"Take Care!". Hermine Stampa-Rabe
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„Wie sind Sie eigentlich auf diese Idee gekommen?“
„1990 durch die Ankündigung in einem amerikanischen Fahrrad-Magazin. Und weil ich für drei Monate auf meiner Arbeitsstelle keinen Urlaub bekommen konnte, nahm ich mir vor, 1998 dieses große Abenteuer zu wagen, wenn ich in Rente gekommen bin. Und nun bin ich hier und kann es gar nicht erwarten, starten zu dürfen. Darf ich bitte mein Fahrrad mit auf meine Zimmer nehmen, so, wie ich es per Telefon von Deutschland aus schon gefragt hatte?“
„Aber selbstverständlich.“
Voll der neuen Eindrücke hatte ich das unbedingte Bedürfnis, mit Kläuschen per deutscher „freecall-Karte“ zu telefonieren. Die Sehnsucht nach ihm zehrte in mir. Das Telefonieren funktionierte aber damit nur nach Deutschland und nicht innerhalb der Vereinigten Staaten. Die Uhr zeigte hier kurz vor 24.00 Uhr. Niemand nahm zu Hause ab.
„Ach ja,“ dachte ich bei mir, „durch die Zeitverschiebung ist es in Kiel augenblicklich sechs Stunden früher, also mittags 12.00 Uhr. Er befindet sich auf der Arbeitsstelle.“
So sprach ich auf das Band. Anschließend wechselte ich bei meinem Fahrrad die neuen Pedalen gegen die Mountainbike-Pedalen aus und hängte die Packtaschen, die ich gefüllt aus dem Seesack holte, an das Rad. Erst danach legte ich mich um 1.30 Uhr frisch geduscht ins riesige und komfortable Doppelbett. Kläuschen fehlte mir sehr.
Die ersten Schwierigkeiten
Richmond (48 km) 48 km
Am nächsten Morgen ging das Kramen in meinen Packtaschen nach Fahrradgarderobe für die Fahrt nach Richmond zum Fahrradgeschäft los. Hinterher sah es hier aus wie nach einer Bomben-Explosion, hatte aber den Vorteil, nun zu wissen, was sich in welcher der Taschen befand.
Nach dem Frühstück verabschiedete ich mich im Hotel. Der Chef und die Bediensteten waren traurig, daß ich schon wieder abreiste. Sie standen voller Respekt in zwei Reihen bis zur Tür für mich Spalier.
„Bitte, schreiben Sie uns unbedingt eine Karte, wenn Sie am Pazifik angekommen sind. Take care!“
Draußen umgab mich kühle Luft. An das Gefühl, mit dem vollbepackten Rad zu fahren, mußte ich mich jetzt gewöhnen. Für heute hatte ich mir vorgenommen, ein günstigeres Motel zu suchen, das ich bald fand und in dem ich in meinem Zimmer die Packtaschen zurückließ.
Die Fahrt zum Fahrradgeschäft auf der Westseite der riesigen und bergigen Stadt Richmond war spannend. Von überall wurde ich freundlich und anerkennend gegrüßt; denn hier war ich zwischen den Autos die Einzige auf einem Fahrrad. Hin und wieder erreichte mich zwischen den großen Wolken die Sonne. Es wurde sehr warm. Im Fahrradgeschäft gab ich mein Rad in sofortige Reparatur und konnte es am frühen Nachmittag wieder abholen.
„Mit dem Bremsgriff konnten wir nichts weiter machen, als ihn etwas gerade zu biegen. Einen so kleinen Bremsgriff für kurze Kinderfinger haben wir hier leider nicht auf Lager. Aber auf die Bremse können Sie sich voll verlassen. Sie funktioniert wieder. Take care wünschen wir Ihnen bei Ihrem bemerkenswerten Abenteuer!
Erst am Spätnachmittag erreichte ich wieder mein Motel. Mein Wunsch, bei der Post Päckchen und Briefmarken zu holen, ging nicht in Erfüllung, weil die Post schon um 17.00 Uhr geschlossen hatte. Das wurde auf den nächsten Tag nach dem Frühstück verschoben.
