Sie sind durchschaut, Mr. Bond!. Martin Cordemann
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„Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ ist einer der Sonderfälle, in dem der Name des Films nicht im Titellied auftaucht. (Welche Überraschung! Aber auch „Octopussy“ ist hiervon nicht verschont geblieben und der Song von „Der Spion, der mich liebte“ heißt „Nobody does it better“, auch wenn eine Textzeile auf den Titel verweist.) Das Lied in „Geheimdienst“ heißt „We have all the time in the world“ und wird während des Films gespielt. Zur Abwechslung (und zum ersten und einzigen Mal seit „Liebesgrüße aus Moskau“) hat der Film einen instrumentalen Anfangssong, der aber auch hier durchgehend und erfolgreich in den Soundtrack integriert wird.
Ein Beispiel, das etwas aus der Reihe läuft ist „Der Hauch des Todes“. Es scheint, als habe Barry seine Differenzen mit A-ha, den Schöpfern des Titelliedes gehabt – das kann man im Internet sehr schön nachlesen. Da stehen unschöne Bezeichnungen, die er für diese Gruppe hatte… und er setzt diese Differenzen auch in seiner Musik um: Er verwendet die Melodie von „The Living Daylights“ äußerst selten – dafür hatte er aber offensichtlich Spaß an der Musik, die man für den Killer Necros bei dessen ersten Einsatz gewählt hatte, und so pflegt er die Melodie von „Where Has Everybody Gone“ immer wieder – man hat das Gefühl: gerne – in die Filmmusik ein. Leider macht Necros irgendwann den Abgang und so muss er auf das „Daylights“ Thema zurückgreifen.
Auch David Arnold hat einen eigenen Stil für die Bond Musik entwickelt. Er unterscheidet sich etwas von dem Barrys, aber doch schafft er es, die Action auf den Punkt und das Bond Thema auf die Szene zu bringen. Auch das Verweben der Melodien gelingt ihm sehr gut. Zu traurig also, dass seine Musik für „Toast“ so enttäuschend ausgefallen ist. Bei „Casino Royale“, dem „Bond wird Bond“ Film, schafft er es auf wunderbare Weise, den Prozess dieser Entwicklung auch in der Musik widerzuspiegeln. So wie Bond baut sich auch sein musikalisches Thema nach und nach auf. Ein bisschen Bond hier, ein Touch da, bis man am Ende das hat, was man haben möchte: Das James Bond Thema. Dass er es in „Toast“ kaum verwendet verwundert – aber vielleicht hat er den Film auch nicht für einen Bondfilm gehalten?!
Wir sehen also: Das Bond Thema kann altvertraut und doch immer frisch und neu, der Situation, den Film angemessen sein. Und sie ist, neben dem Namen (und ich schreibe bewusst nicht „Charakter“) James Bond, das einzige, was noch aus den 60ern übrig geblieben ist und sich nicht verändert hat. Somit ist sie das einzige, was uns anzeigt, dass wir zu Hause sind, dass das hier ein James Bond Abenteuer ist und dass es sich bei dem gut gekleideten Typen, der Leute zusammenschlägt, um Agent 007 handelt und nicht um den Mann im Anzug aus „Person of Interest“. Die Musik sorgt dafür, dass das nicht austauschbare Ware ist – aber das scheinen die Produzenten nicht zu wissen. Oder es ist ihnen egal. Kann es ja auch sein, denn wenn einer der schlechtesten „Bond“ Filme (es ist kein Bond!) aller Zeiten, „Ein Quantum Toast“, der zweiterfolgreichste Film der Reihe ist, dann macht’s doch keinen Unterschied, dann kann man auch solchen Mist abliefern und dem Zuschauer wird’s schon gefallen. Also wozu sich Mühe geben?
Warum man einen Bond Film für Leute machen soll, die Bond Filme eigentlich nicht mögen… tja, erschließt sich mir nicht so ganz, denn dann braucht man ja auch streng genommen keinen Bond Film zu machen. Falls Sie das Gefühl haben, dass ich mich hier aufrege, dann liegen Sie gar nicht mal so falsch. Tja, ich schätze, das bringt uns zu der Frage: Was macht eigentlich einen Bond Film aus?
Was macht eigentlich einen Bond Film aus?
Nun, im Laufe der Zeit schraubt man seine Ansprüche ja immer mehr zurück. Das habe ich bei Bond inzwischen auch getan. Ich erwarte also keine clevere Handlung, keinen klugen Schurken, keinen brutalen Helfershelfer und keine schönen Frauen.
