Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Philosophie der Geschichte. Georg Wilhelm Friedrich Hegel

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Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Philosophie der Geschichte - Georg Wilhelm Friedrich Hegel gelbe Buchreihe

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angehört, so kommt er auch dazu, zu wissen, was sein Werk ist, und dazu, sich zu denken. Er ist überhaupt nur welthistorisch, insofern in seinem Grundelemente, in seinem Grundzweck ein allgemeines Prinzip gelegen hat; nur insofern ist das Werk, welches ein solcher Geist hervorbringt, eine sittliche, politische Organisation. Sind es Begierden, welche Völker zu Handlungen treiben, so gehen solche Taten spurlos vorüber, oder ihre Spuren sind vielmehr nur Verderben und Zerstörung. So hat zuerst Kronos, die Zeit geherrscht, – das goldene Zeitalter, ohne sittliche Werke, und was erzeugt worden ist, die Kinder dieser Zeit, sind von ihr selbst aufgezehrt worden. Erst Jupiter, der aus seinem Haupt die Minerva geboren, und zu dessen Kreise Apollo nebst den Musen gehört, hat die Zeit bezwungen und ihrem Vergehen ein Ziel gesetzt. Er ist der politische Gott, der ein sittliches Werk, den Staat, hervorgebracht hat.

      Im Elemente eines Werks ist selbst die Bestimmung der Allgemeinheit, des Denkens enthalten; ohne den Gedanken hat es keine Objektivität, er ist die Basis. Der höchste Punkt der Bildung eines Volkes ist nun dieser, auch den Gedanken seines Lebens und Zustandes, die Wissenschaft seiner Gesetze, seines Rechts und Sittlichkeit zu fassen; denn in dieser Einheit liegt die innerste Einheit, in der der Geist mit sich sein kann. Es ist ihm in seinem Werke darum zu tun, sich als Gegenstand zu haben; sich aber als Gegenstand in seiner Wesenhaftigkeit hat der Geist nur, indem er sich denkt.

       Auf diesem Punkt weiß also der Geist seine Grundsätze, das Allgemeine seiner Handlungen. Dieses Werk des Denkens aber ist als das Allgemeine verschieden zugleich der Form nach von dem wirklichen Werk und von dem wirksamen Leben, wodurch dieses Wert zustande gekommen. Es gibt jetzt ein reales Dasein und ein ideales. Wenn wir die allgemeine Vorstellung und den Gedanken dessen, was die Griechen gewesen sind, gewinnen wollen, so finden wir dies im Sophokles und Aristophanes, im Thukydides und Plato. In diesen Individuen hat der griechische Geist sich selbst vorstellend und denkend gefasst. Dies ist die tiefere Befriedigung; aber sie ist zugleich ideell und unterschieden von der reellen Wirksamkeit.

      Wir sehen darum notwendig in solcher Zeit ein Volk eine Befriedigung in der Vorstellung von der Tugend finden, und das Gerede von der Tugend sich teils neben die wirkliche Tugend, teils aber auch an die Stelle von deren Wirklichkeit setzen. Der einfache, allgemeine Gedanke weiß aber, weil er das Allgemeine ist, das Besondre und Unreflektierte, – den Glauben, das Zutrauen, die Sitte –, zur Reflexion über sich und über seine Unmittelbarkeit zu bringen und zeigt dasselbe dem Inhalte nach in seiner Beschränktheit auf, indem er teils Gründe an die Hand gibt, sich von den Pflichten loszusagen, teils überhaupt nach Gründen und nach dem Zusammenhang mit dem allgemeinen Gedanken fragt und solchen nicht findend die Pflicht überhaupt als unbegründet wankend zu machen sucht.

      Damit tritt zugleich die Isolierung der Individuen voneinander und vom Ganzen ein, die einbrechende Eigensucht derselben und Eitelkeit, das Suchen des eignen Vorteils und Befriedigung desselben auf Kosten des Ganzen: nämlich jenes sich absondernde Innere ist auch in der Form der Subjektivität, – die Eigensucht und das Verderben in den losgebundenen Leidenschaften und eignen Interessen der Menschen.

       So ist denn auch Zeus, der dem Verschlingen der Zeit ein Ziel gesetzt und dies Vorübergehen sistiert hat, indem er ein in sich Festes begründet hat, – Zeus und sein Geschlecht selbst verschlungen worden, und zwar ebenso von dem Erzeugenden, nämlich dem Prinzipe des Gedankens, der Erkenntnis, des Räsonnements, der Einsicht aus Gründen und der Forderung von Gründen.

      Die Zeit ist das Negative im Sinnlichen: Der Gedanke ist dieselbe Negativität, aber die innerste, die unendliche Form selbst, in welcher daher alles Seiende überhaupt aufgelöst wird, – zunächst das endliche Sein, die bestimmte Gestalt; aber das Seiende überhaupt ist als Gegenständliches bestimmt, erscheint darum als Gegebenes, Unmittelbares, Autorität, und ist entweder dem Inhalte nach als endlich und beschränkt oder als Schranke für das denkende Subjekt und die unendliche Reflexion desselben in sich.

