Geliebter Wächter 2: Wolfsherz. Billy Remie
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Читать онлайн книгу Geliebter Wächter 2: Wolfsherz - Billy Remie страница 6
Cohen verspürte nun doch einen Anflug Nervosität. Er hob den Kopf und Bellzazar sah ihm ins Gesicht. »Dann kann ich gar nichts tun, um es zu verhindern? Es passiert einfach? Ich werde mich einfach an dem Leid anderer laben, bis ich kalt und unberechenbar werde?«
»Doch, du kannst etwas tun, ich werde dich lehren, das Leid auszuschließen oder es zumindest in dir einzuschließen, statt dich daran zu weiden.« Seine Wolfsaugen begannen tiefblau zu schimmern und erweckten eine Anziehungskraft, die stärker war als jedes warme Leuchten in tiefster, kalter Dunkelheit. »Ich werde mich um dich kümmern.«
Und Cohen hegte keinen Zweifel daran. Nicht seit … Sein Blick fiel auf die Narbe, die sich über die Brust des Wolfes schlängelte. Es wuchs kein Fell dort, weil die Narbe zu frisch war.
Auch Cohen konnte seine Narbe noch spüren, sie spannte und erinnerte immer wieder an das, was geschehen war.
Als könnte er es je vergessen, dachte er bei sich.
»Zazar!« Der panische Ruf durchhallte das gesamte Traumreich. Cohen riss den Kopf hoch, die wunderschöne Stimme schien von überall und nirgendwo herzukommen. Als würde sie über ihnen schweben, wie ein Gott, der aus dem Himmelsreich zu ihnen hinab rief. So fern lag er mit seinem Vergleich nicht, denn er kannte die Stimme.
Bellzazar bog den Kopf, als würde er lauschen.
»Zazar!«, brüllte Korah erneut.
Cohen stand auf und sah sich im Gebirge um, doch es war leer, nicht einmal ein Tier war in den bewaldeten Berghängen auszumachen.
»Korah«, sagte Bellzazar zu ihm, »er ist in unser Zimmer gestürmt.« Dann lauschte er wieder und blickte gen Himmel, als könnte er Korah beobachten, doch als Cohen den Kopf in den Nacken legte sah er nur weiße, flauschige Wolken.
»Bellzazar! Vater!« sie lauschten der angespannten Pause. »Cohen!« Cohen war es, als rüttelte ihn jemand, wobei das Gefühl seltsam … fern war. Wie ein Windhauch unter der Kleidung. »Ihr müsst aufwachen«, rief Korah aufgebracht. »Zazar, du musst sofort kommen, es ist etwas Schlimmes passiert!«
Cohen sah nervös zu Bellzazar. Der Wolf schloss die Augen und gab ein tierisches Murren von sich.
»Ich glaube, es ist an der Zeit, aufzuwachen.«
Kapitel 3
Der nächste Donner ließ ihn zusammenzucken. Das Zimmer war stockdunkel, aber draußen tobte ein wütender Sturm, laut und bedrohlich, wie ein Ungeheuer, das über die Burg gekommen war und alles unter sich zermalmen wollte.
Mit großen angstgeweiteten Augen zog der Junge im Bett die purpurne Samtdecke über die Nase und rutschte tiefer in die vielen Kissen. Er konnte den Blick nicht von dem Fenster nehmen, durch das trotz der schweren Vorhänge das Licht der Blitze durchzuckte. Es warf grässliche Schatten durch einen Schlitz in dem zugezogenen Stoff, die Drachenstatuen und knorrigen Bäume aus dem Garten zeichneten immer wieder kurzweilen Monster auf die Wände in seinem Gemach. Große Monster mit Klauen und Reißzähnen, die sich über dem Bett aufbäumten und sich auf ihn werfen wollten.
Der Junge hatte schreckliche Angst und kroch beim nächsten Blitz, der einen dämonischen Schatten in sein Zimmer warf, mit einem panischen Laut aus seinem übergroßen Bett.
Er versteckte sich unter der Matratze, doch das brachte nichts, seine Angst hatte so beharrlich wie ein Monster die Krallen in ihn geschlagen. Ihm ging es nicht gut, ihm war übel und er hatte bereits seit dem Einschlafen schlimme Alpträume. Aber er hatte nicht gewagt, nach seinem Vater zu rufen. Der tobende Sturm jagte ihn jedoch solche Furcht ein, dass er keinen Augenblick länger glaubte, allein sein zu können, ohne panisch los zu kreischen.
