Magisches Kompendium - Voodoo - Theorie und Praxis. Frater LYSIR
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D. h. also, dass es selbstverständlich KEINEN Katalog der Strafen gibt, aber gleichzeitig doch unendlich viele kulturelle Regelungen. Diese greifen gerade dann, wenn es um Bereiche der Natur geht, wenn es um spezifische Bäume geht. Natürlich sind es heilige Bäume. Und wenn man hier nicht aufpasst, wenn es darum geht, irgendwelche Bäume zu fällen, könnten anschließende Exorzismen die letzte Rettung sein. Da hier der Affenbrotbaum (Baobab) und der Iroko (Milicia) als heilig angesehen werden, in Europa sind hier zum Beispiel die Eiche, die Buche, aber auch die Esche als heilige Bäume zu nennen, manchmal auch die Linde, da „unter den Linden“ auch manchmal Gerichtsverhandlungen stattgefunden haben, ist es ein echtes Verbrechen, wenn solche Bäume gefällt werden. Wenn man also irgendein Bauprojekt forcieren will, und hierzu müssten dann Affenbrotbäume oder auch Irokobäume gefällt werden, dann muss man zwingend weit, weit, weit, sehr weit im Vorfeld ein Orakel befragen, ob dies überhaupt „möglich“ sein wird, sein darf. Und wenn das Orakel dies verneint, gibt es keine Diskussion. Entweder lässt man die Bäume stehen, und baut drumherum, oder man fällt die Bäume und wird sich den Zorn der Geister reservieren. Tja, für profitgeile Europäer oder Asiaten ist dies irrelevant, doch für die Bauarbeiter, die dann ja meist aus der Umgebung kommen, ist dies sehr relevant. Natürlich sind die Menschen immer individuell, man kann nicht einfach pauschal sagen, dass dann sofort alle einheimischen Menschen die Flucht ergreifen würden. Man kann sich aber sicher sein, wenn dann wirklich Unglücke auf der Baustelle geschehen, dass dann die Geister dafür verantwortlich sind, und dass definitiv einige Menschen diese Baustelle verlassen würden – Bezahlung hin, Bezahlung her. Glaube ist machtvoll. Dieser Glaube bezieht sich auch darauf, dass die verschiedenen Loas sehr spezielle Charaktere sind, und auf der einen Seite auch Menschen leiden und Menschen hassen können. Tja, und wenn ein Vodun / Loa / Iwa einen der heiligen Bäume bewohnt, und irgendein Mensch würde diesen heiligen Baum fällen, dann kann man sich an einem Daumen abzählen, ob dieser Mensch dann geliebt oder gehasst wird. So sind die Vodun / Loas / Iwas immer allgegenwärtig, sie leben mit den Menschen, sie teilen sich den Lebensraum, sind aber nicht unbedingt immer in der gleichen Dimension, sodass man sagen kann, dass sie in einer parallelen Existenz vorhanden sind, sodass sie mit einem Bein in der Realität stehen, und mit dem anderen Bein in den kosmischen Weiten, wo sie eben auch Kontakt zur Schöpfergottheit aufnehmen können. Eine Schöpfergottheit! Es mag ein wenig verwundern, dass bei einem primären Glauben eines Animismus, also eine All-Beseeltheit der Natur, sodass das Göttliche in allen Dingen ist, in jeder Zelle, in jedem Atom, immer und überall, es dennoch einen autarken Schöpfer gibt. Diesen autarken Schöpfer gibt es im haitianischen Voodoo, und auch in den verschiedenen Voodooarten Westafrikas. Alle glauben an den Animismus, alle glauben aber auch an ein übergeordnetes göttliches Prinzip.
Hierbei muss man aber auch sofort wieder im Hinterkopf behalten, dass das haitianische Voodoo klare und sehr deutliche Unterschiede zum afrikanischen Voodoo besitzt, sodass man sich hier eben die sozialen und kulturellen „Dorfstrukturen in Afrika“ anschauen muss, wie auch die sozialen und kulturellen „Stadtstrukturen in Haiti“. Es gibt hier eben doch sehr große Unterschiede. Diese ganzen Unterschiede beziehen sich selbstverständlich erst einmal auf die religiösen, gleichzeitig aber auch auf die magischen Entwicklungen in der Voodoo-Religion. Die verschiedenen Entwicklungen der einzelnen Stämme, Sippen und sogar Familien müssen stets berücksichtigt werden, wenn man eben auch die magische Komponente der Voodoo-Religion begreifen will. Es gibt verschiedene Voodoo-Familien, es gibt verschiedene Voodoostämme, es gibt auch Voodoodörfer, es gibt Voodooethnien, und auch wenn hier überall die Vodun / Loas / Iwas verehrt werden, gibt es auch überall ein übergeordnetes Schöpfungsprinzip. Dies ist im Übrigen einer der wenigen roten Fäden in der Voodoo-Religion, denn wie schon gesagt, eine ganz klare Definition über die Religion Voodoo, ist hier einfach nicht möglich, da sie zu weit gestaffelt, zu individuell, zu flexibel und zu zeitorientiert ist. Wenn man will, kann man sagen, dass Voodoo mit dem Animismus beschrieben werden kann, sodass alles in der Natur beseelt ist. Ja, kann man sagen. Man kann aber auch sagen, dass Voodoo monotheistisch ist, und über eine Schöpfergottheit verfügt. Kann man auch sagen! Man kann aber auch einfach sagen, Voodoo ist Voodoo! Ende! Alle weiteren Erklärungen sind hinfällig, da man Voodoo für sich selbst definieren kann und definieren muss, wenn man in diesem Arbeitsbereich, in diesem Paradigma agieren kann und agieren will.
