Die perfekte Insel. Thomas Frick

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Die perfekte Insel - Thomas Frick

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      Wenn ich das geblendete Auge direkt an das Gehäuse presste, war ein bisschen zu erkennen. Also hieß es: wassertreten, Taucherbrille abnehmen und nachgucken. Aha, die Kamera war im Standby-Modus. Also: einschalten, Brille aufsetzen und tauchen. Zum Abschalten die gleiche Prozedur. Oder hatte ich in meiner Aufregung einmal zu oft gedrückt?

      Aber immerhin, ich machte die ersten Unterwasserbilder mit der neuen Technik – was allerdings noch nicht so viel einbrachte, denn außer Sand, abgestorbenem Korallenschrott und ein paar wenigen mehr oder minder bunten Fischlein war nichts Spektakuläres auszumachen. So schnorchelten wir voller Neugierde auf die Insel zu.

      Irgendwann nach 200 Metern wurde es so flach, dass ich die Flossen ausziehen musste, sie unter den Arm klemmte und aufrecht und barfuß auf die Insel zu marschierte. Es piekte ganz unromantisch in die Sohlen und ich ging vorsichtig wie ein Storch, dachte an Seeigel und Steinfische. Bei Letzteren sagt man, man könnte nach einem Stich getrost weiterschwimmen. Ein Arzt lohne nicht, weil man eh nach zwanzig Minuten tot sei. Eventuell solle helfen, die Stelle mit über siebzig Grad heißem Wasser abzubrühen. Na immerhin, dreißig Grad waren es ja schon überall.

      Stefan war wie immer schneller und nahm den weißen ebenso stacheligen Strand zuerst in Besitz. Viel zu sehen war nicht, außer einer Menge Müll, von Touristen dagelassen oder angeschwemmt.

      Ein bisschen ratlos latschten wir herum und machten uns gegenseitig Mut. Klar, zur Not könnte man hier irgendetwas drehen, was wie eine einsame Tropeninsel aussehe, aber ohne Palme war das Ganze doch nur ein Haufen Sand und der Busch war viel zu klein für die Verfolgungen und anderen Handlungselemente.Ich knipste mit der Sony im Fotomodus ein paar Gipfelfotos und sah dabei vor greller Helligkeit nicht einmal, ob ich gerade im Tele- oder Weitwinkelbereich war.

      Indessen hatte unsere Besatzung das Beiboot zu Wasser gelassen und zwei Jungs von der Crew stakten uns langsam entgegen. Mangels Ruder stießen sie sich mit einer weißen Stange ab. Als Stefan einstieg, war das halbe Ding schon voller Wasser. Ich jauchzte vor Entzücken, das schrottige Teil, das bei der kleinsten Bewegung abzusaufen drohte, war perfekt für den Film. Dieses Minischiffchen war so armselig, dass damit die Charakterisierung des Postmanns ganz von alleine funktionierte.

      Wieder im Dhoni stürzten wir uns auf unsere Wasserflaschen. Ich sagte Stefan, dass sein Rücken schon ein bisschen rot sei. Und weiter ging es – die nächsten vierzig Minuten mit Volldampf zur Insel Huruelhi, die schon ganz klein am Horizont zu sehen war.

      chapter2Image4.jpeg Je näher wir kamen, desto optimistischer wurden wir, denn hier sah es schon viel besser aus. Über einem langen hellen Traumstrand stand ein saftig grüner Wald aus Büschen und wunderschönen Kokospalmen. Ein vor Anker liegendes Boot störte uns zunächst nicht weiter, klar mussten wir damit rechnen, dass auch andere Leute hier unterwegs waren.

      Wir ankerten, sprangen ins Wasser und schwammen an Land.Am Strand standen ein paar einsame weiße Sonnenschirme herum, aber zum Glück waren es transportable, die wir natürlich zum Drehen entfernen würden.

      Von Nahem war die Insel noch schöner: ein perfekter weißer Strand, mehrere Palmengruppen und das Ganze nicht zu groß und nicht zu klein. Eine sandige Lücke in den Büschen führte zu einer Lichtung unter einer Gruppe von Palmen, unter denen ein Büfett aufgebaut war und ein paar Leute auf Romantik machten. Eine Art Bodyguard kam eilig auf uns zu und teilte uns unmissverständlich mit, diese Insel gehöre dem Hilton-Hotel und dass wir die Insel sofort verlassen müssten, wenn wir nicht zufällig Gäste seien.Wir hatten laut unserer Rezeption eine Erlaubnis, aber der gute Mann wusste natürlich nichts davon. Bevor ich anfangen konnte, zu diskutieren und auf unsere leider nur mündliche Genehmigung vom Holiday-Island-Management zu pochen, kam Stefan mir mit einem charmanten Lächeln zuvor. Er mimte vollstes Verständnis. Ober er sich als Ehrenmitglied des Hilton-Clubs – oder so ähnlich – mal am Strand umsehen dürfte? Vermutlich allein die Tatsache, dass er solche Wörter überhaupt kannte, ließ den Bodyguard strammstehen und er erlaubte uns einen ganz, ganz kurzen Blick aufs Paradies.Wir gönnten uns einen halbstündigen Spaziergang rund um die Insel und danach schnorchelten wir noch ausgiebig in den heiligen Gewässern.

