Die Fünfundvierzig. Alexandre Dumas
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Читать онлайн книгу Die Fünfundvierzig - Alexandre Dumas страница 6
Dieser letzte trug die Miene eines Königs. Genötigt, ziemlich sacht zu reiten, um nicht seinen Gefährten voranzukommen, blieb dieser junge Mann einen Augenblick an den Grenzen der vom Volke gebildeten Hecke.
In diesem Augenblicke fühlte er, daß man ihn an der Scheide seines Degens zog, und neigte sich rückwärts. Der ihn so berührte, war ein junger Mensch mit schwarzen Haaren, funkelndem Auge, klein, schmächtig, anmutig und sorgfältig behandschuht.
»Was steht zu Diensten, mein Herr?« fragte unser Reiter. – »Mein Herr, eine Bitte.«
»Sprecht, aber geschwind, ich bitte Euch, man wartet auf mich.« – »Ich muß notwendig in die Stadt hinein, mein Herr, es ist eine gebieterische Notwendigkeit für mich, versteht Ihr? Ihr seid allein und braucht einen Pagen, der Eurem guten Aussehen Ehre macht.«
»Nun?« – »Nun! gebt und es wird gegeben; nehmt mich mit hinein, und ich werde Euer Page sein.« –
»Ich danke, aber ich will von niemand bedient sein.«
– »Nicht einmal' von mir?« fragte der junge Mann mit einem so seltsamen Lächeln, daß der Reiter fühlte, wie die eisige Hülle schmolz, mit der er sein Herz zu umschließen versucht hatte.
»Ich wollte sagen, ich kann keinen Diener brauchen.«
– »Ja, ich weiß. Ihr seid nicht reich, Herr Ernauton von Carmainges.«
Der Reiter bebte, aber unbeirrt fuhr der Jüngling fort: »Auch ist keine Rede von Gehalt, Ihr sollt im Gegenteil hundertfach für die Dienste, die Ihr mir leistet, belohnt werden; ich bitte also, laßt mich Euch bedienen und bedenkt, daß der jetzt bittet, oft befohlen hat.« »Kommt,« sagte der Reiter, der dem Ton und der ihm eigenen Autorität nicht länger widerstehen konnte.
Der Jüngling reichte ihm die Hand, was sehr vertraulich für einen Pagen war; dann wandte er sich zu der uns schon bekannten Gruppe um und sagte:
»Ich komme hinein, das ist das Wichtigste; Ihr, Mayneville, sucht irgendwie dasselbe zu tun.«
»Damit ist noch nicht alles geschehen, daß Ihr hineinkommt,« erwiderte der Edelmann; »er muß Euch sehen.«
»Oh! seid unbesorgt, sobald ich dieses Tor im Rücken habe, wird er mich sehen.« – »Vergeßt nicht das verabredete Zeichen.«
»Zwei Finger auf den Mund, nicht wahr?« – »Ja; Gott helfe Euch!«
»Nun!« rief der Herr des Rappens, » Herr Page, entschließen wir uns?« – »Hier bin ich, Herr,« antwortete der junge Mann, und er sprang leicht auf das Kreuz hinter seinen Gefährten, der den fünf anderen Auserwählten nachfolgte, die eben damit beschäftigt waren, sich auszuweisen.
»Alle Wetter!« sagte Robert Briquet, der ihnen nachschaute, »das ist eine ganze Ladung von Gastognern, oder der Teufel soll mich holen!«
Revüe.
Die Kontrolle am Tore bestand darin, daß man die Hälfte einer Karte aus der Tasche ziehen und sie dem Offizier überreichen mußte, der sie mit einer andern Hälfte verglich, um zu sehen, ob die beiden Hälften ein Ganzes bildeten.
Der barhaupte Gaskogner näherte sich zuerst.
