Lizenz zum Schnüffeln. Martin Cordemann

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Lizenz zum Schnüffeln - Martin Cordemann Harry Rhode

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      „Sie waren der beste Vorgesetzte, den ich bei der Mordkommission je hatte.“

      Tränen der Rührung traten in seine Augen. Also sagte ich nicht, dass er auch der einzige Vorgesetzte gewesen war, den ich bei der Mordkommission gehabt hatte – bisher.

      „Ich hätte ja gerne noch mal mit Ihrer Tochter...“ sagte ich scheinheilig.

      „Sie hat sich nach Ihnen erkundigt. Wäre Ihnen morgen recht?“ Er grinste schmutzig, ich hätte nie gedacht, dass er dazu fähig gewesen wäre.

      „...ähm“, mir fiel nicht ein, wie ich den Satz sinnvoll beenden und entschärfen konnte, der Whisky tat seine Wirkung. „...eine Ausstellung von seltenen Lebewesen eröffnet!“

      Sein Blick veränderte sich etwas. „Würden Sie trotzdem morgen Abend zu uns zum Abendessen kommen?“

      „Solange ich nicht mit ihr allein sein muss.“

      „Sie haben mein Ehrenwort.“ Er nickte mir zu und ging zur Tür. Als er sie geöffnet hatte, drehte er sich noch einmal um und sagte: „Übrigens Rhode, Sie sind heute zu spät gekommen. Unterlassen Sie das in Zukunft!“ Dann ging er, wieder ganz mein Chef.

      Angesäuselt lehnte ich mich in meinem Sessel zurück. Prosser, irgendwie... irgendwie kam mir dieser Name bekannt vor. Und das nicht einmal in einem positiven Zusammenhang! Kein allzu gutes Zeichen. Zusammen mit der Flasche verschwanden die Gläser in meiner Ablage für „besonders schwierige Fälle“; dort bewahrte ich auch die Chips und die Schokolade auf.

      Was war das nur für ein Tag? Mein Chef hatte mir gerade mitgeteilt, dass nicht ich das Schiff verlassen würde, sondern er. Auch keine besonders gute Neuigkeit. Ich warf einen flüchtigen Blick auf die Akten. Es ging um Stefan Blick, der momentan flüchtig war. Gewesen war. Die zweite Akte gab Auskunft, dass er in einem Hotel in der Schweiz gefunden worden war. Tot, für seine Verhältnisse ein ziemlich unangenehmer Zustand. Scheinbar hatte er die Rechnung des Hotels nicht bezahlt. Sollten sich die Schweizer drum kümmern. Mord war ein internationales Geschäft, war es auch schon gewesen, bevor die EG alle Grenzen geöffnet hatte.

      Prosser?! Woher kannte ich diesen Namen nur? Es... es musste irgendetwas Unangenehmes gewesen sein, da war ich mir mittlerweile ziemlich sicher. Aber was? Seufzend lehnte ich mich wieder zurück, es gab nichts zu tun, und starrte die Wand an. Was für ein Tag? In Kürze würde ich einen neuen Chef bekommen, mein alter Chef würde in das größte Dorf Deutschlands versetzt und seine Tochter würde die Stadt nicht verlassen. Es war das übliche Chaos. Ich sah auf den Kalender. Natürlich. Es war Montag!

      Kapitel 1

      „...erfordert es, dass ich die Versetzung in eine andere Dienststelle antreten werde“, schloss Kronzucker seine Rede vor seiner ehemaligen Mannschaft, der Mordkommission. Lohmann hatte Tränen in den Augen, Schlüter wischte seine Brille, sogar die Fischer konnte sich ein Schniefen nicht verkneifen. Und da war auch dieses hinreißende Fräulein Rausch, das herzallerliebst in sein reizendes Taschentüchlein hineintrauerte. Sie sah zu mir herüber und lächelte traurig. Fast alle hier hatten Kronzucker gemocht. Oder sie hatten einfach mehr über diesen Prosser gehört als ich? Jedenfalls schienen sie geknickt, dass Kronzucker uns verließ.

      Wir hoben die Sektgläser und stießen an. Schon wieder Alkohol im Dienst. Ich hatte mich gerade erst von meiner letzten Beschäftigung damit erholt. Wahrscheinlich würde bald ein anderer Wind wehen, und wenn sich meine Befürchtung bewahrheiten sollte, würde sich die laue Brise in einen kalten, scharfen Zug verwandeln.