      Zunächst aber ist bemerklich zu machen, wie das Leben, das aus dem Tode hervorgeht, selbst nur wieder ein einzelnes Leben ist, und wenn die Gattung als das Substantielle in diesem Wechsel angesehen wird, so ist der Untergang des einzelnen ein Wiederabfallen der Gattung in die Einzelheit. Die Erhaltung der Gattung ist so nur als die gleichförmige Wiederholung derselben Weise der Existenz. Ferner ist zu bemerken, wie die Erkenntnis, die denkende Auffassung des Seins, die Quelle und Geburtsstätte einer neuen Gestalt ist, und zwar einer höheren Gestalt in einem teils erhaltenden, teils verklärenden Prinzip. Denn der Gedanke ist das Allgemeine, die Gattung, die nicht stirbt, die sich selbst gleichbleibt. Die bestimmte Gestalt des Geistes geht nicht bloß natürlich in der Zeit vorüber, sondern wird in der selbstwirkenden, selbstbewussten Tätigkeit des Selbstbewusstseins aufgehoben. Weil dies Aufheben Tätigkeit des Gedankens ist, ist es zugleich Erhalten und Verklären. – Indem somit der Geist einerseits die Realität, das Bestehen dessen, was er ist, aufhebt, gewinnt er zugleich das Wesen, den Gedanken, das Allgemeine dessen, was er nur war. Sein Prinzip ist nicht mehr dieser unmittelbare Inhalt und Zweck, wie er war, sondern das Wesen desselben.

       Das Resultat dieses Ganges ist also, dass der Geist, indem er sich objektiviert und dieses sein Sein denkt, einerseits die Bestimmtheit seines Seins zerstört, anderseits das Allgemeine desselben erfasst, und dadurch seinem Prinzip eine neue Bestimmung gibt. Hiermit hat sich die substantielle Bestimmtheit dieses Volksgeistes geändert, d. i. sein Prinzip ist in ein anderes, und zwar höheres Prinzip aufgegangen.

      Es ist das Wichtigste im Auffassen und Begreifen der Geschichte, den Gedanken dieses Übergangs zu haben und zu kennen. Ein Individuum durchläuft als Eines verschiedene Bildungsstufen und bleibt dasselbe Individuum; ebenso auch ein Volk, bis zu der Stufe, welche die allgemeine Stufe seines Geistes ist. In diesem Punkt liegt die innere, die Begriffsnotwendigkeit der Veränderung. Das ist die Seele, das Ausgezeichnete in dem philosophischen Auffassen der Geschichte.

      Der Geist ist wesentlich Resultat seiner Tätigkeit: seine Tätigkeit ist Hinausgehen über die Unmittelbarkeit, das Negieren derselben und Rückkehr in sich. Wir können ihn mit dem Samen vergleichen; denn mit diesem fängt die Pflanze an, aber er ist auch Resultat des ganzen Lebens derselben. Die Ohnmacht des Lebens zeigt sich aber darin, dass, was anfängt, und was Resultat ist, auseinanderfallen. So auch im Leben der Individuen und Völker. Das Leben eines Volkes bringt eine Frucht zur Reife; denn seine Tätigkeit geht dahin, sein Prinzip zu vollführen. Diese Frucht fällt aber nicht in den Schoß des Volks zurück, das sie ausgeboren und gezeitigt hat; im Gegenteil sie wird ihm ein bittrer Trank. Lassen kann es nicht von ihm, denn es hat den unendlichen Durst nach demselben, aber das Kosten des Tranks ist seine Vernichtung, doch zugleich das Aufgehen eines neuen Prinzips.

      Über den Endzweck dieses Fortschreitens haben wir uns oben erklärt. Die Prinzipien der Volksgeister in einer notwendigen Stufenfolge sind selbst nur Momente des einen allgemeinen Geistes, der durch sie in der Geschichte sich zu einer sich erfassenden Totalität erhebt und abschließt. –

       Indem wir es also nur mit der Idee des Geistes zu tun haben und in der Weltgeschichte alles nur als seine Erscheinung betrachten, so haben wir, wenn wir die Vergangenheit, wie groß sie auch immer sei, durchlaufen, es nur mit Gegenwärtigem zu tun; denn die Philosophie, als sich mit dem Wahren beschäftigend, hat es mit ewig Gegenwärtigem zu tun. Alles ist ihr in der Vergangenheit unverloren, denn die Idee ist präsent, der Geist unsterblich d. h. er ist nicht vorbei und ist nicht noch nicht, sondern ist wesentlich jetzt. So ist hiermit schon gesagt, dass die gegenwärtige Gestalt des Geistes alle früheren Stufen in sich begreift. Diese haben sich zwar als selbständig nacheinander ausgebildet; was aber der Geist ist, ist er an sich immer gewesen, der Unterschied ist nur die Entwicklung dieses Ansich. Das Leben des gegenwärtigen Geistes ist ein Kreislauf von Stufen, die einerseits noch nebeneinander bestehen und nur anderseits als vergangen erscheinen. Die Momente, die der Geist hinter sich zu haben scheint, hat er auch in seiner gegenwärtigen Tiefe.

      * * *

      Geographische Grundlage der Weltgeschichte

      

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