Weihnachtsmärchen auf 359 Seiten. Charles Dickens

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Weihnachtsmärchen auf 359 Seiten - Charles Dickens

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C. D.

       Dezember 1843

      Kapitel 1

      Ein Weihnachtslied in Prosa

       Eine Geistergeschichte der Christnacht

       Erste Strophe

       Marleys Geist

       Marley war tot, damit wollen wir anfangen. Kein Zweifel kann

       darüber bestehen. Der Schein über seine Beerdigung ward

       unterschrieben von dem Geistlichen, dem Küster, dem

       Leichenbestatter und den vornehmsten Leidtragenden. Scrooge

       unterschrieb ihn, und Scrooges Name wurde auf der Börse

       respektiert, wo er ihn nur hinschrieb. Der alte Marley war so tot

       wie ein Türnagel.

       Versteht mich recht! Ich will nicht etwa sagen, daß ein Türnagel

       etwas besonders Totes für mich hätte. Ich selbst möchte fast zu

       der Meinung neigen, daß das toteste Stück Eisen auf der Welt

       ein Sargnagel sei. Aber die Weisheit unsrer Altvordern liegt in

       den Gleichnissen, und meine unheiligen Hände sollen sie dort

       nicht stören, sonst wäre es um das Vaterland geschehen. Man

       wird mir also erlauben, mit besonderem Nachdruck zu

       wiederholen, daß Marley so tot wie ein Türnagel war.

       Wußte Scrooge, daß er tot war? Natürlich wußte er's. Wie sollte

       es auch anders sein? Scrooge und er waren, ich weiß nicht seit

       wieviel Jahren, Kompagnons.

       Scrooge war sein einziger Testamentsvollstrecker, sein einziger

       Scrooge war sein einziger Testamentsvollstrecker, sein einziger

       Verwalter, sein einziger Erbe, sein einziger Freund und sein

       einziger Leidtragender. Und selbst Scrooge war von dem

       traurigen Ereignis nicht so schrecklich mitgenommen, um nicht

       selbst am Begräbnistag ein vortrefflicher Geschäftsmann sein und

       ihn mit einem unzweifelhaft guten Handel feiern zu können.

       Nun bringt mich die Erwähnung von Marleys Begräbnistag

       wieder zu dem Ausgangspunkt meiner Erzählung zurück. Es gibt

       keinen Zweifel, daß Marley tot war. Das muß scharf ins Auge

       gefaßt werden, sonst kann in der Geschichte, die ich erzählen

       will, nichts Wunderbares geschehen. Wenn wir nicht vollkommen

       fest überzeugt wären, daß Hamlets Vater tot ist, ehe das Stück

       beginnt, so wäre durchaus nichts Merkwürdiges in seinem

       nächtlichen Spaziergang bei scharfem Ostwind auf den Mauern

       seines eigenen Schlosses.

       Nicht mehr, als bei jedem anderen Herrn in mittleren Jahren, der

       sich nach Sonnenuntergang rasch zu einem Spaziergang auf

       einem luftigen Platz entschließt, zum Beispiel auf dem Sankt-

       Pauls-Kirchhof.

       Scrooge ließ Marleys Namen nicht ausstreichen. Noch nach

       Jahren stand über der Tür des Speichers »Scrooge und Marley«.

       Die Firma war unter dem Namen Scrooge und Marley bekannt.

       Leute, die Scrooge nicht kannten, nannten ihn zuweilen Scrooge

       und zuweilen Marley; aber er hörte auf beide Namen, denn es

       galt ihm beides gleich.

       galt ihm beides gleich.

       Oh, er war ein wahrer Blutsauger, dieser Scrooge! Ein gieriger,

       zusammenkratzender, festhaltender, geiziger alter Sünder: hart

       und scharf wie ein Kiesel, aus dem noch kein Stahl einen

       warmen Funken geschlagen hat, verschlossen und

       selbstgenügsam und ganz für sich, wie eine Auster. Die Kälte in

       seinem Herzen machte seine alten Gesichtszüge starr, seine spitze

       Nase noch 6

       spitzer, sein Gesicht runzlig, seinen Gang steif, seine Augen rot,

       seine dünnen Lippen blau, und sie klang aus seiner krächzenden

       Stimme heraus. Ein frostiger Reif lag auf seinem Haupt, auf

       seinen Augenbrauen, auf dem starken struppigen Bart. Er

       schleppte seine eigene niedere Temperatur immer mit sich herum:

       in den Hundstagen kühlte er sein Kontor wie mit Eis, zur

       Weihnachtszeit machte er es nicht um einen Grad mol iger.

       Äußere Hitze und Kälte wirkten wenig auf Scrooge. Keine

       Wärme konnte ihn wärmen, keine Kälte frösteln machen. Kein

       Wind war schneidender als er, kein Schneegestöber

       erbarmungsloser, kein klatschender Regen einer Bitte weniger

       zugänglich. Schlechtes Wetter konnte ihm nichts anhaben. Der

       ärgste Regen, Schnee oder Hagel konnten sich nur in einer Art

       rühmen, besser zu sein als er: sie gaben oft im Überfluß, und das

       tat Scrooge nie und nimmer.

       Niemals kam ihm jemand auf der Straße entgegen, um mit

       freundlichen Blicken zu ihm zu sagen:»Mein lieber Scrooge, wie

       freundlichen Blicken zu ihm zu sagen:»Mein lieber Scrooge, wie

       geht's, wann werden Sie mich einmal besuchen?« Kein Bettler

       sprach ihn um eine Kleinigkeit an, kein Kind fragte ihn, wie spät

       es sei, kein Mann und keine Frau hat ihn je in seinem Leben nach

       dem Weg gefragt. Selbst der Hund des Blinden schien ihn zu

      

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