Die Steppe. James Fenimore Cooper
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Erst einen vorsichtigen und fast verdachtvollen Blick nach allen Seiten werfend, näherte der Grenzwohner und sein Gefährte sich dem kleinen Wagen und brachten ihn ganz auf dieselbe Art wieder unter das Tuch, wie sie ihn den vorhergegangenen Abend herausgebracht hatten. Sie verschwanden dann Beide hinter der Decke, und viele Minuten voll Erwartung gingen vorüber, während welchen der alte Mann, von brennendem Verlangen getrieben, die Ursache dieses geheimmßvollen Betragens zu erfahren, sich unmerklich dem Orte näherte, bis er wenige Schritte von der verbotenen Stelle stand. Die Bewegung des Tuchs verrieth die Art der Beschäftigung derer, welche es verbarg, obgleich ihre Arbeit mit der äußersten Stille vor sich ging. Lange Uebung schien Beide mit dem besondern Theil ihrer Arbeit vertraut gemacht zu haben; denn weder Zeichen noch Anweisung irgend einer Art war von Ismael's Seite nöthig, um seinem erfahrnen Gefährten die Weise anzudeuten, wie er verfahren müsse.
In weniger Zeit, als die Erzählung davon wegnahm, ward der innere Theil der Vorkehrung vollendet, und die Männer erschienen außerhalb des Zeltes. Zu beschäftigt mit seiner Arbeit, um die Gegenwart des Streifschützen zu bemerken, begann Ismael, das Tuch am Boden loszumachen und es auf solche Art um das Fuhrwerk herumzuwinden, daß es eine luftige Decke für die neue Art von Zelt bildete, das jetzt daraus entstanden war. Die gewölbte Spitze zitterte bei den gelegentlichen Bewegungen des kleinen Wagens, welcher, wie man nun deutlich merkte, seine geheimnißvolle Last wieder aufgenommen hatte. Gerade als die Arbeit vollbracht war, fiel das finstere Auge von Ismael's Begleiter auf den aufmerksamen Beobachter aller ihrer Bewegungen. Er ließ die Deichsel wieder fallen, die er schon vom Boden aufgehoben hatte, um die Stelle einzunehmen, die sonst von einem weniger vernünftigen, aber auch weniger gefährlichen Wesen ausgefüllt ward, und rief wild:
„Ich will ein Narr sein, wie Ihr oft sagt! Aber seht euch vor: wenn dieser Mann nicht unser Feind ist, will ich Vater und Mutter entehren, mich einen Indianer nennen und mit den Sioux jagen!"
Die Wolke, wenn sie schnellen Blitz senden will, ist nicht dunkler und drohender, als der Blick, womit jetzt Ismael den Zudringlichen begrüßte. Er warf sein Auge um sich, als suche er ein hinlänglich schreckliches Werkzeug, um den strafbaren Streifschützen mit einem Streich zu vernichten; dann, vielleicht sich erinnernd, er könne seines Raths ferner bedürfen, bezwang er sich und sagte mit einer Mäßigung, die ihn fast erstickte:
„Fremder, ich dachte, solches Einschleichen in die Geheimnisse Anderer sei nur Sache der Weiber in den Städten und Ansiedelungen, nicht die Art, wie Männer, die gewohnt sind, an Orten zu leben, wo Jeder für sich Raum genug hat, mit den Geheimnissen ihrer Nachbarn umgehn. Welchem Gesetzmann oder Sherif seid Ihr gesonnen, Eure Entdeckungen zu verkaufen?"
„Ich habe nur wenig mit Richtern zu thun, Einen ausgenommen, und mit dem sprech' ich von meinen Angelegenheiten," erwiederte der alte Mann ohne die geringste merkbare Furcht und deutete feierlich nach oben. „Ein Richter — und Ein Richter über Alles. Der braucht meine Nachricht wenig; wenig wird Euch Euer Verlangen helfen, Etwas, selbst in dieser Wüste, vor ihm geheim zu halten."
Die erzürnten Gemüther seiner unbändigen Zuhörer wurden durch diese einfache, feierliche Art des Streifschützen besänftigt. Ismael stand finster und gedankenvoll, während sein Begleiter einen verstohlnen, unwillkührlichen Blick nach dem Himmel warf, der sich so weit und heiter über ihren Häuptern wölbte, als erwarte er, des Allmächtigen Auge selbst aus der Himmelsdecke hervorstrahlen zu sehen. Aber Eindrücke ernsthafter Art dauern selten bei Gemüthern, die sich lange hingegeben leichtsinniger Vergessenheit. So währte auch das Zögern des Grenzwohners nur kurze Zeit. Aber die Sprache sowohl, als das feste, gesammelte Betragen des Sprechenden trug doch viel dazu bei, für die Folge Mißhandlung und Gewaltthätigkeit abzuwenden.