Per Telefon konnte ich in Kiel jetzt auch niemanden mehr erreichen und sprach wieder aufs Band. Meine Gedanken kreisten um mein gemütliches Zuhause. Wie vermißte ich mein liebevolles Kläuschen. Meine Kinder waren ja schon groß und selbständig. Olaf und Ines wohnten in Hamburg, Achim und Alexandra bei Stuttgart und Gudrun in Berlin. Wir waren es gewohnt, uns nur selten zu sehen. Was hätte ich ohne das Telefon gemacht, die unsichtbare Nabelschnur, die uns verband?
Eine seelische Leere hielt mich lange vom Schlaf ab.
Als deutsche Sportlerin in Amerika beim Frühstück
Richmond - Williamsburg (79 km) 127 km
Ein Waffelhaus lag unserem Motel als einzige Alternative zum Frühstücken gegenüber. Dort nahm ich Platz.
„Was möchten Sie essen?“
„Haben Sie Müsli?“
„Nein, so etwas führen wir nicht. Sie können Waffeln, Spiegeleier, Speck, Pommes frites, Bratkartoffeln und Pfannkuchen bekommen.“
„Nein, danke. So etwas verträgt mein Magen morgens nicht. Haben Sie Cornflakes?“
„Ja, verschiedene kleine Päckchen für Kinder.“
In meinem holperigen Englisch versuchte ich, mich diesem jungen Mädchen gegenüber verständlich zu machen. Sie brachte mir kleine Schachteln zum Auswählen.
„Geben Sie mir bitte 1 Päckchen Cornflakes, 1 Päckchen Haferflok-ken, 1 Joghurt, 1 Glas Apfelsinensaft und ein großes Glas mit heißer Schokolade.“
„Keine Milch?“
„Nein, danke.“
Sie schaute mich ungläubig an.
Als sie mir alles auf den Tisch gestellt hatte, schüttete ich mir die Cornflakes und Haferflocken in eine Schüssel, den Joghurt darüber und übergoß alles mit dem Apfelsinensaft. Während ich alles verrührte und anfing, dieses zu essen, sah ich in meinen Augenwinkeln, wie meine Kellnerin ihre Kollegin heranwinkte und sie auf mich aufmerksam machte. Gemeinsam standen sie in meiner Nähe und beobachteten mich. So etwas hatten sie wohl noch nie gesehen.
Nachdem ich meine heiße Schokolade mit Genuß ausgetrunken hatte, löffelte ich glücklich mein Müsli in mich hinein. Die Gäste an den anderen Tischen aßen heiße Waffeln mit Kirschen oder Spiegeleier mit Speck, Pommes frites, Pfannkuchen, Bratkartoffeln oder Hamburger. Dazu tranken sie alle heißen Kaffee.
In meinem Motelzimmer suchte ich nun aus meinen Packtaschen die zwei neuen Ritzelsätze zum Auswechseln, alle Garderobe für die kalte Zeit in den Rocky Mountains und meine Nahrungsmittelergänzungs-präparate (Lachsöl-Kapseln, Coenzym Q10, Blütenpollen mit Gelee Royal und Anabolloges) hervor und legte alles auf den Tisch. Von meinem Verein ADVENTURE CYCLING besaß ich eine Liste mit Poststationsadressen während meiner langen Fahrrad-Expedition. Zu Hause hatte ich schon beschlossen, von dem warmen Williamsburg aus diese Sachen vorzusenden, um meine Packtaschen zu erleichtern. Für meine Präparate hatte ich schon von Deutschland dicke Briefumschläge mit den entsprechenden Adressen darauf mitgebracht und die abgezählten Pillenbeutelchen ebenfalls. So begann ich nun, alles in die entsprechenden Briefumschläge zu stecken.
Die aussortierte Garderobe sowie die beiden Kartons mit den schweren Ritzelsätzen kam in den roten Ortlieb-Sack. Tatsächlich schaffte ich alles noch bis 10.15 Uhr. Dann checkte ich bei Dauerregen in meinem Motel aus und fuhr mit meinem Rad, das bis oben hoch bepackt war, zum Postoffice, wo mir die nette junge Frau dabei half, alles auf den Weg zu bringen. Dieses wurde für die Post ein Großauftrag. Alle Postangestellten standen staunend vor mir und ließen sich mein mir bevorstehendes Fahrradabenteuer erzählen. Sie konnten es gar nicht glauben. „Take care“, wurde mir von ihnen und den anwesenden Postkunden zugerufen, als ich das Postgebäude verließ.
Ganz