David Copperfield. Charles Dickens

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David Copperfield - Charles Dickens

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Krug mit Essiggurken, »und Nichtstun ist die Wurzel alles Bösen. Aber freilich hier wird er auch nichts tun – und anderwärts auch nicht.«

      Peggotty hatte eine heftige Antwort auf der Zunge, aber sie schluckte sie herunter um meinetwillen und schwieg.

      »Hm,« meinte Miß Murdstone dann und spähte immer noch in den Essigkrug. »Es ist wichtiger als alles andere, – es ist sogar von außerordentlicher Wichtigkeit, – daß mein Bruder nicht gestört und belästigt wird. Es ist wohl am besten, ich willige ein.«

      Ich bedankte mich bei ihr, ohne meine Freude zu verraten, damit sie nicht etwa ihre Erlaubnis zurückzöge, und mir kam das sehr klug vor, als sie mich jetzt wieder mit einem so sauern Gesicht ansah, als hätte sie mit ihren schwarzen Augen den ganzen Inhalt des Essigkrugs ausgesogen. Die Erlaubnis war gegeben und wurde auch nicht zurückgezogen. Und als der Monat um war, standen Peggotty und ich zur Abfahrt bereit.

      Mr. Barkis kam ins Haus, um Peggottys Koffer abzuholen. Soviel ich weiß, hatte er noch nie die Schwelle der Gartentür überschritten, aber bei dieser Gelegenheit kam er bis ins Haus. Und als er den größten Koffer auf seine Schultern lud und hinausging, warf er mir einen so vielsagenden Blick zu, wie es sein Gesicht überhaupt vermochte.

      Peggotty war natürlich sehr betrübt über ihren Abschied von dem Orte, wo sie so lange Jahre mit meiner Mutter und mir zugebracht hatte. Sie war schon in aller Frühe auf dem Kirchhof gewesen, und als sie im Wagen saß, hielt sie sich das Taschentuch vor die Augen.

      So lange sie so blieb, gab Mr. Barkis kein Lebenszeichen von sich. Er saß auf seinem gewohnten Platz und in seiner bekannten Haltung wie eine große, ausgestopfte Puppe. Aber als sie das Taschentuch einsteckte und mit mir zu sprechen anfing, nickte er mehrere Male und grinste. Ich hatte nicht den leisesten Begriff, was er damit sagen wollte.

      »s ist ein schöner Tag, Mr. Barkis,« begann ich aus purer Höflichkeit.

      »Nicht schlecht,« meinte Mr. Barkis, der gewöhnlich seine Worte sehr abwog und seine Meinung nie offen heraussagte.

      »Peggotty hat sich schon wieder ganz erholt, Mr. Barkis,« bemerkte ich.

      »So. Hm,« sagte Mr. Barkis.

      Nachdem er mit schlauer Miene nachgedacht hatte, sah er Peggotty an und sagte:

      »Ists Ihnen schon hübsch behaglich?«

      Peggotty lachte bejahend.

      »Aber wirklich und wahrhaftig? verstehen Sie? Wirklich?« brummte Mr. Barkis und rutschte auf der Bank näher an sie heran und gab ihr einen Stoß mit dem Ellbogen. »Wirklich? Wirklich und wahrhaftig, ganz behaglich? Wirklich? He?« Bei jeder dieser Fragen rutschte Mr. Barkis näher zu ihr und gab ihr jedesmal einen Stoß mit dem Ellbogen, bis wir zuletzt alle in der linken Ecke des Wagens eingeklemmt saßen und ich kaum mehr atmen konnte.

      Peggotty machte ihn darauf aufmerksam, worauf er sogleich etwas Platz machte und nach und nach wieder zurückrückte. Ich sah ihm an, daß er zu glauben schien, er sei auf ein prächtiges Mittel verfallen, sich ohne viel Worte angenehm, fein und deutlich auszudrücken. Eine Zeitlang lachte er vor sich hin. Dann wandte er sich wieder langsam nach Peggotty um und wiederholte: »Also wirklich behaglich?« und fing das alte Manöver wieder an, bis ich abermals keinen Atem bekam. Nicht lange darauf wiederholte sich dasselbe noch einmal mit denselben Folgen. Dann stand ich immer auf, wenn ich ihn heranrücken sah, und tat, als ob ich mir die Gegend ansähe, und kam viel besser dabei weg.

