Deutsches Märchenbuch + Neues Deutsches Märchenbuch. Ludwig Bechstein

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Deutsches Märchenbuch + Neues Deutsches Märchenbuch - Ludwig Bechstein

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nahmen sie für ihren Bruder mit.

       Der Weg führte sie wieder durch den Wald, und der

       Alte stand wieder vor seinem Häuschen, als wartete er

       auf sie, und sagte: »Ei ihr braven Jungen! Das lob

       ich, daß ihr mir so eine junge hübsche Braut mitgebracht

       habt!« – »Nein!« sagten die Brüder, »die ist

       nicht für dich, die ist für unsern Bruder zu Hause, den

       haben wir sie versprochen!« –

       »So?« sagte der Alte: »versprochen? Ei daß dich!

       ich will euch auch versprechen!« und nahm ein weißes

       Stäbchen und murmelte ein paar Zauberworte,

       und rührte die Brüder und die Bräute mit dem Stäbchen

       an – bis auf die jüngste – da wurden sie alle in

       graue Steine verwandelt. Die jüngste aber von den

       Schwestern führte der Mann in das Haus, und das

       mußte sie nun beschicken und in Ordnung halten, tat

       das auch gern, aber sie hatte immer Angst, der Alte

       könne bald sterben, und dann werde sie in dem einsamen

       Häuschen im wilden öden Walde auch so mutterseelensternallein

       sein, wie der Alte zuvor gewesen

       war. Das sagte sie ihm und er antwortete: »Hab kein

       Bangen, fürchte nicht und hoffe nicht, daß ich sterbe.

       Sieh, ich habe kein Herz in der Brust! stürbe ich aber

       dennoch, so findest du über der Türe mein weißes

       Zauberstäbchen, und rührst damit an die grauen Steine,

       so sind deine Schwestern und ihre Freier befreit

       und du hast Gesellschaft genug.«

       »Wo aber in aller Welt hast du denn dein Herz,

       wenn du es nicht in der Brust hast?« fragte die junge

       Braut. »Mußt du alles wissen?« fragte der Alte. »Nun

       wenn du es denn wissen mußt, in der Bettdecke steckt

       mein Herz.«

       Da nähte und stickte die junge Braut, wenn der

       Alte fort und seinen Geschäften nachging, in ihrer

       Einsamkeit gar schöne Blumen auf seine Bettdecke,

       damit sein Herz eine Freude haben sollte. Der Alte

       aber lächelte darüber und sagte: »Du gutes Kind, es

       war ja nur mein Scherz;mein Herz das steckt – das

       steckt –« »Nun wo steckt es denn lieber Vater?« –

       »Das steckt in der – Stubentür!« –

       Da hat die junge Frau am andern Tage, als der Alte

       fort war, die Stubentüre gar schön geschmückt mit

       bunten Federn und frischen Blumen und hat Kränze

       daran gehangen. Fragte der Alte, als er heimkam, was

       das bedeuten solle? sagte sie: »Das tat ich, deinem

       Herzen was zu Liebe zu tun.« Da lächelte wieder der

       Alte, und sagte: »Gutes Kind, ganz wo anders, als in

       der Stubentüre, ist mein Herz.« Da wurde die junge

       Braut sehr betrübt, und sprach: »Ach Vater, so hast

       du doch ein Herz, und kannst sterben und ich werde

       dann so allein sein.« Da wiederholte der Alte alles,

       was er ihr schon zweimal gesagt, und sie drang aufs

       neue in ihn, ihr zu sagen, wo doch eigentlich sein

       Herz sei? Da sprach der Alte: »Weit weit von hier

       liegt in tiefer Einsamkeit eine große uralte Kirche, die

       ist fest verwahrt mit eisernen Türen, um sie ist ein tiefer

       Wallgraben gezogen, über den führt keine Brücke,

       und in der Kirche da fliegt ein Vogel wohl ab und auf,

       der ißt nicht und trinkt nicht und stirbt nicht, und niemand

       vermag ihn zu fangen und so lange der Vogel

       lebt, so lange lebe auch ich, denn in dem Vogel ist

       mein Herz.«

       Da wurde die Braut traurig, daß sie dem Herzen

       ihres Alten nichts zu Liebe tun konnte, und die Zeit

       wurde ihr lang, wenn sie so allein saß, denn der Alte

       war fast den ganzen Tag auswärts.

       Da kam einmal ein junger Wandergesell am Häuschen

       vorüber, der grüßte sie und sie grüßte ihn und

       sie gefiel ihm, und er kam näher und sie fragte ihn,

       wohin er reise, woher er komme? – »Ach!« seufzte

       der junge Gesell: »Ich bin gar traurig. Ich hatte noch

       sechs Brüder, die sind von dannen gezogen sich Bräute

       zu holen und mir, dem Jüngsten, wollten sie auch

       eine mitbringen, sind aber nimmer wieder gekommen,

       und da bin ich nun auch fort vom Hause, und will

       meine Brüder suchen.«

       »Ach lieber Gesell!« rief die Braut: »da brauchst

       du nicht weiter zu gehen! Erst setze dich und iß und

       trinke etwas, und dann laß dir erzählen!« Und gab

       ihm zu essen und zu trinken, und erzählte ihm, wie

       seine Brüder in die Stadt gekommen, und wie sie ihre

       Schwestern und sie selbst als Bräute mit sich nach

       Hause hätten führen wollen, und daß sie für ihn, ihren

       Gast, bestimmt gewesen, und wie der Alte sie bei sich

      

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