David Copperfield. Charles Dickens

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу David Copperfield - Charles Dickens страница 39

Автор:
Серия:
Издательство:
David Copperfield - Charles Dickens

Скачать книгу

Zweck, sie anders zu nehmen, mein Herz,« meinte Mr. Omer.

      »Nein, wahrhaftig nicht,« gab seine Tochter zur Antwort. »Wir sind alle fröhlich hier, Gott sei Dank, nicht wahr, Vater?«

      »Hoffentlich, mein Kind. Da ich jetzt wieder Luft gekriegt habe, will ich diesem jungen Gelehrten Maß nehmen. Wollen Sie so gut sein und mit mir in den Laden kommen, Master Copperfield?«

      Ich ging vor Mr. Omer her; nachdem er mir ein Stück Tuch gezeigt hatte, das, wie er sagte, extra superfein sei und für alles andere als für Trauer um Eltern zu fein wäre, nahm er mir Maß und schrieb es in ein Buch.

      Während er die Zahlen notierte, wies er auf sein Warenlager und auf gewisse Moden, die eben »aufgekommen« und andere, die wieder »abgekommen« waren.

      »Und dabei verlieren wir oft viel Geld,« sagte er. »Die Moden sind wie die Menschen, sie kommen und gehen und niemand weiß, wann, warum und wieso. Meiner Meinung nach ist alles wie das Leben, wenn man es von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet.«

      Mir war viel zu kummervoll zumute, als daß ich mich auf das Gespräch, das wohl auch unter andern Umständen über mein Begriffsvermögen gegangen wäre, hätte einlassen können. Mr. Omer führte mich wieder keuchend zurück in die Stube. Dann rief er eine kleine Treppe hinab: »Bringt den Tee herauf und Butterbrot,« was nach einiger Zeit, währenddessen ich mich umgeschaut und nachgegrübelt, dem Nähen in der Stube zugesehen und dem Hämmern im Hof draußen zugehört hatte, auf einem Präsentierbrett erschien und für mich bestimmt war.

      »Ich kenne Sie schon lange, mein junger Freund,« sagte Mr. Omer, während er mir beim Frühstück zusah, von dem ich nur wenig genießen konnte, weil mir die schwarze Umgebung jeden Appetit benahm.

      »Wirklich, Sir?«

      »Seit Sie auf der Welt sind, fast noch länger. Ich kannte doch Ihren Vater. Er war fünf Fuß neuneinhalb Zoll hoch und liegt fünfundzwanzig Fuß tief in der Erde.«

      »Rat-tat-tat, rat-tat-tat, rat-tat-tat,« klang es draußen im Hofe.

      »Er liegt fünfundzwanzig Fuß tief in der Erde,« sagte Mr. Omer aufgeräumt. »Entweder auf sein oder auf ihr Verlangen, ich weiß es nicht mehr genau.«

      »Wissen Sie, was mein kleiner Bruder macht, Sir?« fragte ich.

      Mr. Omer schüttelte den Kopf.

      Rat-tat-tat, rat-tat-tat, rat-tat-tat.

      »Er liegt in seiner Mutter Armen,« sagte er endlich.

      »Ach armer, kleiner Junge, ist er tot?«

      »Grämen Sie sich nicht mehr, als Sie müssen,« sagte Mr. Omer. »Das Kind ist tot.«

      Meine Wunde brach von neuem auf. Ich schob das kaum berührte Frühstück zurück, stand auf und legte den Kopf auf den andern Tisch in einer Ecke des kleinen Zimmers. Minnie räumte hastig auf, damit ich die Trauersachen nicht mit meinen Tränen benetze. Sie schien ein hübsches, gutherziges Mädchen zu sein und strich mir mit sanfter freundlicher Hand das Haar aus dem Gesicht, aber sehr heiter, weil sie fast mit ihrer Arbeit fertig war, und so ganz anders als ich.

      Jetzt hörte das Hämmern auf, und ein junger, hübscher Bursche kam über den Hof ins Zimmer. Er hatte einen Hammer in der Hand und den Mund voll kleiner Nägel, die er herausnehmen mußte, ehe er reden konnte.

      »Nun, Joram,« sagte Mr. Omer, »bist du auch fertig?«

      »Allright,« sagte Joram, »fertig, Sir.«

      Minnie wurde ein wenig rot, und die andern beiden Mädchen lächelten.

      »Du hast also gestern bei Licht gearbeitet, was? Als ich im Klub war, nicht wahr?« fragte Mr. Omer und kniff ein Auge zu.

