Deutsches Märchenbuch + Neues Deutsches Märchenbuch. Ludwig Bechstein
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sich die Reiter gar sehr, und empfanden einen grauslichen
Schrecken, ward ihnen auch noch übler zu Mute,
denn vorher, da sie fürchteten, der Sieger werde sie
alle umbringen, wenn er ihnen Feind würde; ritten
heim und sagten dem König an, was geschehen.
Da nun der Schneider zum Könige kam, seine Tat
selbst anzeigte, und die Königstochter samt dem halben
Königreich begehrte, gereute den König sein Versprechen,
das er dem unbekannten Kriegsmann gegeben,
gar übel, denn die Riesen waren nun erwürgt,
und konnten keinen Schaden mehr tun; dachte darüber
nach, wie er des Helden mit Fug abkommen möchte,
und war nicht im mindesten gesonnen, ihm die Tochter
zu geben. Sprach daher zum Schneider, wie er in
einem andern Walde leider noch ein Einhorn habe,
das ihm sehr großen Schaden tue an Fischen und Leuten;
dasselbe solle er doch auch noch fangen, und so
er dieses vollbringe, wolle der König ihm die Tochter
geben. Der gute Schneider war auch das zufrieden,
nahm einen Strick, ging hin zu jenem Walde, allwo
das wilde Einhorn hauste, und befahl seinen Zugeordneten,
draußen vor dem Walde zu warten, er wolle allein
hineingehen und allein die Tat bestehen, wie er
die gegen die zwei Riesen auch allein und ohne andere
Hülfe bestanden. Als der Schneider eine Weile im
Walde umher spaziert war, ersieht er das Einhorn, das
gegen ihn daher rennt mit vorgestrecktem Horn und
will ihn umbringen. Er aber war nicht unbehende,
wartete, bis das Einhorn gar nahe an ihn herankam,
und als es nahe bei ihm war, schlüpfte er rasch hinter
den Baum, neben dem er zu allernächst stand, und da
lief das Einhorn, das im vollen Rennen war und sich
nicht mehr wenden konnte, mit aller Hast gegen den
Baum, daß es ihn mit seinem spitzen Horn fast durch
und durch stieß, und das Horn unverwandt darin stekken
blieb. Da trat der Schneider, als er das Einhorn
am Baume fest zappeln sah, hervor, schlang ihm den
mitgenommenen Strick um den Hals, band es an den
Baum vollends fest, ging heraus zu seinen Jagdgesellen,
und zeigte ihnen seinen Sieg über das wilde Einhorn
an. Darauf ging das Schneiderlein zum König,
tät demütiglich Meldung von der glücklichen Erfül-
lung des königlichen Wunsches, und erinnerte bescheidentlich
an das königliche zweimalige Versprechen.
Darob ward der König über die Maßen traurig,
wußte nicht was zu tun sei, da der Schneider der
Tochter begehrte, die er doch nicht haben sollte. Und
begehrte noch eins an den Kriegsmann. Dieser solle
nämlich auch das grausame Wildschwein, das in
einem dritten Walde liefe und alles verwüste, einfahen,
und so er auch dieses vollbringe, dann wolle
der König ihm die Tochter ohne allen Verzug geben,
wolle ihm auch seine ganze Jägerei zur Hülfe beiordnen.
Der Schneider zog, nicht sonderlich erbaut von des
Königs abermaligem Begehren, mit seinen Gesellen
zum Walde hinaus, und befahl ihnen, als der Forst erreicht
war, draußen zu bleiben. Des waren die Jäger
gar herzlich froh und zufrieden, denn das Wildschwein
hatte sie schon öfter dermaßen empfangen,
daß ihrer viele das Wiederkommen auf immer vergessen
hatten, und sie alle nicht mehr begehrten, ihm
nachzustellen, dankten daher dem Schneider sehr aufrichtig,
daß er sich allein in die Fahrnis wage und sie
in Numero Sicher dahinten lasse. Der Schneider war
noch nicht lange in den Wald getreten, so wurde das
Wildschwein seiner ansichtig, und stürzte auf ihn zu
mit schäumendem Rachen und wetzenden Hauern und
wollte ihn gleich zu Boden rennen, so daß sein Herz
erzitterte und er sich schnell nach Rettung umsah. Da
stand zum Glück eine alte verfallene Kapelle in dem
Walde, darin man vor Zeiten Ablaß geholt, und da der
Schneider nahe dabei stand, und die Kapelle ersah,
sprang er mit einem Satz hinein, aber auch der Türe
gegenüber mit einem Luftsprung durch ein Fenster,
darin keine Scheiben mehr waren, wieder heraus, und
alsbald folgte ihm die Wildsau, die nun in der Kapelle
rumorte, der Schneider aber lief flugs um das Häuslein
herum, wischte vor an die Türe, warf sie eilends
zu, und versperrte so das grausame Gewild in das
Kirchlein, ging dann hin zu den Jagdgesellen, zeigte
ihnen seine Tat an, die kamen hin, befanden die Sache
also wahr und richtig, und ritten heim mit großer Verwunderung,
dem König Bericht erstattend. Ob nun