Georg Schweinfurth: Afrikanisches Skizzenbuch. Georg Schweinfurth

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Georg Schweinfurth: Afrikanisches Skizzenbuch - Georg  Schweinfurth gelbe Buchreihe

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des Berges ermöglichte. Meinen Körper möglichst eng in diesen Felsenriss einzwängend, gewann ich den nötigen Halt, um die gefährliche, etwa 10 Klafter betragende Strecke zu überwinden. Es war ein würdiges Seitenstück zu meinem Übergang von der ersten Spitze des Großglockners zu der zweiten im Juli 1857. Die Bergzacke selbst war weniger geneigt und bot sichere Stufen und Vorsprünge meinen vier Extremitäten dar. Ich befand mich nun oben auf einer Stelle, die wohl noch nie ein menschlicher Fuß berührt haben mochte, wenn nicht auch bis hierher zufällig einmal römische oder griechische Goldsucher vorgedrungen sein sollten.

       Unter den Botanikern war ich gewiss der erste, um die Tatsache konstatieren zu können, dass es auf der Spitze des Abu-Tiur keine Saxifraga oppositifolia, ja nicht einmal die geringste Spur einer Flechte gebe. Vor mir lag das endlose unbegrenzte Meer, das am Horizont sich mittelst bläulicher Dunstmassen mit dem Himmelsgewölbe zu verschmelzen schien, das weite einsame Meer, das kein Segel und keine Rauchsäule belebte, hundert Meilen im Umkreise! Vor mir breitete sich das von einem unentzifferbaren Gewirre zahlloser Vorhügelketten von Glimmerschiefer, Felsit und Kalk erfüllte Küstenland aus, und über den höchsten Spitzen der sich von unten so schauerlich ausnehmenden schwarzen Tal wände schaute ich von meinem erhabenen Standpunkte hoch hinweg. Alles, was in der Tiefe zackig und wild zerklüftet erschien, verschmolz zu einem breiartigen Einerlei, dessen Hauptfarbe braun zu sein schien. Die Kräuter auf den Talsohlen waren von der Natur viel zu licht angepflanzt und viel zu lokal verteilt, als dass ihr Grün diesen Farbenton der Felsenwüste im Geringsten zu modifizieren vermochte. Die kleine Bucht von Kosser zeigte sich von hier sieben Minuten östlich vom wahren Nord, und verschiedene Winkel, die ich nach andern gekennzeichneten Punkten der Küste aufnahm, bewiesen mir die richtige Lage des Berges auf der Moresbyschen Seekarte. Aus dem braunen Wirrwarr der Vorgebirge stachen allein die langhingestreckten von NW nach SO verlaufenden Eozän- und Kreiderücken durch ihre weiße Färbung hervor, der Gebel Duwi und Hamad und der Gebel Beda, westlich drei Stunden von Kosser, waren am meisten kenntlich. Im fernsten NW zu N ragte ein kolossaler Tafelberg empor, wegen der großen Entfernung nur schwer von dem Blau des Himmels zu unterscheiden. Es war, wie der von mir aufgenommene Winkel es bestätigte, der Gebel Fatireh, der Mons Claudianus der Alten, 20 deutsche Meilen von dem Beobachtungspunkte entfernt. Meine Aussicht nach Süden wurde durch die gegenüberliegende Spitze, die meinen Standort um 80 bis 100 Fuß überragte, sehr verringert: Die Berge Nassla und Schedit, die nächsten in der südlichen Kette dieser afrikanischen Kordilleren, zeigten sich allein deutlich meinen Blicken, und verdeckten die höheren des Südens. Gebirge der arabischen Küste traten nirgends hervor. Indes behaupten Einwohner von Kosser, dass man die hohen Berge von Midiam bei Wudsch und Moïlah, kleinen von den Ägyptern besetzten Hafenplätzen, nördlich von Jambo, bei besonders klarer Luft manchmal sehen könne, was nicht unmöglich ist, da letztere bis 7.700 Fuß emporragen.

      Warum der Berg Abu-Tiur (= Vater der Vögel) heiße, blieb mir unklar, denn er schien mir nur der „Vater eines einzigen Vogels“, eines Raben, zu sein, der entsetzt über meine Anwesenheit gespenstisch über mir kreiste. Alle diese Berge tragen jetzt arabische Namen, während sie ursprünglich doch einheimische gehabt haben müssen. Ich glaube daher, dass die meisten oft sinnlosen arabischen Namen nur Verdrehungen ähnlicher hamitischer Urnamen sind, so z. B. wie man Ipsambul in Abu Simbel umgewandelt hat.

      Erst um drei Uhr nachmittags war ich wieder unten im Tale angelangt. Bald darauf bestieg ich mein Kamel und durchkreuzte ostwärts in 30 Minuten das breite Uadi Abu Tiur. Jetzt wurde noch ein östlicher Teil des Berges sichtbar, der von der Hauptmasse durch einen tiefen Einschnitt getrennt ist, und eine bedeutend geringere Höhe besitzt, als die mittlere Spitze, obgleich er von Kosser aus gesehen, weil näher, als der höchste angesehen werden möchte. Auf Moresbys Karte ist er als „Sugarloaf“ bezeichnet.