Die Angst übermannte ihn und ließ ihn mit Tränen in den Augen aus dem großen, leeren, beängstigen Gemach flüchten. Doch als er die Tür zum hell erleuchteten Gang öffnete, drehte er sich noch einmal um, rannte auf nackten Sohlen zum Bett und schnappte sich ein Kissen – als Waffe oder nur zum Trost – und rannte dann hinaus, dem warmen Licht der Fackeln entgegen, die die ganze Nacht in den Fluren der Festung brannten.
Im Licht beruhigte sich sein rasender Herzschlag etwas, aber noch immer fürchtete er sich. Der Donner grollte über die nackten Wände, der Berg, auf dem die Festung stand, schien zu beben, es krachte und splitterte bei beinahe jedem Blitz, mal nah, mal fern. Die Wachhunde bellten und der Regen setzte überlaut ein, wie unheilvolle Trommeln, die immer schneller schlugen.
Er wollte nicht allein sein, seine kindliche Angst saß zu tief und er sehnte sich nach dem Schutz und der Wärme seiner Eltern.
Er rannte natürlich zuerst den Flur entlang zur Turmtreppe und hinauf zur Tür seiner Mutter. Natürlich eilte er zu seiner Mutter, wie es vermutlich jeder Junge getan hätte. Mit dem Kissen an der Brust, das fast so groß war wie er, blieb er jedoch unschlüssig stehen, statt zu klopfen. Er drehte langsam den Kopf über die winzige Schulter und blinzelte. Im Turm des Hexenzirkels war es finster, kalt und grabesstill, sodass der Donner noch lauter hallte als in seinen Gemächern. Die Blitze stachen durch die Buntglasfenster, als wollten sie dem Ungeheuer, das über die Festung gekommen war, den Standort des Jungen preisgeben.
Panisch wollte er in das Zimmer seiner Mutter stürmen, doch wie immer rannte er nur gegen eine verschlossene, schwere Tür. Sie öffnete auch nicht, als er mit einer Hand aufgebracht gegen die Tür schlug und nach ihr rief. Tränen rannen über seine zarten Wangen, aber seine Mutter erhörte seinen Ruf nicht.
Das hatte sie nie, sie brauchte Ruhe, um ihre Kräfte aufzufüllen, deshalb durfte er niemals nachts zu ihr ins Bett kriechen. Er sei ein Junge und müsse lernen, seine Angst zu besiegen. Trotzdem führte sein kindliches Herz ihn immer wieder zuerst zu ihr.
Der Turm wirkte bedrohlich, verlassen, der Junge kam sich unerwünscht vor, einsam. Wieder ließ ihn die Angst rennen, dabei stolperte er beinahe die Treppe des Turms hinab. Als er dieses Mal in das Licht der Flurfackeln tauchte, beruhigte er sich nicht. Aus irgendeinem unbestimmten Grund hatte er plötzlich Angst, ganz allein zu sein. Dass ihn seine Familie verlassen hätte. Dass seine Mutter vielleicht gar nicht in ihrem Zimmer war, sondern verschwunden, und sie deshalb nicht öffnete. Vielleicht waren sie vor dem Unwetter geflohen und hatten ihn vergessen. Furcht ließ ihn weinen und schneller laufen. Es war still, zu still, und die Festung wirkte bei Nacht noch riesiger und verwirrender als je zuvor. Er war drauf und dran, sich unter einer Fackel zusammen zu kauern und nach einer Wache zu rufen, die nachts die Treppenaufgänge bewachten.
Doch bevor seine Furcht ihn gänzlich übermannte, schafften es seine zitternden Beine, ihn zu der Tür seiner Väter zu tragen.
Sie war geschlossen, das wunderte ihn, sie war niemals geschlossen, sondern immer nur angelehnt. Aber eine Flut anheimelnden Lichts sickerte durch den Türspalt hervor. Er atmete erleichtert auf, er war nicht allein, seine Familie hatte ihn nicht einfach mitten in der Nacht verlassen.
Mit tränennassen Wangen stampfte er in kindlicher Manier auf die Tür zu und drehte den Knauf ohne zu klopfen.
»Vater…?«, begann er mit leiser, heller Stimme und spähte in den Raum hinein.
Das Kaminfeuer brannte wie frisch entzündet, überall standen Kerzen und fluteten den Raum, und die Samtvorhänge waren fest verschlossen. Natürlich waren sie das, seine Väter schlossen die Vorhänge immer richtig, es war die Frau, die ihm das Leben geschenkt hatte, die sie immer nur nachlässig zuzog, sodass das Mondlicht