BÖSE im Bett. Andrea Lieder-Hein
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу BÖSE im Bett - Andrea Lieder-Hein страница 4
16.05.1798 – 16.05. 1807
Vorsichtig nahm Mia die verwelkten Blumen aus der grünen Plastik-Vase und sortierte die frischen Tulpen hinein. „Fein“, sagte sie laut und erzählte Fee von ihrem peinlichen Erlebnis mit der Sahne in der Lateinstunde.
Ungefähr vor drei Jahren erfuhr Mia zufällig, dass ein kleines Mädchen vor mehr als 200 Jahren in der Kirche als Findelkind abgelegt worden war. Danach hatte sie im Internet den Namen Fee und den Ortsnamen Waddehörn eingegeben. Staunend las sie die Legende.
***
Waddehörn ist ein Dorf im Landkreis Wittmund. Es liegt 4,3 Kilometer von Wittmund entfernt und hat 925 Einwohner. Urkundlich wird Waddehörn erstmalig im 17. Jahrhundert erwähnt. Die 72 Einwohner bauten damals ihre eigene evangelische Kirche, und zwar aus selbst gesammeltem Holz. Die kleine Kirche nannten sie Betstube. In dieser Betstube, so sagt es die Legende, wurde am 16. Mai 1798 ein Säugling abgelegt. Da die Mutter nie gefunden wurde, nannten die Bewohner das kleine Mädchen FEE. Fee wuchs praktisch bei allen gemeinsam auf. Sie half, als sie älter wurde, mal beim Füttern, holte die Tiere von der Weide, putzte und bereitete Essen für die Bauern auf dem Feld zu.
„Kurzum, sie war der Sonnenschein im Dorf und bei allen beliebt wegen ihrer Fröhlichkeit und Hilfsbereitschaft“, ist in einer alten Chronik nachzulesen.
An FEEs neuntem Geburtstag soll ihr ein Traum erfüllt worden sein. Sie bekam von Bauer Hinnerk Janssen ein Pony geschenkt. Bei einem kleinen Geburtstags-Ausritt traf es sich, dass Bauer Ubbe Ubsen seinen Hund erschießen musste, weil eine Falle seine Beine zerschmettert hatte. Dieser Schuss erschreckte das Pony von Fee derart, dass beide stürzten und das Mädchen sich auf einem Stein das Genick brach. Seit der Zeit blieb ihr Grab nie ungeschmückt.
Im 19.Jahrhundert galt die Kirche als einsturzgefährdet. Sie wurde danach abgetragen und durch einen Klinkerneubau ersetzt. Erst 27 Jahre später wurde der Kirche ein Turm angefügt.
Um die Kirche herum befand sich damals wie heute der Friedhof. Durch einen kleinen Gang, den Karkpad, gelangte man zum Pfarrhaus und zum Gemeindehaus.
Die drei Gemeinden Waddehörn, Upmeer und Ikenbargen teilen sich inzwischen Kirche, Friedhof und Gemeindehaus. Von den rund 2300Einwohnern der drei Gemeinden zählt die Kirchengemeinde stolze 1523 Mitglieder. (Stand 2013).
***
Mia schaute ein letztes Mal auf FEEs Grab. Genau an ihrem Geburtstag geboren. Schade, sie hätte FEE gerne kennen gelernt. Nur neun Jahre durfte sie leben. Furchtbar. Aber alle hatten sie lieb, und sie hatte ein Pony bekommen. Ihr Traum war in Erfüllung gegangen, wenn auch auf makabre Art.
Noch lange wanderten Mias Gedanken um FEE und ihren tragischen Tod, bis sie endlich über den Karkpad zurück zum Pfarrhaus eilte. Durch die Scheiben des Gemeindehauses konnte sie ihre Mutter sehen, wie sie sich auf den Chorabend vorbereitete. Donnerstags war immer Frauenchor. Im Vorbeigehen winkte Mia ihrer Mutter zu. Insgeheim wünschte sie sich, dass sie am Freitag niemand ab 23:45 Uhr vermissen würde, wenn sie mit ihren Mitschülern in der Leichenhalle hinter der Kirche ihren 14. Geburtstag feiern würde. Vollmond, das war Voraussetzung, denn sie wollten einen Okkulten Abend feiern.
