Jochen Klepper: Der Vater Roman eines Königs. Jochen Klepper

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Jochen Klepper: Der Vater Roman eines Königs - Jochen Klepper gelbe Buchreihe

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einer Kerzenpyramide auf; der Zug der Gäste, zu ihm schreitend, war ein goldener Strom.

      Am goldenen Taufbecken auf der obersten Stufe hielt die Ansbacher Brandenburgerin das hohe Knäblein über sie alle empor.

      Um seine schwachen Schultern lag der schwere Purpur, auf seinem kleinen Haupte strahlte die Krone, in seine Ärmchen hatte man Zepter und Reichsapfel gedrückt, und über seiner Brust spannte sich das Band des Schwarzen Adlerordens mit dem glänzenden Stern.

      Der Wirbel der siebenhundert Trommeln steigerte sich zu immer ehernerem Dröhnen, um plötzlich in fast unheimliche Stille abzubrechen.

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      Friedrich Wilhelm hörte einen Augenblick das leise Weinen seines Kindes. Aber da sangen die Chöre zu Flöte, Harfe und Orgel, und wenn er sich ein wenig vorneigte, um das blasse, welke Gesicht des Täuflings näher zu sehen, blendete ihn die Fülle der Kerzen.

      Das Wasser, mit dem das Kreuz auf die Stirn des Kindes gezeichnet wurde, war aus dem Jordan geschöpft. Die Tropfen verrannen mit den Tränen des Täuflings. Die Ansbacherin musste ihn fester an sich drücken, das zitternde Köpfchen unter der Last der Krone zu stützen. Die Feier sollte noch sehr lange dauern. Gerade war erst der Name gegeben: Fridericus Ludovicus.

      Im Taufspruch ließ der sanfte König dem ungebärdigen Kronprinzen eine herbe Zurechtweisung erteilen:

      „Denn alle Dinge sind möglich bei Gott –“, ein Bibelwort, vom Hofbischof mit vieler Weisheit auszulegen, mit Sinnbildern, Mahnungen und schönen Allegorien.

      Der Kronprinz sah das Haupt seines Kindes, auf dem die Krone festgebunden war, immer wieder nach hinten sinken. Nun hielt eine der Prinzessinnen vom Geblüt den Täufling. Der Kronprinz suchte die Möglichkeit einer Verständigung mit seiner Frau. Die Kronprinzessin hatte ihre Augen fest auf den Prediger gerichtet, ihre Gedanken auf den anschließenden Kirchgang der Wöchnerin sammelnd.

      Friedrich Wilhelm bemühte sich, die Aufmerksamkeit seines Vaters auf sich zu ziehen. Doch der König umfasste immer wieder mit weitem und verzücktem Blick das Bild des Prunkes und der Weihe. Nun verhüllten ihn die Fahnen ganz.

      In der ersten Reihe der Herren des Hofes stand Graf Gaëtano, hervorgehoben vor allen durch das ihm neu verliehene Band des Schwarzen Adlerordens mit dem strahlenden Stern. Der Kronprinz, von der Krönung des Vaters her der erste Ritter des Ordens, öffnete die Spange, die des eigenen Sternes Schärpe an der Seite zusammenhielt. Er wusste, wenn er sich zum Verlassen des Domes anschickte, würde sie sich lösen und der Orden unter seine Füße fallen.

      Wie es dann in der Ordnung des Gratulationszeremoniells möglich war, begriff der Kronprinz nicht. Aber die Ansbacher Brandenburgerin stand plötzlich nahe neben ihm und sagte leise: „Ich sah, dass sich die Spange Ihres Ordensbandes löste.“ Dann küsste sie schon der Kronprinzessin die Stirn und die Wangen.

       Erst zwischen Tafel und Ball fand der junge Vater einen Augenblick Zeit, selbst nach dem Kinde zu sehen. Sehr blass lag es in seiner Wiege und schreckte im Schlaf oft zusammen. Friedrich Wilhelm nahm besorgt die schwere Hermelindecke von der Wiege und sah, wie der ganze kleine Körper immer wieder zuckte. Dabei lag doch der Knabe in so tiefer Stille; fast war es zu still.

      Die Kinderfrauen hielten sich in einem der Vorräume auf. Der Kronprinz wies sie an, nachts abwechselnd bei dem Prinzen zu wachen und sofort Nachricht zu geben, wenn sie etwas Auffallendes im Verhalten und Zustand des Kindes bemerkten. Auch befragte er sofort einen der erreichbaren Ärzte.