      Das Hausriff war ansehnlich, es gab keine großen oder seltenen Fische, aber immerhin eine Menge intakter Tischkorallen mit schönen Fischschwärmen, über die ich im Blindflug und ein wenig zu hektisch – mit der Kamera auf Dauerbetrieb – dahinplanschte, nie ganz sicher, ob sie tatsächlich an war.

      Wegen der vorangegangenen Stürme und Regengüsse war das Wasser relativ trübe und es herrschte eine starke Strömung. Trotzdem tat es wieder einmal gut, nach Jahren über einem Korallengarten zu schweben. Es war wirklich schon verdammt lang her.

      Auf der folgenden etwa 25 Kilometer langen Fahrt quer durch das Süd-Ari-Atoll zu einem Inselchen namens Dhehassanu Lonu Bui Huraa hatten wir dann ausgiebig Zeit, zu relaxen. Ich stürzte mich, inzwischen hungrig, auf die Lunchbox. Darin waren Melonen, bei denen mir schon vom Geruch schlecht wurde, kalte pappige Pommes frites mit Ketchup, der sich weigerte, die schützende Flasche zu verlassen, und etwas, was zunächst wie Hühnersandwich aussah und nach allem Möglichen roch.Ich aß es gierig und hatte das zweite Ding schon halb herunter, als ich merkte, dass es wohl doch Thunfisch enthielt. Dazu sei erwähnt, dass mich seit frühester Kindheit wenn nicht eine Fischallergie, doch zumindest eine ausgeprägte Aversion gegen alle Arten von Seafood plagt und ich jedes Mal die Farbe wechsle, wenn ich geräuchertem Aal, Seelachs, Shrimps, Seetang, ja, selbst Delfin in Dosen auch nur zu nahe komme.

      Stefans Rücken war inzwischen krebsrot. Ich sagte es ihm und piekte ihn zur Untermalung noch einmal mit dem Finger an, aber es schien ihn, den sonnenerprobten Wüstensohn und Dubaianer, einfach nicht zu interessieren. Ich prophezeite ihm also eine unschöne Nacht.

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      Unermüdlich pflügte das Dhoni durch die Wellen. Die Besatzung traute sich nicht an die Lunchbox, vermutlich nicht, weil es ihnen nicht schmeckte, sondern weil sie einfach nicht durften. Wenigstens konnte Stefan ihnen ein paar von den Melonenstückchen verabreichen. Es war ein seltsames Bild: die drei braungebrannten einheimischen Skipper, dicht um das Steuerrad gedrängt, und in der vorderen Hälfte des Schiffes die beiden Weißen bzw. Roten, die eine irrsinnige Summe Geldes dafür ausgaben, sich menschenleere Inseln anzusehen, beim Anblick eines verranzten Miniruderbootes fast auf die Knie sanken und die tolle Kiste mit den Leckereien verschmähten.

      Und dann kamen wir nach einer Stunde Fahrt zu der Insel mit dem langen Huraah-Namen und wollten gar nicht erst aussteigen, obwohl es sogar einen schicken langen Steg gab und Wellenbrecher sowie riesengroße Sonnenschirme, also richtig gemütlich, erschlossen, zivilisiert.

      Stefan lief pro forma doch mal schnell die paar Meter zur Inselmitte und kehrte gleich kopfschüttelnd wieder um. Man hatte uns eine leere Insel nur mit ein paar Palmen versprochen, das Satellitenbild hatte es auch so gezeigt, aber die Zivilisation hatte bereits zugeschlagen. Das hier war ein totaler Reinfall.

      chapter2Image6.jpeg Aber dennoch mussten wir, nur weil wir die mit viel Geld so schön hergerichtete Insel betreten hatten, noch zu einer daneben liegenden Hotelinsel fahren und die fällige Gebühr bezahlen. Von der Besprechung am Vortag hatte ich noch so etwas wie drei Dollar in Erinnerung, jetzt waren es auf einmal schon zehn.

      Stefan reichte zwanzig herüber und wartete auf das Wechselgeld. Nein, selbstverständlich waren schon immer zehn Dollar pro Nase gemeint! Und da bewunderte ich mal wieder, wie wenig der sonst so Sparsame am Gelde hing und sich die Laune nicht verderben ließ. Er respektierte vermutlich die Geschäftstüchtigkeit

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