      »Ja,« nickte Joram. »Da Sie sagten, wir wollten einen kleinen Ausflug machen und zusammen hinüberfahren, wenn wir fertig würden, Minnie und ich und Sie – –«

      »So! Ich dachte schon, du wolltest mich ganz weglassen,« sagte Mr. Omer und lachte, bis er husten mußte.

      »– da Sie so gut waren, das zu sagen,« fuhr der junge Mann fort, »hab ich mich eben ordentlich dazu gehalten. Wollen Sie sichs einmal ansehen?«

      »Ja,« sagte Mr. Omer und stand auf. »Master,« und er wandte sich an mich. »Wollen Sie vielleicht Ihrer –«

      »Nein Vater,« unterbrach ihn Minnie.

      »Ich dachte, es wäre ihm vielleicht angenehm,« sagte Mr. Omer, »aber du hast ganz recht, mein Schatz.«

      Ich weiß nicht, wieso ich erriet, daß er sich meiner lieben Mutter Sarg ansehen wollte. Ich hatte noch nie einen zimmern hören, aber ich begriff langsam, was das Hämmern von vorhin bedeutete; und als der junge Mann wieder eintrat, wußte ich ganz bestimmt, woran er gearbeitet hatte.

      Da die Arbeit jetzt fertig war, bürsteten die beiden andern Mädchen die Schnitzel und Fäden von ihren Kleidern und gingen in den Laden hinaus, um aufzuräumen und auf Kunden zu warten.

      Minnie blieb zurück, um die fertig gewordne Arbeit zusammenzufalten und in zwei Körbe zu packen. Sie kniete dabei und summte ein munteres Lied. Joram, in dem ich ohne Mühe ihren Geliebten erkannte, kam herein und raubte ihr einen Kuß und sagte, ihr Vater sei nach dem Wagen gegangen, und er müsse sich auch reisefertig machen. Dann ging er wieder hinaus, und sie steckte einen Fingerhut und eine Schere in die Tasche und eine Nadel mit schwarzem Zwirn in ihren Brustlatz und machte sich dann schön vor einem kleinen Spiegel hinter der Tür, in dem ich ihr fröhliches Gesicht sehen konnte.

      Alles dies bemerkte ich, während ich an dem Tisch in einer Ecke saß, den Kopf in die Hand gestützt, im Geiste ganz anderswo. Der Wagen fuhr bald vor, und nachdem man zuerst die Körbe und dann mich hineingehoben, stiegen die drei andern ein. Ich erinnere mich, es war halb ein Korb- halb ein Möbelwagen, dunkel angestrichen und von einem Rappen mit langem Schweif gezogen.

      Ich glaube, ich habe niemals eine so seltsame Empfindung gehabt, wie auf dieser Fahrt, wenn ich mir vor Augen hielt, woran sie gearbeitet hatten und wie sie sich jetzt über die Reise freuten. Ich hegte keinen Groll gegen sie, scheute mich vor ihnen wie vor Wesen, die keine Gemeinschaft mit mir hatten. Sie waren alle bester Laune. Der Alte saß auf dem Kutschbock, und die beiden jungen Leute saßen hinter ihm, und wenn er etwas sagte, beugten sie sich links und rechts von seinem pausbäckigen Gesicht vor und kümmerten sich sehr um ihn. Sie würden wohl auch mit mir gesprochen haben, wenn ich mich nicht scheu in eine Ecke zurückgezogen hätte, ganz entsetzt über ihre Liebelei und ihre Fröhlichkeit, die zwar nicht lärmend war, mich aber doch in eine Art Staunen versetzte, daß der Himmel keine Strafe für ihre Herzenshärte herabsandte. Wenn sie anhielten, um das Pferd zu füttern, und selbst aßen und tranken und sich vergnügten, konnte ich nichts anrühren, und blieb nüchtern.

      Als wir unser Haus erreichten, schlüpfte ich so schnell wie möglich hinten aus dem Wagen, um nicht in ihrer Gesellschaft vor diese geweihten Fenster treten zu müssen, die mich anblickten wie geschlossene Augen, die einst hell geglänzt. Ach, wie wenig Ursache hatte ich zu sorgen, daß ich keine Tränen mehr haben würde, als ich die Fenster meiner Mutter sah und hinter ihnen das Zimmer, das in bessern Zeiten auch das meine gewesen war!

      Ich lag in Peggottys Armen, ehe ich noch zur Tür kam, und sie brachte mich in das Haus. Ihr Schmerz brach heftig aus, als sie mich erblickte, aber bald bezwang sie sich und sprach flüsternd und ging auf den

Скачать книгу