„Es würde weit mehr Treue eines Freundes und Gefährten gezeigt haben," erwiederte Ismael in hinlänglich finsterm Ton, um seinen Unwillen zu verrathen, obwohl er nicht mehr drohend war, „hätte Eure Schulter sich an das Rad eines jener Wagen gestemmt, statt daß sie sich hier hereinschleicht, wo Niemand nöthig ist, als wer gerufen wird."
„Ich kann die geringe, mir übrig gebliebene Kraft eben so gut an diesem, als an einem andern von Euren Wagen anwenden."
„Haltet Ihr uns für Knaben!" rief Ismael, und lachte halb im Grimm, halb aus Verachtung, während er zugleich seine mächtige Kraft an dem kleinen Wagen versuchte, der über das Gras, wie es schien, ganz so leicht hinrollte, als ob er von seinem gewöhnlichen Gespann gezogen würde.
Der Streifschütz stand und folgte mit dem Auge dem abgehenden Wagen, voll Verwunderung über seinen verborgenen Inhalt, bis auch er den Gipfel der Anhöhe erreicht hatte, und nun ebenfalls hinter der Unebene des Landes verschwand. Dann wandte er sich und staunte über die Verlassenheit der Gegend um ihn. Der Mangel jeder menschlichen Gestalt würde kaum eine Empfindung in dem Busen eines Mannes erregt haben, der seit so langer Zeit an Einsamkeit gewöhnt war, hätte nicht die Stelle des verlassenen Lagers so starke Rückerinnerungen an die, welche es eben noch eingenommen, und an ihre Verwüstungen, wie der alte Mann bald entdeckte, dargeboten. Er warf das Auge mit einem bedenklichen Kopfschütteln aufwärts nach dem leeren Raum am Himmel, der kurz vorher noch von den Aesten der Bäume bedeckt worden war, welche, jetzt ihrer Grüne beraubt, werthlose verworfene Stämme, zu seinen Fußen lagen.
„Ach!" murmelte er bei sich, „ich hätt' es mir denken können! Oft hab' ich dasselbe vorher gesehen, und doch bracht' ich sie selbst an den Ort, und habe sie jetzt wieder an eine ähnliche Stelle gewiesen, manche lange Meile von hier, wo ich stehe. So ist des Menschen Wunsch, dies ist sein Stolz, seine Verwüstung, seine Sündigkeit. Er zähmt die Thiers des Feldes, seine eiteln Bedürfnisse zu nähren, und hat er das Vieh seiner natürlichen Bedürfnisse beraubt, lehrt er es, die Erde ihrer Bäume zu entblößen, um seinen Hunger zu stillen."
Ein Geräusch in dem niedern Gebüsch, das noch in einiger Entfernung längs des Gehölzes wuchs, woran sich Ismael's Lager gelehnt hatte, traf jetzt sein Ohr und machte dem Selbstgespräch ein Ende. Die Gewöhnung so vieler ihm in der Wildniß vorübergegangenen Jahre machte, daß der Greis seine Flinte richtete, und - zwar mit einer Leichtigkeit und Schnelle, die an seine Jugend erinnerte; aber plötzlich besann er sich, nahm die Waffe lässig in den Arm, und seine frühere trauernde Beschauung trat wieder ein:
„Komm hervor, hervor!" sagte er laut, „Vogel oder Vieh, bist sicher vor diesen alten Händen; ich hab' gegessen und getrunken; warum sollt' ich ein Leben nehmen, wenn mein Bedürfniß ein solches Opfer nicht erheischt. Nicht lange wird's währen, und die Vögel werden picken nach den Augen, die nicht mehr sehen, und werden sitzen auf diesen Gebeinen; denn ist alles dies nur gemacht, um zu vergehen, warum sollt' ich erwarten, immer zu leben? Komm hervor, hervor; bist sicher vor Leid, schwach sind diese Hände."
„Dank Euch für Eure guten Worte, alter Streifschütz," rief Paul Hover und sprang schnell aus seinem Versteck hervor. „Ihr stelltet Euch so, als Ihr das Gewehr vorhieltet, wie ich's gar nicht liebte; denn es schien, als wolltet Ihr sagen, Ihr wäret Herr über alle Bewegungen."
„Recht, recht," rief der Streifschütz, und lächelte mit innerem Selbstbehagen bei der Rückerinnerung an seine frühere Geschicklichkeit. „Es gab eine Zeit, wo wenige besser als ich die Tugenden einer langen Flinte kannten, wie ich sie hier führe, so alt und nutzlos ich auch jetzt scheine. Ganz recht, junger Mann, und es gab eine Zeit, wo es gefährlich gewesen, ein Blatt, so daß ich's hören konnte, zu bewegen, oder —" hier dämpfte er die Stimme und ward ernst — „für einen rothen Mingo, aus seinem Versteck einen Augapfel zu zeigen; Ihr habt von den rothen Mingo's gehört?"
„Von Mink's hörte ich,“ sagte