      Er war so höflich, nur unsertwegen an einem Wirtshaus anzuhalten und uns mit Hammelbraten und Bier zu bewirten. Aber selbst einmal, als Peggotty gerade trank, bekam er einen seiner alten Anfälle und brachte sie fast zum Ersticken. Je mehr wir uns unserm Reiseziel näherten, desto mehr mußte er aufpassen und desto weniger Zeit fand er für Galanterien. Und als wir erst auf dem Pflaster von Yarmouth durcheinandergeschüttelt wurden, bot sich gar keine Gelegenheit mehr.

      Mr. Peggotty und Ham erwarteten uns auf dem alten Platze. Sie empfingen mich und Peggotty in herzlicher Weise und schüttelten Mr. Barkis die Hand, der mit weit zurückgeschobenem Hut, ein verschämtes Lächeln auf den Zügen und weit ausgespreizten Beinen einen möglichst dummen Eindruck zu erwecken bemüht war. Jeder von den beiden Fischern nahm einen von Peggottys Koffern, und wir wollten eben fortgehen, als mir Mr. Barkis feierlich mit dem Zeigefinger winkte, mit ihm unter einen Tor weg zu treten.

      »Also,« brummte er dann, »alles in Ordnung.«

      Ich sah ihn an und antwortete mit einem Versuch, ein möglichst gescheites Gesicht zu machen: »O! o!«

      »Damals wars noch nicht abgemacht,« fuhr er mit vertraulichem Nicken fort. »Alles in Ordnung.«

      Wieder antwortete ich: »O!«

      »Sie wissen, wer wollte! Er! Barkis! aber nur Barkis!«

      Ich nickte beistimmend.

      »Alles in Ordnung,« sagte Mr. Barkis wieder und schüttelte mir die Hand. »Wir sind Freunde. Sie habens in Ordnung gebracht. Alles in Ordnung.«

      In seinem Bestreben besonders klar zu sein wurde mir Mr. Barkis immer rätselhafter. Ich hätte ihm eine Stunde ins Gesicht sehen können, ohne von ihm mehr zu erfahren als von dem Zifferblatt einer Uhr, die stillsteht. Endlich rief mich Peggotty weg. Unterwegs fragte sie mich, was er gesagt habe, und ich wiederholte seine Worte: »Alles in Ordnung.«

      »Ist das eine Unverschämtheit,« sagte sie, »aber es macht nichts. Lieber Davy, was meinst du wohl, wenn ich mich verheiratete?«

      »Nun, du würdest mich doch ebenso lieb haben wie jetzt, Peggotty?« erwiderte ich nach einigem Nachdenken.

      Zum größten Erstaunen der Vorübergehenden und der beiden Peggottys vor uns blieb die gute Seele stehen und umarmte mich unter vielen Beteuerungen ihrer unwandelbaren Liebe.

      »Sag mir also, was du meinst, Liebling?« fragte sie, als sie damit fertig war und wir unsern Weg fortsetzten.

      »Wenn du dich mit Mr. Barkis verheiratest, Peggotty?«

      »Ja.«

      »Ich glaube, es wäre sehr gut, dann hättest du immer das Pferd und den Wagen umsonst und könntest mich immer besuchen kommen.«

      »Was das Kind gescheit ist!« rief Peggotty. »Das hab ich doch auch immer den ganzen Monat lang gedacht. Ja, mein Goldkind, und ich wäre viel unabhängiger, siehst du. Und es würde sich mir in meinem eignen Haus viel leichter arbeiten, als sonstwo. Ich weiß gar nicht, ob ich mich zum Dienstmädchen bei Fremden jetzt noch eigne, und ich wäre immer in der Nähe der Ruhestätte meines schönen Lieblings,« fügte sie nachdenklich hinzu. »Ich könnte sie sehen, wann ich wollte, und wenn ich mich einmal zur Ruhe lege, wärs nicht weit von meinem lieben Mädel.«

      Wir schwiegen beide eine Weile.

      »Aber ich würde nicht ein einziges Mal wieder dran denken,« sagte Peggotty fröhlich, »wenn mein Davy irgend etwas dagegen hätte, und wenn ich auch dreißigmal dreimal in der Kirche gefragt würde und den Ring mein Lebtag in der Tasche herumtragen müßte.«

      »Schau mich an, Peggotty,« erwiderte ich, »und sieh selbst, ob ich mich nicht wirklich von ganzer Seele darüber freue!«

      »Liebes Herz,« sagte Peggotty und drückte mich an sich, »ich habe Tag und Nacht darüber nachgedacht und in jeder Weise und ich glaube in der rechten,

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