurch eine gegründete Macht herbeizuführen ist, der Mangel nämlich des Pferdes und des Eisens, Mittel, wodurch besonders die Amerikaner besiegt wurden.
Da nun die ursprüngliche Nation geschwunden oder so gut wie geschwunden ist, so kommt die wirksame Bevölkerung meist von Europa her, und was in Amerika geschieht, geht von Europa aus. Europa warf seinen Überfluss nach Amerika hinüber, ungefähr,