Das Geheimnis von Cloomber Hall. Arthur Conan Doyle
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Читать онлайн книгу Das Geheimnis von Cloomber Hall - Arthur Conan Doyle страница 3
»Was soll das heißen, Mc. Neil?« würgte er mit erstickter Stimme heraus. »Ist das Ihr Versprechen? Was bedeutet dies?«
»Ruhig Blut, Herr General, nur ruhig Blut!« antwortete der fette, kleine Agent beschwichtigend, als ob er zu einem Kinde spräche. »Dies ist nur der junge Herr Fothergill West aus Branksome. Es ist mir freilich nicht recht klar, weshalb er gerade heute abend hier ist. Da Sie aber sowieso Nachbarn sein werden, lassen Sie mich die Gelegenheit benutzen, Sie gleich miteinander bekannt zu machen: Herr West – Herr General Heatherstone. Der Herr General ist der zukünftige Pächter von Cloomber-Hall.«
Ich hielt dem General meine Hand hin, die er zögernd, halb widerstrebend, ergriff.
»Ich kam herüber,« erklärte ich, »weil ich Licht hinter den Fenstern scheinen sah und fürchtete, daß am Ende hier etwas nicht in Ordnung sei. Ich freue mich jetzt, es getan zu haben, da es mir Gelegenheit geboten hat, Ihre werte Bekanntschaft zu machen, Herr General!«
Während ich sprach, bemerkte ich, daß der neue Bewohner von Cloomber-Hall mich genau beobachtete. Als ich schwieg, streckte er seinen langen zitternden Arm aus und drehte die Wagenlaterne so, daß das Licht voll auf mein Gesicht fiel.
»Gütiger Himmel, Mc. Neil,« rief er wie vorhin, »der Kerl ist ja so braun wie Schokolade! Das ist doch kein Engländer! Sind Sie ein Engländer, mein Herr?«
»Ich bin ein geborener Schotte!« erwiderte ich. nur durch die große Aufregung meines neuen Freundes verhindert, in Lachen auszubrechen.
»Ein Schotte also?« sagte er, wie von einem Alp befreit. »Na, das ist heutzutage dasselbe. Sie werden mir's nicht übelnehmen, Herr West. Ich bin nervös, verteufelt nervös! Vorwärts, Mc. Neil, wir müssen in einer Stunde wieder in Wigtown sein. Gute Nacht, meine Herren, gute Nacht!«
Beide sprangen in das Gefährt, der Verwalter knallte mit seiner Peitsche, und der Wagen rollte durch die Dunkelheit davon, glänzende Lichtkegel nach beiden Seiten werfend, bis das Gerassel der Räder endlich in der Ferne verhallte.
»Nun was denkst du von unserem neuen Nachbar, Jameson?« fragte ich, um das lange Stillschweigen zu brechen.
»Wahrhaftig, Herr West, mir scheint's, als ob er recht hätte. Er ist verdammt nervös. – Vielleicht hat er ein schlechtes Gewissen!«
»Eine schlechte Leber eher!« erwiderte ich. »Er sieht aus, als ob er seiner Gesundheit übel mitgespielt hätte. Aber es wird jetzt kalt, mein Junge, und es ist die höchste Zeit, daß wir nach Hause kommen.«
Ich wünschte meinem Begleiter gute Nacht und trabte über das Heideland nach Branksome zu, von woher mir schon von weitem das gastliche Licht des Wohnzimmers entgegenstrahlte.
Drittes Kapitel.
Wie sich leicht denken läßt, rief die Neuigkeit, daß das Schloß wieder bewohnt werden sollte, große Aufregung im Dorfe hervor, und zahllos waren die Hypothesen und Vermutungen, die von den Klatschbasen männlichen und weiblichen Geschlechts aufgestellt wurden, weshalb die Heatherstones sich gerade diesen weltabgelegenen Winkel zum Wohnplatz erwählt hätten. Daß die letzteren nicht etwa für eine kurze Zeit hier zu verweilen gedachten, wurde bald klar; denn Scharen von Handwerkern kamen von Wigtown herüber, und des Hämmerns, Sägens, Klapperns war kein Ende von Tagesanbruch bis spät in die Nacht hinein. Mit überraschender Schnelligkeit verschwanden die Spuren, die Wind und Wetter an den Wänden hinterlassen hatten, und ehe man sich 's versah, stand das alte Haus wieder frisch und freundlich da, als ob es eben erst erbaut wäre. Man konnte sehen, daß es dem General auf Geld nicht ankam und daß Not sicher nicht der Grund seiner Flucht aus der großen Welt war.
