Auferstehung. Лев Толстой

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Auferstehung - Лев Толстой страница 34

Автор:
Серия:
Издательство:
Auferstehung - Лев Толстой

Скачать книгу

der That, zu Leuten hin zugehen, um sie zu langweilen . . . « dachte er von sich selbst. Und mit dem Willen, liebenswürdig zu sein, sagte er, daß er mit Vergnügen gehen werde, wenn die Fürstin empfange.

      »Ja, ja, maman wird sich sehr freuen. Rauchen können Sie auch dort. Iwan Iwanowitsch ist auch da . . . «

      Die Hausfrau, die Fürstin Sofja Wassiljewna, war eine liegende Dame. Sie lag in Gegenwart der Gäste bereits das achte Jahr in Spitzen und Bändern, mitten unter Samt, Vergoldung, Elfenbein, Bronze, Lack und Blumen, fuhr nicht mehr aus und empfing nur, wie sie zu sagen pflegte, »ihre Freunde«, das heißt alle die, die sich ihrer Meinung nach irgendwie vor dem Haufen auszeichneten. Nechljudow war in die Zahl dieser Freunde aufgenommen worden, weil er erstens für einen gescheiten jungen Mann galt, weil zweitens seine Mutter eine nahe Freundin der Familie gewesen war, und weil es drittens gut gewesen wäre, wenn er Missy geheiratet hätte.

      Das Zimmer der Fürstin Sofja Wassiljewna befand sich hinter dem großen und kleinen Salon. Im großen Salon blieb Missy, die Nechljudow voran gegangen war, entschlossen stehen und sah ihn, sich auf die Lehne eines vergoldeten Stühlchens stützend, an.

      Missy hatte große Lust, zu heiraten, und Nechljudow war eine gute Partie. Außerdem gefiel er ihr, und sie hatte sich an den Gedanken gewöhnt, daß er der Ihrige werden müßte. Nicht sie sollte die Seinige, sondern er der Ihrige werden. Und sie kam ihrem Ziel näher mit jener unbewußten, aber ausdauernden Schlauheit, wie sie bei Geistes kranken vorkommt.

      Sie redete ihn jetzt an, um ihn zu einer Erklärung zu veranlassen.

      »Ich sehe, daß Ihnen irgend etwas passiert ist . . . Was fehlt Ihnen?« sagte sie.

      Er dachte an seine Begegnung im Gericht, er rötete und wurde finster.

      »Ja, es ist etwas passiert . . . «, sagte er in der Absicht, aufrichtig zu sein. »Ein seltsames, ungewöhnliches und wichtiges Ereignis.«

      »Was war es denn? Können Sie mir nicht sagen, was es war?«

      »Nein, jetzt nicht. Gestatten Sie mir, es Ihnen zu verschweigen. Es ist etwas geschehen, das ich noch nicht Zeit gehabt habe, zu über denken«, sagte er und errötete noch stärker.

      »Und Sie werden es mir nicht sagen?« Eine Muskel ihres Gesichts erzitterte und die Prinzeß rückte mit dem Stuhl, an dem sie sich hielt.

      »Nein, ich kann es nicht . . . « antwortete er. Und er fühlte, daß die Antwort, die er ihr gegeben, auch eine Antwort für ihn selbst gewesen war, ein Zugeständnis, daß sich mit ihm wirklich etwas außerordentlich Wichtiges begeben hätte.

      »So wollen wir denn gehen.«

      Sie schüttelte den Kopf, als ob sie die unnötigen Gedanken verjagen wollte, und ging vorwärts mit rascheren Schritten als gewöhnlich.

      Es schien ihm, daß sie den Mund auf eine unnatürliche Weise zusammenpreßte, um die Thränen zurückzuhalten. Er schämte sich und es that ihm weh, daß er sie gekränkt hatte. Aber er wußte, daß die geringste Schwäche ihn zu Grunde richten, das heißt binden würde. Dieses aber fürchtete er heute vor allem. So folgte er ihr denn schweigend zum Kabinett der Fürstin.

      Siebenundzwanzigstes Kapitel.

      Die Fürstin Sofja Wassiljewna hatte ihr Mittagessen beendet, ein sehr feines und nahrhaftes Diner, das sie stets allein zu sich zu nehmen pflegte, damit sie niemand bei dieser unpoetischen Funktion sähe. Neben ihrer Couchette stand das Kaffeetischchen, und sie rauchte eine Pachitos.

      Die Fürstin Sofja Wassiljewna war eine magere, hohe, sich noch immer jung machende Brünette mit langen Zähnen und großen schwarzen Augen.

