Geistige Mitgift. Helga Unger
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Als Beispiel denke ich an die Pflanzenzwiebeln von zwei weißen Lilien, die mir vor einigen Jahren von einem Freund für meinen Garten als Geschenk gemacht wurden. Ich setzte sie mit viel Freude zum rechten Zeitpunkt in die Erde und hegte sie. Diese Freude wurde auch daraus genährt, dass ich mich in meinem Wesen von diesem Freund erkannt fühlte, denn die Blüten der weißen Lilien entsprechen meiner Tiefgründigkeit und dem Sinn für Schönheit. Schon bald drängten, scheinbar mühelos und ganz von selbst, die ersten Triebe hervor und wendeten sich automatisch zum Licht. Es passierte einfach, ohne Zweifel, ohne Zögern und ohne den Wunsch, zum Beispiel ein Rosenstock sein zu wollen, der sich gleich daneben breit macht. Es war total eindeutig, dass die Natur und das Wesen der Lilienzwiebel nur Lilien werden und sein konnten, die mit den Rosen nicht viel gemein haben. Den Jahreszeiten entsprechend brachten sie mühelos ihr graziöses Sosein, im Sommer mit wunderschönen weißen Kelchen, hervor, um anschließend im Herbst die Blätter wieder fallen zu lassen und ganz selbstverständlich in den nächsten Abschnitt ihres Werdeganges zu gehen. Da war ebenfalls kein Zögern oder gar Trauern um die abgefallenen Blütenblätter, denn es entsprach ganz und gar ihrer Natur, nun wieder nach innen zu gehen und den Stamm nach und nach absterben zu lassen. Nichts anderes käme der Lilie im Herbst in den Sinn und wenn ich diesen nun leblosen Stiel nicht abgeschnitten hätte, wäre er auch ohne mein Zutun umgeknickt und zur Erde zurückgekehrt. In der Schöpfung hat alles seinen Sinn, gleicht sich aus und wirkt ökonomisch und ökologisch aufeinander ein. So dienen die am Boden liegenden Blätter als Schutz der Erde, während die Tage und Nächte immer kälter werden und in unseren Breitengraden reichlich Schnee vom Himmel fällt. Doch das ist noch lange nicht alles. Im Stillen und von den Menschen unbemerkt, liefern die Blätter Mineralstoffe, die heimlich durch die Wassertopfen in die Erde sickern und die Zwiebeln im Schoß von Mutter Natur liebevoll versorgen. In der Natur gibt es keine Abfallprodukte, und so wird wieder ohne unser Zutun Humus aus den nun zersetzten Blättern. Unter der Erde bildet sich in aller Ruhe und Gelassenheit das neue Leben heran, während wir annehmen, dass die Erde schläft oder die Pflanzen abgestorben seien. Diese Naturerscheinungen, egal ob es sich um Pflanzen, Tiere oder z. B. das Wasser handelt, in ihrer Genialität für uns verborgen und anscheinend unwesentlich, weil wir den Blick sosehr auf das Sichtbare, auf rasche Resultate und eigennützige Ziele gelenkt haben.
In den vielen so einfach scheinenden Naturbeobachtungen liegen alle Erkenntnisse für uns bereit, etwa: Die Natur in ihrer Ursprünglichkeit kümmert sich nicht um die Norm, oder was wie zu sein hat und was die Gesellschaft vorgibt. Wenn die Natur einer Pflanze die einer Sonnenblume ist, dann lebt sie sich als Sonnenblume, auch wenn sich die Gesellschaft Schneeglöckchen als Resultat vorstellen würde.
Die Natur folgt instinktiv ihren Lebenszyklen, ohne daran etwas komisch zu finden oder ändern zu wollen. Wenn es Zeit ist, nach innen zu gehen und auch im Inneren die eigene Göttlichkeit als Pflanze zu erfahren, dann gibt sie sich einfach ohne Gegenwehr hin und lässt geschehen, was in ihrer Natur angelegt ist (zu meinen beiden Lilien, hat sich inzwischen eine dritte gesellt).
In der Natur fällt die Bewertung von Gut und Böse weg, denn niemals hatte ich das Gefühl, dass die Lilien die Zeit der Blüte als gut erachteten und die Zeit des Zurückziehens mit Trauer verbrachten. Sie strahlten in jedem Abschnitt ihres Seins ihre Liebe der Selbstannahme und des Friedens mit allen Ereignissen aus.
