Sie sind durchschaut, Mr. Bond!. Martin Cordemann

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Sie sind durchschaut, Mr. Bond! - Martin Cordemann

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Spionage zu unternehmen. Wahrscheinlich nimmt die Wichtigkeit des Essens im Laufe der Reihe ab, in „Goldfinger“ zum Beispiel braucht es vier Kapitel, bevor die erste Mahlzeit erwähnt wird. Doch wichtig bleibt es schon, wenn man beispielsweise einen Blick auf „Feuerball“ wirft. Bond beklagt sich über Kopfschmerzen von zuviel Rauchen und Saufen und schlechter Ernährung und stellt sich um auf gesunde Ernährung. Und es wirkt, es geht ihm besser… doch dann stellt er fest, dass er so gesund keine Leute umbringen kann und damit seiner Aufgabe nicht gerecht wird, also kehrt er zu seiner „ungezügelten Lebensweise“ („Sag niemals nie“) zurück. In „Leben und sterben lassen“ ist und bleibt das Essen allerdings die Hauptrolle.

      Nur zwei Beispiele:

      - Solitaire, Bonds Geliebte, wird entführt, mit ungewissem Schicksal und der Option auf Tod – nächste Szene, Bond isst.

      - Felix Leiter, Bonds langjähriger (seit dem letzten Buch) Freund wird (im wahrsten Sinne des Wortes) den Haien zum Fraß vorgeworfen. Man bringt ihn ins Krankenhaus, Arm ab, Bein ab, Gesicht zerfetzt, Körper in schlechtem Zustand mit der Option auf Tod – nächste Szene, Bond frühstückt. Kein Scherz!

      Und so hangelt sich der Agent von Mahlzeit zu Mahlzeit, wobei Fleming natürlich auch seinem Missfallen gegenüber der Amerikanischen Küche Ausdruck verleiht. Oh, ein schlechtes Frühstück mit Eiern von der Stange ist fast schlimmer als der grausame Tod des Schlafwagenschaffners.

      Wie heißt es so schön: Morden geht durch den Magen. Und hier trifft das besonders zu. Kaum ein Kapitel kommt ohne eine angemessene Mahlzeit aus:

      In Kapitel 1 gibt es halbdurche Hamburger, in Kapitel 3 Frühstück (Orangensaft, 3 Eier, Speck, Espresso), in 4 ebenso, aber ohne es näher zu spezifizieren. 5 bietet Hühnchen mit Speck, doch dann muss man sich bis zum Frühstück in 9 gedulden (Toast, Marmelade, Cornflakes, doppelter Espresso). Man hungert ein weiteres Kapitel nach einer Mahlzeit, bekommt aber erst im 11. Rührei mit Speck und Würstchen sowie einen der lokalen Camemberts vorgesetzt. Ein Kapitel später dann macht Bond seine schlechten Erfahrungen mit billigem Amerikanischen Frühstück (Orangensaft, Kaffe, Rührei), die ihm fast den Spaß an dem ganzen Agentenabenteuer und seiner schnuckeligen Begleitung vermiest. In Kapitel 13 wird Essen zwar erwähnt, aber nur, wie andere das tun. Dafür bietet Kapitel 14 gleich zwei Mahlzeiten: Abendbrot (Fisch in weißer Soße, ein Streifen Truthahn) und ein paar Sandwiches (nachdem Leiter seine Begegnung mit den Haien hatte). Eine kleine Änderung im Speiseplan gibt es dann im 15. Kapitel, wo einer der Bösewichte dann selbst vom Hai verspeist wird (eine Auflistung von Beilagen o.ä. bleibt leider aus). Kapitel 16 beginnt kulinarisch mit einem trippeldecker Sandwich und erwähnt noch ein frühes Abendessen vor dem Abflug nach Nassau (Flugzeugbewirtung wird Bond – und dem Leser – erspart). Nach einem nicht näher spezifizierten Frühstück in Kapitel 17 bereitet Quarrel in 18 etwas auf einem kleinen Kocher zu, doch unser Hunger nach mehr wird erst wieder am Ende von 22 gestillt – ebenso wie der der Haie, die Mr. Big verspeisen. Im letzten Kapitel wird dann noch erwähnt, dass Quarrel den besten Koch im Dorf organisiert hat, es wird schwarze Krebse, Ferkel und einen Avocado Salat geben… aber das soll eine Überraschung sein!

      Wir sehen, einzig das Nennen von Rezepten fehlt, um dem ganzen den richtigen Schliff zu geben. Sätze wie „Bond kochte… vor Wut“ würden in einem solchen Fall in einem völlig neuen Zusammenhang gesehen. (Das mit den Rezepten hat Manfred Taut in seiner Satire „James Bomb jagt die Zombies“ (Moewig) dann nachgeholt – wobei das Standardwerk in diesem Bereich zweifelsohne „Es muß nicht immer Kaviar sein“ von Johannes Mario Simmel ist.)

