Weihnachtsmärchen auf 359 Seiten. Charles Dickens
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einzige Zeit, die ich in dem ganzen langen Jahreskalender kenne,
da die Menschen einträchtig ihre verschlossenen Herzen auftun
und die andern Menschen ansehen, als wären sie wirklich
Reisegefährten 8
Reisegefährten 8
nach dem Grabe und nicht eine ganz andere Art von
Geschöpfen, die einen ganz andern Weg gehen. Und daher,
Onkel, wenn es mir auch niemals ein Stück Gold oder Silber in
die Tasche gebracht hat, daher glaube ich doch, es hat mir Gutes
getan, und es wird mir Gutes tun, und ich sage ›Gott segne das
Weihnachtsfest!‹«
Der Diener in dem Burgverlies draußen applaudierte
unwillkürlich; aber im Augenblick darauf fühlte er auch die
Unschicklichkeit seines Betragens, schürte die Kohlen und
löschte dadurch die letzten kleinen Funken unwiederbringlich.
»Wenn Sie da drin mich noch einen einzigen Laut hören lassen«,
sagte Scrooge, »so feiern Sie Ihre Weihnachten mit dem Verlust
Ihrer Stel e. - Du bist ein ganz gewaltiger Redner«, fügte er dann
hinzu, sich zu seinem Neffen wendend. »Es wundert mich, daß
du noch nicht ins Parlament gekommen bist!«
»Seien Sie nicht böse, Onkel. Essen Sie morgen mit uns.«
Scrooge sagte, daß er ihn erst verdammt sehen wol e; ja
wahrhaftig, er sprach sich so deutlich aus.
»Aber warum?« rief Scrooges Neffe. »Warum denn?«
»Warum hast du dich verheiratet?« fragte Scrooge.
»Weil ich mich verliebte.«
»Weil er sich verliebte!« brummte Scrooge, als sei dies das
einzige Ding in der Welt, das noch lächerlicher als eine fröhliche
Weihnacht ist. »Guten Abend!«
»Aber Onkel, Sie haben mich ja auch vorher nie besucht.
Warum sol es da ein Grund sein, mich jetzt nicht zu besuchen?«
»Guten Abend!« sagte Scrooge.
»Ich brauche nichts von Ihnen, ich verlange nichts von Ihnen,
warum können wir nicht gute Freunde sein?«
»Guten Abend!« sagte Scrooge.
»Ich bedaure wirklich von Herzen, Sie so hartnäckig zu finden.
Wir haben nie einen Zank miteinander gehabt, an dem ich schuld
gewesen wäre. Aber ich habe den Versuch gemacht,
Weihnachten zu Ehren, und ich will meine Weihnachtsstimmung
bis zuletzt behalten. Fröhliche Weihnachten, Onkel!«
»Guten Abend!« sagte Scrooge.
»Und ein glückliches Neujahr!«
»Guten Abend!« sagte Scrooge.
Trotz allem verließ der Neffe das Zimmer ohne ein böses Wort.
Trotz allem verließ der Neffe das Zimmer ohne ein böses Wort.
An der Haustür blieb er dann stehen, um mit dem Glückwunsch
des Tages den Kommis zu begrüßen, der trotz der Kälte
dennoch wärmer war als Scrooge, denn er gab den Gruß
freundlich zurück.
»Das ist auch so ein Kerl!« brummte Scrooge, der es hörte.
»Mein Kommis, mit fünfzehn Shilling die Woche und Frau und
Kindern, spricht von fröhlichen Weihnachten. Ich gehe nach
Bedlam ins Irrenhaus.«
Der Kommis hatte, als er den Neffen hinaus ließ, zwei andere
Personen eingelassen. Es waren zwei behäbige, wohlansehnliche
Herren, die jetzt, mit dem Hut in der Hand, in Scrooges Kontor
standen. Sie hatten Bücher und Papiere unterm Arm und
verbeugten sich.
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»Scrooge und Marley, glaube ich«, sagte einer der Herren,
indem er auf seine Liste sah. »Hab ich die Ehre, mit Mr. Scrooge
oder mit Mr. Marley zu sprechen?«
»Mr. Marley ist seit s ieben Jahren tot«, antwortete Scrooge. »Er
starb heute vor sieben Jahren.«
»Wir zweifeln nicht, daß sein überlebender Kompagnon ganz
seine Freigebigkeit besitzen wird«, sagte der Herr, indem er ihm
sein Beglaubigungsschreiben überreichte.
Er hatte ganz recht, denn sie waren wirklich zwei verwandte
Seelen gewesen.
Bei dem ominösen Wort Freigebigkeit runzelte Scrooge die
Stirn, schüttelte den Kopf und gab das Papier zurück.
»An diesem festlichen Tage des Jahres, Mr. Scrooge«, sagte der
Herr, eine Feder ergreifend, »ist es mehr als sonst
wünschenswert, wenigstens einigermaßen für die Armen zu
sorgen, die zu dieser Zeit in großer Bedrängnis leben. Vielen
Tausenden fehlen selbst die notwendigsten Bedürfnisse,
Hunderttausenden die notdürftigsten Bequemlichkeiten des
Lebens.«
»Gibt es keine Gefängnisse?« fragte Scrooge.
»Überfluß an Gefängnissen«, sagte der Herr, die Feder wieder
hinlegend.
»Und die Armenhäuser?« fragte Scrooge. »Bestehen die noch?«
»Allerdings«, antwortete der Herr,