005 Polizeiinspektion Aurich/Wittmund
Eike Sonneboek wachte gegen sechs Uhr auf und dachte nur „Gott sei Dank FREITAG“. Dann duschte er, trank einen lauwarmen Pulverkaffee und fuhr zur Schule. Seit Februar unterrichtete er am Hans-Berger-Gymnasium in Wittmund Biologie und Sport. Er erinnerte sich mit Grausen an die erste Frage seines Schulleiters, als er seinen Dienst antrat. „Sie wissen sicher, wer Hans Berger war?“ Eike spürte ein mulmiges Gefühl, als er mit einem fragenden „Nein?“ antwortete. „Morgen wissen Sie es“, sagte der Direktor und schritt davon.
Danach hatte Eike sich sofort mit seinem Smartphone im Netz informiert. <Hans Berger lebte von 1873 – 1941 und war der Entwickler der Elektroenzephalographie (EEG). Er war als Neurologe und Psychiater tätig und forschte daran, Hirnströme messen zu können. Seine Entdeckung wurde erst viele Jahre später gewürdigt. >
Am folgenden Tag kam in der großen Pause der Direktor zu ihm und grinste. „Ich frage Sie jetzt natürlich nicht wie einen Schulbub ab. Ich weiß, dass Sie sich informiert haben. Wenn nicht, werden Sie es bei uns nicht weit bringen.“ Mit diesen Worten entschwand er wieder.
***
Nils Lindström versuchte verzweifelt, mit der maroden Kaffeemaschine noch etwas Brauchbares zu kochen. Aber es funktionierte nicht.
Wenn nachher die Neue kommt, dann kann die sich erst einmal um die Maschine hier kümmern. Frauen können doch gut mit Kaffeeautomaten umgehen.
Ich glaub’ kaum, Nils, dass die Kommissarin zum Kaffee kochen hier eingestellt wurde.
Ach, Egon, du nimmst mir allen Mut auf einen ordentlichen Kaffee. Wo kommt die her? Aus dem Ruhrpott?
Gelsenkirchen.
Ach du Schreck. Auf Schalke-Fan? Das fehlt noch gerade. Keinen Kaffee kochen können und Auf Schalke. Ist die strafversetzt? Von Gelsenkirchen nach Wittmund?
Willst du behaupten, Wittmund sei eine Strafe? Nee, ich weiß nichts von strafversetzt. Die hat in Essen gearbeitet und in Gelsenkirchen gewohnt. Vielleicht mal ein Tapetenwechsel?
Naja, warten wir’s ab. Wann kommt die?
Ja, müsste bald eintrudeln.
Und? Haste was gebacken, Reisig?
Nee, Nils, nichts gebacken und keine Blumen. Aber Schreibtisch und Laptop besorgt.
Und was ist nun mit meinem Kaffee?
Jaul nicht rum. Geh’ eben zur Pizzeria am Markt und hol’ uns zwei Cappuccino auf meine Kosten.
Nicht drei?
Nein zwei. Erst mal sehen, wie sie ist.
***
„Kollegen, es fällt mir schwer, aber Kommissarin Jana Drexeler hat die ausgeschriebene Stelle bei der Polizeiinspektion Wittmund angenommen und wird ihren Dienst dort ab Mitte Mai antreten. Bis dahin verbringt sie noch auf Norderney ihren wohlverdienten Resturlaub und studiert schon mal die niedersächsische Bevölkerung.
Jana, wir bedauern das wirklich sehr. Du wirst uns fehlen, und wir hoffen natürlich, dass du als Fan nicht zu Hannover 96 wechselst. Naja, gewöhn’ dich erst einmal an die Mentalität der Niedersachsen. Sollen echte Sturköpfe sein. Nicht so, wie wir aus dem Pott.“
Jana lächelte in sich hinein, als sie an die Abschiedsworte