Ende gut, alles gut. William Shakespeare
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Bertram und Lafeu gehn ab.
HELENA.
Ach, wär's nur das! Des Vaters denk' ich kaum;
Und jener Großen Träne ehrt ihn mehr,
Als seiner Tochter Gram. – Wie sah er aus?
Vergessen hab' ich ihn; kein andres Bild
Wohnt mehr in meiner Phantasie als Bertram.
Ich bin verloren! Alles Leben schwindet
Dahin, wenn Bertram geht. Gleichviel ja wär's,
Liebt' ich am Himmel einen hellen Stern,
Und wünscht' ihn zum Gemahl; er steht so hoch!
An seinem hellen Glanz und lichten Strahl
Darf ich mich freun; in seiner Sphäre nie.
So straft sich selbst der Ehrgeiz meiner Liebe:
Die Hindin, die den Löwen wünscht zum Gatten,
Muß liebend sterben. O der süßen Qual,
Ihn stündlich anzusehn! Ich saß und malte
Die hohen Brau'n, sein Falkenaug', die Locken
In meines Herzens Tafel, allzu offen
Für jeden Zug des süßen Angesichts!
Nun ist er fort, und mein abgöttisch Lieben
Bewahrt und heiligt seine Spur. – Wer kommt? –
Parolles tritt auf.
Sein Reisefreund. – Ich lieb' ihn seinethalb,
Und kenn' ihn doch als ausgemachten Lügner,
Weiß, er ist Narr im Haufen, einzeln Memme:
Doch dies bestimmte Böse macht ihn schmuck
Und hält ihn warm, indes stahlherz'ge Tugend
Im Frost erstarrt. Dem Reichtum, noch so schlecht,
Dient oft die Weisheit arm und nackt als Knecht.
PAROLLES. Gott schütz' Euch, meine Königin!
HELENA. Und Euch, mein Sultan!
PAROLLES. Der? Nein! –
HELENA. Und ich auch nicht.
PAROLLES. Denkt Ihr über das Wesen des Jungfrauentums nach?
HELENA. Ja, eben. Ihr seid so ein Stück von Soldaten; laßt mich Euch eine Frage tun. Die Männer sind dem Jungfrauentum feind: wie können wir's vor ihnen verschanzen?
PAROLLES. Weist sie zurück!
HELENA. Aber sie belagern uns, und unser Jungfrauentum, wenn auch in der Verteidigung tapfer, ist dennoch schwach; – lehrt uns einen kunstgerechten Widerstand!
PAROLLES. Alles vergeblich; die Männer, sich vor euch lagernd, unterminieren euch und sprengen euch in die Luft.
HELENA. Der Himmel bewahre unser armes Jungfrauentum vor Minierern und Luftsprengern! Gibt's keine Kriegspolitik, wie Jungfrauen die Männer in die Luft sprengen könnten? –
PAROLLES. Läßt sich denn ein vernünftiger Grund im Naturrecht nachweisen, das Jungfrauentum zu bewahren? Verlust des Jungfrauentums ist vielmehr verständige Zunahme; und noch nie ward eine Jungfrau geboren, daß nicht vorher ein Jungfrauentum verloren ward. Das, woraus Ihr besteht, ist Stoff, um Jungfrauen hervorzubringen. Euer Jungfrauentum, einmal verloren, kann zehnmal wieder ersetzt werden; wollt Ihr's immer erhalten, so geht's auf ewig verloren; es ist ein zu frostiger Gefährte: weg damit!
HELENA. Ich will's doch noch ein wenig behaupten, und sollt' ich darüber als Mädchen sterben.
PAROLLES. Dafür läßt sich wenig sagen; es ist gegen die Ordnung der Natur. Die Partei des Jungfrauentums nehmen, heißt, seine Mutter anklagen; welches offenbare Empörung wäre. Einer, der sich aufhängt, ist wie solch eine Jungfrau: das Jungfrauentum gleicht einem Selbstmörder, und sollte an der Heerstraße begraben werden, fern von aller geweihten Erde, wie ein tollkühner Frevler gegen die Natur. Das Jungfrauentum brütet Grillen, wie ein Käse Maden, zehrt sich ab bis auf die Rinde und stirbt, indem sich's von seinem eignen Eingeweide nährt. Überdem ist das Jungfrauentum wunderlich, stolz, untätig, aus Selbstliebe zusammengesetzt, welches die verpönteste Sünde in den zehn Geboten ist. Behaltet's nicht; Ihr könnt gar nicht anders, als dabei verlieren. Leiht es aus, im Lauf eines Jahrs habt Ihr zwei für eins; das ist ein hübscher Zins, und das Kapital hat nicht sehr dadurch abgenommen. Fort damit!
HELENA. Was aber tun, um es anzubringen nach eignem Wohlgefallen?
PAROLLES. Laßt sehn! Ei nun, leiden vielmehr, um dem wohlzugefallen, dem es gefällt. Es ist eine Ware, die durchs Liegen allen Glanz verliert; je länger aufbewahrt, je weniger wert: fort damit, solange es noch verkäuflich ist. Nutzt die Zeit der Nachfrage! Das Jungfrauentum, wie eine welke Hofdame, trägt eine altmodische Haube, ein Hofkleid, dem keiner mehr den Hof macht; wie die Schleife am Hut und der Zahnstocher, die jetzt veraltet sind. – –
HELENA.
Nun warten tausend Liebsten deines Herrn,
Eine Mutter, – eine Freundin, – eine Braut, –
Ein Phönix, – eine Feindin und Monarchin, –
Göttin, und Führerin, und Königin,
Ratgeberin, Verräterin, und Liebchen,
Demüt'ger Ehrgeiz und ehrgeiz'ge Demut,
Harmon'sche Dissonanz, verstimmter Einklang,
Und Treu', und süßer Unstern; und so nennt er
'ne Unzahl art'ger, holder Liebeskinder,
Die Amor aus der Taufe hebt. – Nun wird er –
Ich weiß nicht, was er wird, – Gott send' ihm Heil;
Es lernt sich viel am Hof; und er ist einer –
PAROLLES.
Nun, was für einer?
HELENA.
Mit dem ich's gut gemeint; – und schade ist's, –
PAROLLES.
Um was? –
HELENA.
Daß unserm Wunsch kein Körper ward verliehn,
Der