Deutsches Märchenbuch + Neues Deutsches Märchenbuch. Ludwig Bechstein
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Kriegsmannes den König mehr froh oder
mehr traurig gemacht, das mag ein jeglicher, selbst
mit geringem Verstand, leichtlich ermessen, denn der
König mußte nun dem Schneider die Tochter geben,
oder fürchten, daß dieser seine Heldenkraft, davon er
drei so erstaunliche Proben gegeben, gegen ihn selber
wenden dürfte. Doch ist wohl zweifelsohne, hätte der
König vollends gewußt, daß der Held ein Schneider
wäre, so hätte er ihm lieber einen Strick zum Aufhenken,
denn seine Tochter geschenkt. Ob nun aber der
König einem Manne ohne Herkunft und ohne Geburt,
außer der von seiner Mutter, seine Tochter mit kleiner
oder mit großer Bekümmernis, gern oder ungern gebe,
danach fragte Schneiderlein gar wenig oder gar nicht,
genug er war stolz und froh, des Königs Tochtermann
geworden zu sein. Also wurde die Hochzeit nicht mit
allzu großer Freudigkeit von königlicher Seite begangen,
und aus einem Schneider war ein Königseidam
geworden, ja ein König.
Als eine kleine Zeit vergangen war, hörte die junge
Königin, wie ihr Herr und Gemahl im Schlafe redete,
und vernahm deutlich die Worte: »Knecht, mache mir
das Wams – flicke mir die Hosen – spute dich – oder
ich – schlage dir das Ellenmaß über die Ohren!« Das
kam der jungen Königsgemahlin sehr verwunderlich
vor, merkte schier, daß ihr Gemahl ein Schneider sei,
zeigte das ihrem Herrn und Vater an, und bat ihn, er
möge ihr doch von diesem Manne helfen. Solche
Rede durchschnitt des Königs Herz, daß er habe seine
einzige Tochter einem Schneider antrauen müssen,
tröstete sie auf das beste, und sagte, sie solle nur in
der künftigen Nacht die Schlafkammer öffnen, so sollten
vor der Türe etliche Diener stehen, und wenn sie
wieder solche Worte vernähmen, sollten diese Diener
hinein gehen und den Mann geradezu umbringen. Das
ließ sich die junge Frau gefallen und verhieß also zu
tun. Nun hatte der König aber einen Waffenträger am
Hofe, der war dem Schneider hold, und hatte des Kö-
nigs untreue Rede gehört, verfügte sich daher eilend
zu dem jungen König und eröffnete ihm das schwere
Urteil, das über ihn so eben jetzt ergangen und gefällt
war, und bat ihn, er möge seines Leibes sich nach besten
Kräften wehren. Dem sagte der Schneider-König
ob seines Warnens großen Dank, und er wisse wohl,
was in dieser Sache zu tun sei. Wie nun die Nacht gekommen
war, begab sich zu gewohnter Zeit der junge
König mit seiner Gemahlin zur Ruhe und tat bald, als
ob er schliefe. Da stand die Frau heimlich auf und öffnete
die Tür, worauf sie sich wieder ganz still niederlegte.
Nach einer Weile begann der junge König wie
im Schlafe zu reden, aber mit heller Stimme, daß die
draußen vor der Kammer es wohl hören konnten:
»Knecht, mache mir die Hosen – bletze mir – das
Wams, oder ich will dir das Ellenmaß über die Ohren
schlagen. Ich – hab sieben auf einen Streich – tot geschlagen
– zwei Riesen hab ich – tot geschlagen – das
Einhorn hab ich gefangen – die Wildsau hab ich auch
gefangen – sollt ich die fürchten – die draußen vor der
Kammer stehen?«
Als die vor der Kammer solche Worte vernahmen,
so flohen sie nicht anders, als jagten sie tausend Teufel,
und keiner wollte der sein, der sich an den Schneider
wagte. Und so war und blieb das tapfere Schneiderlein
ein König all sein Lebetag und bis an sein
Ende.
Das Märchen von den sieben Schwaben
Es waren einmal sieben Schwaben, die wollten große
Helden sein und auf Abenteuer wandern durch die
ganze Welt. Damit sie aber ein gut Gewaffen hätten,
zogen sie zunächst in die weltberühmte Stadt Augsburg
und gingen sogleich zu dem geschicktesten Meister
allda, um sich mit Wehr und Waffen zu versehen.
Denn sie hatten nichts Geringeres im Sinne, als das
gewaltige Ungetüm zu erlegen, das zur selben Zeit in
der Gegend des Bodensees gar übel hausete. Der Meister
staunte schier, als er die sieben sah, öffnete aber
flugs seine Waffenkammer, die für die wackeren Gesellen
eine treffliche Auswahl bot. »Bygott!« rief der
Allgäuer, »send des au Spieß? So oaner wär mer grad
reacht zume Zahnstihrer. For mi ischt e Spieß von
siebe Mannslengen noh net lang gnueg.« – Drob
schaute ihn der Meister wiederum an mit einem Blick,
der den Allgäuer beinahe verdroß. Denn dieser lugte