      Dies war der letzte Tag unseres alten Chefs, wenn nicht plötzlich jemand ermordet wurde, konnten wir den ganzen Tag feiern. Morgen würde schon der neue Mann kommen – und der neue Wind, wie zu befürchten war. Prosser? Prosser??? Warum klang das nur so unangenehm bekannt… wobei die Betonung auf unangenehm lag! Hmmm... Das Büro-ja-es-war-eins-im-Gegensatz-zu-meinem Kronzuckers war leer geräumt, seine Sachen befanden sich auf dem Weg zu seinem Bestimmungsort. Ein trostloser Job, der da auf ihn wartete. Ich fragte mich, warum man einen so fähigen Mann abgeschoben hatte. Auch der Polizeipräsident kam kurz vorbei, schüttelte Kronzucker die Hand und sagte, er hoffe, dass er auch in seiner neuen Position Erfolg haben werde. Mit einem Seitenblick zu mir meinte er, er wünsche ihm auch eine Mannschaft, die zu guter Polizeiarbeit fähig wäre – und zu mehr Disziplin! Dann ging er.

      Wir machten früh Schluss an diesem Tag. Warum auch nicht? Es gab nichts zu tun und eigentlich nichts zu feiern. Die bedrückte Stimmung, die aufgekommen war als der Polizeipräsident erschien, hatte sich nicht abgebaut sondern verbreitet. Also machten wir den Laden dicht. Traurig sah Lohmann zu mir. Ich nickte. Es war eine Schande. Aber was sollte man dagegen machen? In Hamm brauchten sie jemanden, der beim Tag der Offenen Tür die Eröffnungsworte sprach!

      Mein Finger löste sich vom Klingelknopf. Ich hörte leise Schritte auf dem Linoleumfußboden und dann öffnete sich die Tür. Kronzucker sah mich mit schiefem Lächeln an. „Sie haben sicher meine Tochter erwartet, was?“

      Ich sah mich vorsichtig um. „Also doch eine Falle?“

      Er lächelte. „Seien Sie beruhigt.“

      Ich war es nicht, diesem Mann war alles zuzutrauen.

      „Kommen Sie doch herein.“

      Eins musste man Kronzuckers Tochter wirklich lassen: sie mochte mich! Aber sie war leider auch eine schreckliche Nervensäge. Sie konnte sich stundenlang mit jemandem unterhalten, ohne dabei irgendeine Regel des Dialogs zu verletzen. Außer der, dass normalerweise mehr als eine Person daran teilnahm! Hatte ich jedenfalls gehört, selbst getroffen hatte ich sie noch nie. Kronzucker sah mich von oben bis unten an. „Wo haben Sie denn den Smoking her?“

      Ich hob die Schultern.

      „Steht Ihnen überraschend gut. Wird meiner Tochter sicher auch gefallen...“

      Sofort hatte ich meine Walther im Anschlag, oder ein intellektuelles Gegenstück.

      „Seien Sie locker, Harry, es wird Ihnen schon nichts passieren.“

      Er hatte leicht reden. Dafür reichte er mir wenigstens einen Scotch.

      „Nett, dass Sie gekommen sind. Auch trotz der lauernden Gefahren.“

      Das Essen verlief in ruhigen Bahnen und auch wenn Kronzucker es sich nicht nehmen ließ, mich das eine oder andere Mal zusammenzucken zu lassen, erschien seine Tochter nicht nur nicht überraschend sondern schlicht gar nicht. Als ich ging begleitete mich mein ehemaliger Chef zur Haustür, schüttelte mir noch einmal die Hand und meinte: „Lassen Sie sich nicht unterkriegen, Harry.“ Ich versprach, mich bei ihm zu melden und wir gingen auseinander. Immerhin wartete ein neuer Arbeitstag auf mich. Und ob er erfreulich werden würde war noch zu bezweifeln. Zum Glück war Sommer. Ich schwang mich auf mein Rad und fuhr, ohne Licht, nach Hause. Wenn im Sommer nicht alle durchdrehen, passiert nicht viel. Jedenfalls nicht in meinem Zuständigkeitsbereich. Hoffentlich blieb es so.

      Wie üblich kam ich am nächsten Tag zu spät. Da ich nur Whisky und kein Bier getrunken hatte, war ich auch kaum verkatert. Aber ganz wohl fühlte ich mich auch nicht. Noch unwohler fühlte ich mich, als das reizende Fräulein Rausch in meine Sprechstunde kam, sie schwebte förmlich in mein Büro-das-diesen-Namen-weiß-Gott-nicht-verdiente-aber-durch-ihre-Anwesen­heit-mehr-als-veredelt-wurde und sagte himmlisch, aber mit Unheil verkündendem Unterton: „Guten Morgen, Harry.“ Dann näherte sie sich meinem Schreibtisch, legte ein paar dünne Akten darauf und fügte hinzu:

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