»Euer Name?« – »Mein Name?, Herr Offizier, er steht auf der Karte geschrieben, auf der Ihr noch etwas anderes sehen werdet.« »Gleichviel! Euer Name? Wißt Ihr Euren Namen nicht?« – »Doch wohl, ich weiß ihn, Cap de Bious! Und wenn ich ihn auch vergessen hätte, so könntet Ihr mir ihn sagen, da wir Landsleute und Vettern sind.«
»Euer Name? Tausend Teufel! Glaubt Ihr, ich habe hier Zeit mit Wiedererkennungen zu verlieren?« – »Schon gut. Ich heiße Perducas von Pincorney.«
»Perducas von Pincorney,« versetzte Herr von Loignac und las von der Karte ab: »Perducas von Pincorney, am 26. Oktober 1585, Schlag zwölf Uhr.«
»Porte Saint-Antoine,« fügte der Gaskogner bei, indem er seinen schwarzen, dürren Finger auf die Karte ausstreckte.
»Sehr gut! in Ordnung; tretet ein,« sagte Herr von Loignac, um jedes weitere Gespräch zwischen ihm und seinem Landsmanne kurz abzuschneiden. »Nun ist die Reihe an Euch!« sagte er zu dem Mann mit dem Panzer. »Eure Karte?«
»Wie, Herr von Loignac,« rief dieser, »erkennt Ihr nicht den Sohn Eures Jugendfreundes, den Ihr zwanzigmal auf Euren Knien geschaukelt habt?« – »Nein,«
»Pertinax von Montcrabeau, Ihr erkennt ihn nicht?« – »Wenn ich im Dienste bin, erkenne ich niemand, mein Herr. Eure Karte?«
Der junge Mann mit dem Panzer reichte seine Karte.
»Pertinax von Montcrabeau, am 26. Oktober, Schlag zwölf Uhr, Porte Saint-Antoine. Geht zu.«
Der dritte Gaskogner näherte sich; es war der mit der Frau und den Kindern.
»Eure Karte?«
Seine gehorsame Hand tauchte sogleich in eine kleine Weidtasche von Ziegenfell, die an seiner rechten Seite hing. Aber es war vergeblich. Belästigt durch das Kind, das er auf dem Arme trug, konnte er das Papier nicht finden.
»Was zum Teufel macht Ihr mit dem Kinde, Ihr seht wohl, daß es Euch hindert?« – »Es ist mein Sohn Scipio, Herr von Loignac.« »Nun! so setzt Euren Sohn auf die Erde.«
Der Gaskogner gehorchte, das Kind fing an zu heulen.
»Ah! Ihr seid also verheiratet?« – »Ja, Herr Offizier.«
»Mit zwanzig Jahren?« – »Man heiratet jung bei uns, Ihr wißt es wohl, Herr von Loignac, da Ihr mit achtzehn geheiratet habt.«
»Gut,« sagte Loignac, »das ist abermals einer, der mich kennt.«
Die Frau hatte sich mittlerweile genähert, und die an ihrem Rocke hängenden Kinder waren ihr gefolgt.
»Und warum sollte er nicht verheiratet sein?« fragte sie, indem sie sich aufrichtete und von ihrer sonngebräunten Stirn ihre schwarzen Haare strich, die der Staub des Weges wie einen Teig daran kleben ließ; »ist es in Paris aus der Mode gekommen zu heiraten? Ja, er ist verheiratet, und hier sind noch zwei Kinder, die ihn Vater nennen.«
»Ja, aber es sind nur die Söhne meiner Frau, Herr von Loignac, wie auch dieser große Junge, der hinten steht; tritt vor, Militor, und grüße Herrn von Loignac, unsern Landsmann.«
Ein junger Mensch von sechzehn bis siebzehn Jahren, kräftig, lebhaft und durch sein rundes Auge sowie durch seine Nase einem Falken ähnlich, näherte sich, die Hände in seinem Gürtel von Büffelleder; er war in eine gute Kasake von gestrickter Wolle gekleidet, trug auf seinen muskeligen Beinen eine Hose von Gemsleder, und ein sprossender Schnurrbart beschattete seine zugleich freche und sinnliche Lippe.
»Es ist Militor, mein Stiefsohn,