      Unterm Strich kann man also sagen, angemessener wäre der Titel „Live and let diet“… wobei dann aus „Goldfinger“ möglicherweise „Fishfinger“ geworden wäre, was eine ganze Industrie vorweggenommen hätte. Tja, damals war Bond eben oft seiner Zeit voraus.

      Spiel mir das Lied vom Bond

       Das James Bond Thema und die Frage: Wie wichtig ist die Filmmusik?

      Was macht einen Bond Film aus? Na, was? James Bond war mal ein gut aussehender, rauchender, gebildeter Mann aus der höheren Gesellschaft, der jede Menge Frauen abgeschleppt und nebenbei die Welt gerettet hat, ein paar Morde inbegriffen. Aber, machen wir uns nichts vor, das ist inzwischen alles austauschbar geworden. Alles? Naja, fast alles. Denn es gibt eine Sache, wirklich nur noch eine Sache, die Bond aus der Masse hervorheben, die ihn individuell, erkennbar, einzigartig machen kann – also warum zur Hölle nutzt man sie nicht?

      Die Rede ist, wie man unschwer dem Titel entnehmen kann, von der Musik. Hier hat man einen der größten Schätze der Filmgeschichte in der Hand und behandelt ihn völlig stiefmütterlich. Denn das James Bond Thema ist wohl eine der besten Action-Musiken aller Zeiten. Was den Wiedererkennungswert angeht spielt es locker in einer Liga mit „Mission: Impossible“, der „Star Trek“ Fanfare oder dem Thema von „Der weiße Hai“. Das Bond Thema ist einprägsam, leicht erkennbar, variabel und anpassungsfähig. Ich erspare uns jetzt, die Frage zu klären, wer nun mehr zu dieser Musik beigetragen hat, ihr eingetragener Komponist Monty Norman oder ihr Arrangeur John Barry – dazu gibt es Bücher, schlagen Sie es nach, wenn es Sie interessiert.

      Aber warum ist diese Musik – in meinen Augen – so wichtig und warum höre ich nicht auf, die Leute damit zu nerven? Nun, weil sie, wie gesagt, das einzige ist, wodurch sich Bond heutzutage noch von anderen Actionfilmen unterscheiden kann. Dieses Thema ist quasi das einzige, das nicht austauschbar ist. Diese Noten verliehen den Filmen ihre persönlichen Noten. Das Bond Thema ist zeitlos, es funktioniert in den 60ern genauso wie in den 90ern und im neuen Jahrtausend. Es hat Feuer, Klasse, Action. Es adelt jede Actionszene und lässt sie besser aussehen, als sie ist. Um „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ zu zitieren: „Es hebt… die Stimmung!“ Schauen Sie sich einfach mal den Anfang von „Moonraker“ an: Fallschirmspringen und Bond Thema – mehr braucht man nicht zu sagen!

      Von diesem Standpunkt es ist schon mal schwer nachvollziehbar, warum man diesen Schatz in letzter Zeit so selten nutzt, hätte er doch sogar eine Gurke wie „Ein Quantum Toast“ vielleicht wie einen halbwegs passablen Film aussehen lassen – oder zumindest über ein paar seiner Schwächen hinwegtäuschen können. Oder vergleichen Sie doch einfach mal „Skyfall“ mit „Largo Winch“. Streckenweise klingt die Musik beider Filme recht ähnlich – und nicht bondig. Bond wird mehr und mehr austauschbar und verliert, im wahrsten Sinne des Wortes, seine persönliche Note.

      Aber da ist noch etwas: Diese Musik (und nur diese Musik!) ist der einzig verbliebene Identifikationsfaktor. Es hat diverse Bonddarsteller gegeben, diverse Ms, Qs, Moneypennys, Leiters und sogar vier Blofelds. Die Räumlichkeiten haben gewechselt, die Autos, die Frauen. Nur eins ist Bond in all den Jahren treu geblieben: Seine Musik.

      (Exkurs: John Barry, den ich als das wahre Genie hinter dieser Musik vermuten würde, hat für „Liebesgrüße aus Moskau“ ein Stück mit dem Titel „007“ geschrieben, das er quasi als Gegenstück zum Bond Thema etablieren wollte. Es hat nicht so richtig funktioniert und man hört es nur in vier Soundtracks, die allesamt von Barry stammen… und in denen oft Boote zur Musik zu sehen sind.)

      Das Bond Thema ist zeitlos – und man kann es jederzeit einsetzen. Und das, ohne dass es langweilig wirkt und immer gleich klingt. Der beste Bond Soundtrack ist der, der es schafft, die Melodie des Titelliedes mit dem Bond Thema zu verbinden. So bleibt einerseits die Erkennung „Bond“ erhalten, andererseits erhält das Thema aber auch seine individuelle, dem jeweiligen Film entsprechende Note. John Barry war ein Meister darin, beide Musiken miteinander zu verweben und auch David Arnold macht seine Sache sehr gut – wenn man ihn lässt.

      „Goldfinger“ ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie beide Themen miteinander verwoben werden und gleichermaßen die Individualität des Films betonen aber auch die Integrität

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