       In SSO zeigt sich der gleich hohe aber entfernte Gebel Schedät mit spitzigen Zacken und in SO der Gebel Nassla, ein spitziger Granitkegel, der auf Moresbys Karte den Namen Cats Earls trägt. Südöstlich dehnt sich das Uadi noch weit aus, bis es von niederen Hügeln ungenau begrenzt wird. Auf der gegenüberliegenden Seite des Uadis angelangt, hatten wir die Mündung eines breiten nach NO verlaufenden Tals erreicht, an der elf Ababde-Hütten aufgeschlagen waren.

      In dem letztgenannten Uadi marschierten wir noch starke 70 Minuten, bis wir an einer durch große Marchgebüsche und zwei Seyal-Bäumchen gekennzeichneten Stelle, in deren Nähe noch zwei Hütten erblickt wurden, rasteten. Dieses Tal ist außerordentlich üppig mit Reseda lurida M., der „Chosame“ der Ababde, bewachsen, ein Leckerbissen für die Kamele.

      25. Januar. Da von hier aus das große Uadi, das Meer anstrebend, eine mehr östliche Richtung einschlägt, musste ich in ein Seitental einbiegen, in dem anfangs NNW und dann NO 25 Minuten lang aufwärts gestiegen wurde. Alsdann abwärts durch ein System unregelmäßiger Talgesenke marschierend, wurde der Marsch in NNO und NO weitere 25 Minuten fortgesetzt, bis wir eine weite Ebene vor uns hatten, die NNO in 48 Minuten durchschritten wurde. 50 Minuten in einem durch große Diorithügel unregelmäßig begrenzten Talgesenke wandernd, verfolgten wir anfangs eine nördliche, später eine NNO-Richtung. Viele Marchgebüsche und zum ersten Male Astragalus prolixus Sieb, sowie der weiterhin südwärts so häufige und Kamelweiden bildende Schuhsch, ein aromatisches Büschelgras von 4–5 Fuß Höhe (Panicum turgidum D.) traten mir hier entgegen. Auch stießen mir mehrere Flüge des Pterocles auf. Nach 25 Minuten ebenen Marsches in NO eröffnet sich unseren Blicken eine dürre, vegetationslose, breite Kiesfläche, die in NO durch einen Höhenzug von rotem Granit begrenzt erscheint, während rechts in weiter Ferne das Meer sich zeigt.

       In NNW überschritten wir alsdann 50 Minuten lang diese Fläche, bis wir drüben in die Granithügel eintraten, wo etwas gerastet wurde. Das daselbst angetroffene Gestein besitzt eine von der Hauptmasse des Gebirgsstockes der ägyptischen Kordilleren abweichende Beschaffenheit. Ich habe diese Art Granit, deren es in diesen Bergsystemen mehrere von verschiedenem Alter und abweichender Beschaffenheit und Färbung gibt, auch an anderen Punkten der Küste angetroffen, in deren Nähe sie Vorhügelzüge bildet. Namentlich die pittoresken fleischroten Felsen von Scherm Suliah (Scherm Schech) bei Uadi Gemal, die Grabhügel bei Berenike, auch die Berge von Abu Amameh unter dem 21° n. Br. sind den in Rede stehenden äußerst analog.

      Nach weiterem 20 Minuten nordwärts gerichtetem Marsch überstiegen wir einen niederen gegen NNW sich weithin ziehenden Kalkfelsen, während rechts 150 Fuß hohe Hügel des beschriebenen Granits und links verflachte Dioritfelsen eine Art Talsenkung erzeugen. In nördlicher Richtung wurden nun 50 Minuten zurückgelegt, bis wir uns ziemlich (etwa 30 Minuten) dem Meere genähert hatten. Hier kreuzten wir die Mündung des Uadi Manich, woselbst die Sille- und Zygophyllum-Vegetation wieder zunimmt. Ein Sandsteinfelsen, dessen stark abfallende Schichten in der Richtung des Hauptgebirgsstockes streichen, tritt an dieser Stelle hinter den die erste Küstenerhebung ausmachenden rezenten Korallenkalkfelsen zutage. Nach 25 Minuten überschritten wir die Austrittsstelle des Uadi Sireb und nach abermaligen 25 Minuten starken Marsches, während das Meer immer näher herantrat, erblickten wir endlich die Masten der Schiffe in dem Hafen von Kosser. Durch die breite Küstenfläche hindurchziehend bedurfte es noch weiterer 90 Minuten verstärkten Marsches, um die Stadt zu erreichen. Die Wanderung an diesem Tage war von der Geschwindigkeit starkschreitender Karawanenkamele, zu 5 km die Stunde gerechnet.

       Die Anwesenheit eines großen Dampfers auf der Reede überraschte mich, da dies hier ein sehr seltener Fall ist. Auf der Rückfahrt von Suakin nach Suez war das Schiff widriger Winde halber hier eingelaufen, da der Kapitän über allzu großen Konsum von Kohlen klagte. Die Fracht des Dampfers bestand fast ausschließlich aus Vieh, das seit einiger Zeit massenhaft für Rechnung der ägyptischen Regierung von jenem Hafen bezogen wird. 130 Ochsen und eine Masse Schafe erfüllten alle Räume des großen Schiffes. Die im Roten Meere fast das ganze Jahr hindurch wehenden Nordwinde veranlassen für die Rückreise einen so außerordentlichen Mehrverbrauch an Kohlen, dass die Transportpreise für letztere um 1/3 höher sind als für die Hinfahrt. Auf diese Tatsache gestützt wollen auch viele die Unmöglichkeit eines großen Verkehrs von Segelschiffen im Roten Meere ableiten, wodurch für die Zukunft die Rentabilität des Suezkanals in Frage gestellt werden könnte.

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