In der Natur würde es einem Bach nicht einfallen, schnurgerade zu fließen, denn das Wasser springt gerne über Steine, es ist neugierig und bewegt sich in Mäandern fort, es weicht aus, nimmt an und auf, tanzt, umstreicht und stellt gleichzeitig ihre Kraft zur Verfügung. Im Wasserfall oder in den schäumenden Wellen des Meeres wird hier gleichzeitig die unendliche Stärke und Weite des Wassers als ein Ganzes von vielen einzelnen Tropfen bewusst. Und in jedem Tropfen ist die Quelle enthalten.
In der Natur verhält sich eine Wildsau nicht wie ein Tiger.
Warum leben wir so hautnah mit dieser Natur, ohne nur ein kleines bisschen davon zu verstehen, zu lernen und sie in ihrem Wesen nachzuahmen, indem wir unsere eigene Natur leben?
Wir Menschen folgen blind der Herde, den Vorgaben von anderen, den Normen der Gesellschaft, den Dogmen und Glaubenssätzen, die man uns übergestülpt hat, den familiären Programmen und wir spielen die verschiedensten Rollen, die uns mehr oder weniger Spaß machen. Selten folgen wir unserer eigenen Natur, unserem göttlichen Wesen, dem Meister, der Heilerin in uns, den uns schützenden Engeln und Geistwesen, weil wir sie und die innere Stimme so wenig wahrnehmen, und auch nicht, was wirklich vor sich geht und wesentlich für uns ist. Daraus entstehen all die Schicksalsschläge, die uns zu uns selbst zurückführen sollen und uns zwingen mögen, uns selbst wie das Wesen der Natur kennen zu lernen und zu erforschen.
Leben wir als Eltern fremdbestimmt, unglücklich, aufopfernd, im Stress, frustriert und genervt, krank ... dann glauben auch unsere Kinder, dass das Leben so ist oder so sein soll, was allerdings in keiner Weise natürlich, echt und wahr ist.
Gottes Schöpfung kennt keine Hast, keine Verurteilung, keinen Widerstand und -spruch, keinen Druck und keinen Zweifel. Sie kennt Lebendigkeit, Freude, Einfachheit, Frieden, Liebe, Erfüllung, Einheit, im Rhythmus des Lebens, im Wachsen und Sterben, hin zum neuen Zyklus des neuen Seins...
Was ist an dieser Ursprünglichkeit so schlimm oder veränderungswürdig? Warum stellen wir uns gegen oder über sie? Warum soll alles so schnell gehen? Warum erheben wir uns und meinen, dass wir es besser wissen als Gott in uns?
Wir sind nichts und ein Niemand! Wenn uns dies einmal bewusst wird, dann können wir uns entspannen und uns unserem Sosein hingeben und es ganz und gar Gott in uns überlassen. Wir brauchen nicht besser, schneller, kompetenter, schöner, begehrenswerter, erfolgreicher, braver und genialer als andere sein. Wir dürfen einfach so sein, wie und was wir jetzt sind! Ohne Wenn und Aber, ohne Müssen, Sollen, ... – und ohne Angst, Eile, Zwang, Krankheit (Disharmonie) und Not.
An diese Stelle möchte ich eine Weisheit von Laotse (herausgegeben von Lin Yutang) setzen, in der er uns warnt, in die Natur der Dinge einzugreifen. Die Folge davon ist Streit, Krieg, Streben, Stress, Unfrieden, ...
„29. Warnung vor dem Eingreifen
Es gibt solche, die wollen die Welt erobern,
Und aus ihr machen (was sie sich vorstellen und begehren).
Ich sehe, dass es ihnen nicht gelingen wird.
(Denn) die Welt ist Gottes eigenes Gefäß;
Es kann (durch menschliches Eingreifen) nicht gemacht werden.
Wer es macht, verdirbt es.
Wer es festhält, verliert es.
Denn: Manche Dinge gehen vorwärts,
Manche Dinge folgen nach.
Manche blasen heiß (aus),
Manche blasen kalt (ein),
Manche sind stark,
Und manche sind schwach;
Manche können brechen
Und andere können fallen.
Daher vermeidet der Weise das Übermaß,
Vermeidet Aufwand,
Vermeidet Hoffart.“
Dies gilt auch für unsere Kinder. Ich bin dafür, möglichst nicht in ihre Natur