Hm, was ist mit den Figuren? Da gibt es doch bestimmt ein paar, die immer dabei waren, oder? Gute Frage: Welche Figuren tauchen in allen Filmen auf? Bond und M? Q? Moneypenny? Felix Leiter? Der Beisser? Nein.
Es gibt tatsächlich nur eine Figur, die in allen Bond Filmen auftaucht:
James Bond!
Selbst M ist nicht in allen Filmen vertreten (durch den überraschenden Tod des ersten M Darstellers, Bernard Lee, verzichtete man in „Moonraker“ auf die Figur und gab ihr „Urlaub“, durch einen neuen Schauspieler ersetzt wurde er erst im nächsten Film).
Wenn wir uns also auf die absoluten Mindestanforderungen beschränken wollen, die wenigen Formalien, die ein Film erfüllen muss, damit er ein BONDfilm ist, dann bleiben – neben der Hauptfigur – 4 Dinge übrig:
Gunbarrel-Sequenz am Anfang
Vortitelsequenz (Teaser)
Titel (am besten gesungen)
Bond Thema in der Musik während des Films
Klingt eigentlich nicht allzu kompliziert – scheint es aber zu sein. Umso schwerer ist es da zu verstehen, warum man diese wenigen Kriterien nicht einhalten möchte. Über die Musik und das Bond Thema hatten wir ja schon eingehend gesprochen, den Teil überspringe ich also mal.
Bleibt das Anfangstrio: Gunbarrel / Teaser / Titellied
Es gibt Bondfilme, die ohne auskommen und doch wie ein Bond Film wirken („Sag niemals nie“ – aber das liegt hauptsächlich an Connery) und es gibt welche, die alle diese Elemente beinhalten und doch kein Bond Film sind („Lizenz zum Töten“). Und es gibt die Craig Filme.
Die Gunbarrel-Sequenz
Aber, bevor wir gehässig werden, wieso könnte jemand (ich!) das als Problem ansehen? Ich meine, gerade die Gunbarrel-Sequenz ergibt, bei näherer Betrachtung, überhaupt keinen Sinn.
Weiße Punkte (sollen Kugeleinschläge andeuten) hüpfen über einen schwarzen Hintergrund, dann sehen wir durch den Lauf (nicht das Zielfernrohr!) eines Gewehrs auf einen hellen Hintergrund, vor dem ein Kerl entlangläuft, der sich plötzlich zu uns dreht, schießt und dann läuft Blut (???) über/durch den Gewehrlauf…
Ganz ehrlich, völliger Schwachsinn! Und doch ist es eine der besten und bekanntesten Eröffnungssequenzen, ähnlich wie die Augen und Hände beim „Tatort“. Sie signalisiert uns: Das ist Bond.
Seit „Dr. No“ wurde jeder (offizielle) Bond so begonnen, es ist ein Intro, eine Einführung, der Jingle bevor es losgeht. Diese Sequenz wegzulassen ist, als würde man „All you need is love“ von den Beatles ohne die französische Nationalhymne als Intro spielen. Manche Dinge gehören einfach zusammen – und werden nach einer gewissen Zeit auch erwartet.
Dass man die Sequenz bei „Casino Royale“ weggelassen hat, ist durch die Struktur des Films begründet und in diesem Rahmen halbwegs sinnvoll. Der Film soll Bonds Anfang zeigen, eine Anspielung auf diese Sequenz erfolgt in dem Moment, als er seinen zweiten Menschen tötet und sich damit seinen Doppelnullstatus verdient. So gesehen ist das eine schöne rückwirkende „Rechtfertigung“ für die Szene bei den anderen Filmen, da sie wiederum unterstreicht, dass es um 007 mit der Lizenz zum Töten geht. Diese Szene aber bei den folgenden beiden Filmen ans Ende zu setzen… kann ich nur mit einem ausufernden Seufzen kommentieren (wir werden im Laufe der Filmbesprechungen auch noch intensiv darauf eingehen, auch auf das Seufzen).
Aber was ist mit dem Teaser? Und dem Titellied? Und überhaupt? Nun, das berühmte Anfangstrio „Gunbarrel / Teaser / Titellied“ existiert in dieser Form eigentlich erst seit dem dritten Film („Goldfinger“, für alle, die es genau wissen wollen). Es