      „Er kümmert sich um alles“, rügten die Kinderfrauen streng, als der Kronprinz, den Leuchter in der Hand, sich entfernt hatte.

      Auf dem Ball war seine Anwesenheit nicht mehr lange erforderlich. Die königliche Familie zog sich früh zurück. Friedrich Wilhelm konnte sich zeitig zur Ruhe begeben. Es tat ihm not nach einer Nacht, die er nahezu schlaflos über alchimistischen Werken zugebracht hatte. Auch gedachte er am kommenden Tage schon in den ersten Morgenstunden aufzustehen, um sich genauer über die nächsten Pläne des Grafen Gaëtano zu unterrichten und engere Fühlung mit dem königlichen Münzmeister zu suchen, der das Elaborat des Italieners einwandslos als Gold anerkannt hatte.

      * * *

      Auf dem Ritt zum Münzamt nahm der Kronprinz einen Umweg. Jenseits des Schlosses und Domes Schloss sich an den Lustgarten bald wieder ein hässliches und ärmliches Stadtviertel an, das der König und sein Hof allerdings bei ihren Ausfahrten niemals zu berühren pflegten. Die Winkel und Gassen dort im alten Kölln waren auch nur noch wert, zu verfallen und vergessen zu werden.

      Aber noch lebten Menschen in ihnen, für die keine bessere Wohnstatt bereit war. Der Kronprinz fasste jede Einzelheit ins Auge; jeden umgebrochenen Zaun; jede windschief hängende Tür; die vom Sturm zerrauften, von der Feuchtigkeit und Kälte modernden Strohdächer; die schmutzigen Kinder, die sich an dem frostigen Morgen draußen umhertrieben, zaghaft zu dem vornehmen Reiter aufsahen und ihn ängstlich, darum nicht minder beharrlich anbettelten.

      Ein hochgewachsener junger Mann hämmerte trotz des eisigen Nordwindes an einem Fensterladen herum, der, locker und gesprungen, in den Angeln knarrte; er suchte den breiten riss im Holz mit einer Latte zu übernageln. Aber bei jedem Hammerschlag splitterte der Sprung nur weiter. Als der Mann den Reiter anhalten sah, legte er sein Handwerkszeug auf den Fenstersims, ging ins Haus und schlug die Tür hinter sich zu.

      Friedrich Wilhelm sprang vom Pferde und schritt dem jungen Menschen rasch nach. Der öffnete nur zögernd die Tür.

      „Warum hat Er seine Arbeit abgebrochen?“ fragte der Kronprinz unvermittelt.

      „Weil das Holz keinen Nagel mehr hält.“ Die Antwort schien jede weitere Frage abzuschneiden.

       Der Kronprinz blieb hartnäckig und fuhr fort: „Warum müht Er sich heute überhaupt mit derlei Dingen? Weiß Er nicht, dass dieser Tag noch für die Tauffeierlichkeiten auf dem Schloss bestimmt ist?“

      Der junge Mann machte kein Hehl daraus, dass er die Hoheit erkannt hatte. Ohne jede Befangenheit, doch mit viel Bitterkeit sprach er weiter.

      „Warum sind der Herr Kronprinz um diese Stunde hier?“

      Er beschrieb am Fenster einen weiten Bogen um die armen Hütten und verkommenen Wege. „Hier ist kein Fest. Die Feiern sind drüben hinter dem Lustgarten.“

      Der Kronprinz knöpfte an seinen Reithandschuhen. „Hör Er, die Feste werden auch hier bald beginnen. Eine neue und herrliche Stadt wird auch hier bald entstehen. Es gibt ja nun Gold.“

      Der junge Mann zeigte sich vollkommen unterrichtet.

      „Ja, Herr Kronprinz, Preußens letztes Gold in des Generalmajors Graf Gaëtano Tasche.“

      Jetzt prägte Friedrich Wilhelm sich das Gesicht des Mannes genau ein. Seine Züge waren klar und klug. Aber die junge Hoheit sagte: „Er ist sehr kühn. Warum traut Er elender Untertan nicht dem, was seines höchsten Herrn und Königs heißester Glaube ist?“

      „Weil Graf Gaëtano sich gestern nach der Tafel von des Königs Majestät fünfzigtausend Taler zusichern ließ für die neue Goldbrauerei.“ Der junge Mensch beschrieb wieder einen Halbkreis um die Elendshütten vor dem Fenster. „Fünfzigtausend Taler, Kronprinzliche Gnaden.“

      „Was schließt Er daraus?“ Friedrich Wilhelm ließ sich auf den Holzschemel nieder, den der andere ihm blank gewischt hatte. Er riss seinen Mantel

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