      Man sprach Übles über ihr Verhältnis zu dem Doktor. Nechljudow hatte früher nie daran gedacht. Heute aber geschah, daß er sich dessen nicht nur erinnerte, sondern auch ein Gefühl von unbezwinglichem Ekel bekam, als er neben ihrer Couchette den Arzt mit dem pomadisierten, glänzenden, geteilten Bart erblickte.

      Neben Sofja Wassiljewna am kleinen Tische saß auf einem niedrigen weichen Lehnstuhl Kolossow und rührte seinen Kaffee um. Auf dem Tische stand ein Gläschen Likör.

      Missy war mit Nechljudow zusammen bei der Mutter eingetreten, blieb aber nicht im Zimmer.

      »Wenn maman müde wird und Sie wegjagt, so kommen Sie zu mir«, sagte sie zu Nechljudow gewandt in einem solchen Tone, als wäre zwischen ihnen beiden nichts vorgefallen. Und mit einem heiteren Lächeln schritt sie lautlos über den dicken Teppich und verließ das Zimmer.

      »Nun, guten Tag, mein Freund, setzen Sie sich und erzählen Sie mir . . . « sagte die Fürstin Sofja Wassiljewna mit ihrem kunstvollen, verstellten, aber dem natürlichen vollständig ähnlichen Lächeln, welches ihre schönen langen Zähne entblößte, die so geschickt gemacht waren, als wären sie echt. »Ich höre, daß Sie aus dem Gericht in einer sehr trüben Gemütsverfassung zurückgekommen seien. Ich glaube, daß es für Leute von Herz sehr schwer sein muß . . . « sagte sie französisch.

      »Ja, das ist wahr«, erwiderte Nechljudow. »Man fühlt sehr oft seine Un . . . Man fühlt, daß man kein Recht hat, andere zu richten . . . «

      »Comme c’est vrai!« rief sie aus, als sei sie von der Wahrheit seiner Bemerkung frappiert. Wie immer, suchte sie auch jetzt ihrem Gegenüber zu schmeicheln.

      »Nun, und wie steht es denn mit Ihrem Gemälde? Ich interessiere mich dafür sehr«, fügte sie hinzu, »wäre ich nicht so leidend, so wäre ich schon längst bei Ihnen gewesen . . . «

      »Ich habe es ganz aufgegeben«, antwortete trocken Nechljudow, dem heute die Unwahrheit ihrer Schmeichelei ebenso offenbar war, wie ihr verheimlichtes Alter. Er konnte durchaus nicht die rechte Stimmung finden, um liebenswürdig zu sein.

      »Sehr unrecht von Ihnen. — Wissen Sie, unser berühmter Repin hat mir gesagt, daß er entschieden Talent habe«, wandte sie sich zu Kolossow.

      »Daß sie sich nicht schämt, so zu lügen!« dachte Nechljudow stirnrunzelnd.

      Nachdem die Fürstin sich überzeugt hatte, daß Nechljudow heute nicht bei Laune sei, und es unmöglich sein würde, ihn in ein angenehmes und interessantes Gespräch hineinzuziehen, wandte sie sich an Kolossow mit der Frage nach seiner Meinung über ein neues Drama. Sie that dieses in einem Ton, als ob die von Kolossow zu erwartende Meinungsäußerung jegliche Zweifel beseitigen, und als ob jedes Wort dieser Äußerung verewigt werden müßte.

      Kolossow verurteilte das Drama und sprach bei dieser Gelegenheit seine Ansichten über die Kunst aus. Die Fürstin zeigte sich von der Richtigkeit seines Urteils bewältigt, versuchte zwar den Autor des Dramas zu verteidigen, aber ergab sich sofort wieder, oder fand wenigstens eine vermittelnde Ansicht. Nechljudow sah und hörte zu, aber sah und hörte etwas ganz anderes, als was vorging.

      Indem er bald der Fürstin, bald Kolossow zu hörte, sah er erstens, daß sowohl die Fürstin, als auch Kolossow sich eigentlich weder für das Drama, noch für einander interessierten. Wenn sie sprachen, so thaten sie es nur dem physiologischen Bedürfnis zuliebe, nach dem Essen die Zungen- und Kehlmuskeln zu bewegen. Zweitens sah Nechljudow, daß Kolossow, der Schnaps, Wein und Likör getrunken hatte, bereits etwas betrunken war, nicht so betrunken, wie es die selten trinkenden Bauern zu sein pflegen, sondern so, wie es Leute sind, denen der Alkoholgenuß zum gewohnten Bedürfnis geworden ist. Kolossow

Скачать книгу