Doch wenn ich jetzt schon so oft von diesen ominösen Schöpfergottheiten berichtet habe, will ich diese doch auch einmal aufzählen. Ähm … Schöpfergottheiten? Wieso denn Mehrzahl? Gibt es nicht nur DEN Schöpfergott? Tja, in einem normalen Monotheismus bestimmt, im Voodoo ist es schon wieder anders. Ja, Religion ist wirklich nicht einfach, Voodoo ist wirklich nicht einfach, Religion verursacht Hirnknoten, Voodoo verursacht Hirnknoten, Religion verursacht Chaos, Voodoo verursacht Chaos, und dies alles kann letztlich auch zu Streitereien, Ideen, Möglichkeiten, Philosophien und Evolutionsmechanismen führen. Und genau diese Möglichkeiten, diese Ideen, diese Philosophien, diese Sprungbretter der Evolution können beleuchtet werden, wenn man die Schöpfungsgottheiten ideologisch und nicht rein religiös betrachtet. Durch diese ideologische Betrachtung kann man die Voodoo-Religion als eine Art Netzwerk der Natur verstehen, sodass die Natur akzeptiert, respektiert wird, da die Natur eben alles ist, und hier auch das göttliche direkt beobachtet werden kann. Daher wird manchmal das Wort Voodoo ganz einfach mit „übernatürliches Wirken“, „feinstoffliche Kraft“ oder auch „göttliche Power“ gleichgesetzt, beschrieben, übersetzt, versinnbildlicht, oder auch einfach nur etikettiert. Etikettiert?
Voodoo ist als Religion nicht so greifbar, wie zum Beispiel das Christentum, der Islam oder das Judentum. Genau deswegen passt es, dass der menschliche Intellekt hier manchmal eine Etikettierung durchführt, um überhaupt zu begreifen, dass das eine die Voodoo-Religion ist, dass andere das Voodoo-Leben, und das nächste die Voodoo-Magie. Es geht um die Natur, es geht eher um den Animismus, es geht um die göttliche Kraft, die immer und überall vorhanden ist. Das ist die Energie des Voodoo, und diese Energie manifestiert sich in den Vodun / Loas / Iwas. Doch diese Energie, dieses Wirken, diese Kraft, diese Power ist für den Menschen absolut unbegreiflich. Selbst die Vodun / Loas / Iwas sind nur in Ansätzen zu begreifen. So ist Voodoo auch ein Konzept, welches der menschliche Geist einfach nicht fassen kann, sodass hier ein Glaube zwingend existieren muss, da es zu keinem Wissen kommen kann. Dies gilt auch wiederum für die Vodun / Loas / Iwas, und natürlich auch für die Schöpfergottheit des Voodoo selbst. Daher ist es menschlich, dass dieses Konzept, diese transzendente Energie, dieses omnipotente Prinzip eben als Schöpfungsenergie verstanden wird, und hier auch entsprechende Bezeichnungen erhält. Es geht also wieder um klassische Namen! Dass diese Namen im afrikanischen Voodoo und im haitianischen Voodoo unterschiedlich sind, sollte logisch sein, da eben auch die kulturellen Eigenschaften, die Eigenschaften des Landes, die sozialen Eigenschaften und die Herkunft aus der Sklaverei, speziell im Falle von Haiti, und die Unterdrückung als Kolonie, im Falle der afrikanischen Länder, berücksichtigt werden müssen. So ist dieses omnipotente Schöpfungsprinzip erst einmal „gut“! Dies zeigt sich auch in der haitianischen Bezeichnung, denn hier geht es einfach um den „guten Gott“, dessen Name (bzw. die wortwörtliche französische Übersetzung) einfach „Bon Dieu / Bondyé“ lautet. Aber auch die kreolischen Ausdrücke „Bondye“, „Bondyé“ oder „Bóndyé“ müssen hier genannt werden. Der „gute Gott“ ist hier ganz einfach „der große Baumeister, aller Ebenen, in Zeit und Raum“, also der „Gran Met“, was dann wieder wortwörtlich „großer Meister“ bedeutet. Im afrikanischen Voodoo