»Es ist möglich, daß er ein Gelehrter ist,« sagte mein Vater eines Morgens beim Frühstück, »und daß er sich diesen wildeinsamen Fleck Erde ausgesucht hat, um irgendein magnum opus zu beendigen. In dem Falle würde ich ihm mit Vergnügen meine Bibliothek zur Verfügung stellen.«
Esther und ich mußten uns das Lachen verbeißen, als er in solch großartiger Weise von seinen zwei Kartoffelsäcken mit Büchern sprach.
»Wohl möglich,« erwiderte ich, »aber während unseres kurzen Interviews machte er kaum den Eindruck eines Literaten auf mich. Mir kommt es eher vor, als ob er irgendeiner chronischen Krankheit halber von seinem Arzte hierher geschickt wäre. Wenn du seine wildstarrenden Augen und nervös zuckenden Finger gesehen hättest, würdest du selber zugeben, daß er der Erholung im höchsten Grade bedürftig ist!« –
»Mich soll nur wundern, ob er eine Frau und Familie hat,« meinte meine Schwester. – »Arme Seelen! Wie entsetzlich einsam werden sie sein! Es gibt ja außer uns im Umkreise von sieben Meilen und mehr keine Familie hier, mit der sie verkehren könnten!«
»General Heatherstone ist ein berühmter Offizier!« warf mein Vater ein.
»Nanu, Papa; was weißt du denn von ihm?«
»Ja, seht ihr,« lachte mein Vater, »da witzelt ihr über meine Bibliothek, und doch kann die zuweilen sehr nützlich sein.« Er langte ein rot eingebundenes Folio von seinem Bücherbrett herunter und blätterte darin herum. »Dies ist das ostindische Armeeregister für die letzten drei Jahre,« erklärte er, »und hier haben wir den Herrn, den wir suchen. J. B. Heatherstone, Oberst a. D. der ostindischen Armee, einundvierzigstes bengalisches Regiment zu Fuß, als Generalmajor pensioniert. Erstürmung von Ghuznee, Verteidigung von Jellalabad, Sobrasu 1848, Sepoy-Aufstand und Einnahme von Oudh. Fünfmal in offiziellen Telegrammen erwähnt. – Wir haben guten Grund, auf unseren neuen Nachbarn stolz zu sein, denke ich.«
»Es steht nicht darin, ob er verheiratet ist, nicht wahr?« fragte Esther.
»Nein!« schmunzelte mein Vater, über seinen eigenen Humor entzückt und behaglich mit dem Kopfe wackelnd. »Ich kann es unter der Rubrik ›Waghalsige Unternehmungen‹ nicht finden, obwohl es eigentlich dorthin gehört.«
Alle unsere diesbezüglichen Zweifel wurden jedoch bald zerstreut, denn als ich an demselben Tage, an welchem die Ausbesserung und Ausstattung des alten Schlosses beendet war, zufällig Gelegenheit hatte, nach Wigtown zu reiten, traf ich auf dem Wege den General, der mit seiner Familie nach Cloomber fuhr. Eine ältliche Dame von abgezehrtem und kränklichem Aussehen saß an seiner Seite, und beiden gegenüber neben einem jungen Burschen von ungefähr meinem Alter ein Mädchen, das ein paar Jahre jünger zu sein schien. Ich grüßte und wollte gerade vorbeireiten, als der General seinen Kutscher halten ließ und mir seine Hand entgegenstreckte. Ich konnte jetzt sehen, daß sein Antlitz, obwohl es hart und finster war, doch auch freundliche Züge aufzuweisen hatte.
»Wie geht's, Herr West?« rief er. »Ich muß mich noch wegen meines barschen Benehmens von neulich abend entschuldigen. Sie werden es aber einem alten Soldaten, der sein ganzes Leben lang im Geschirr zugebracht hat, wohl nicht übelnehmen. Sie müssen jedenfalls zugeben, daß Sie für einen Schotten eine sehr dunkle Gesichtsfarbe haben!«
»Wir haben spanisches Blut in unseren Adern,« erwiderte ich, obwohl es mir unerklärlich war, weshalb er auf diesen Punkt zurückkam.
»Das ist wahrscheinlich die Ursache,« bemerkte er, um dann zu seiner Frau gewendet fortzufahren: »Meine Liebste, darf ich dir Herrn Fothergill West vorstellen? Dies ist mein Sohn und meine Tochter. Wir sind hierher gekommen, um Ruhe zu finden, Herr West, vollkommene Ruhe!«
»Einen besseren Platz hätten Sie sich dazu nicht aussuchen können,« sagte ich.
»Meinen