Lizenz zum Schnüffeln. Martin Cordemann
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„Ich dachte, das wichtigste wäre Leistung“, warf ich ein, ungeachtet der Tatsache, dass Prosser zum ersten Mal etwas Vernünftiges gesagt hatte.
„Völlig richtig. Und damit kommen wir zum Punkt: Wir werden einen Schlag gegen die Unterwelt führen, den sie nicht so schnell vergessen wird. Wie ich aus den Akten ersehen habe, gibt es im Hafengebiet ein Lagerhaus, in dem wahrscheinlich Drogen umgeschlagen werden. Wir werden dieses Lagerhaus unter Bewachung stellen und im richtigen Moment zuschlagen.“ Seine Faust fuhr in die flache Hand.
„Gibt es dabei nicht ein paar Haken?“ wandte ich ein.
„Sie werden uns sicher über Ihre Einwände aufklären, Inspektor Rhode“, er spie meinen Namen förmlich aus.
„Naja, Rauschgift ist und bleibt nun mal eine Sache des Rauschgiftdezernats, von dem Sie ja bekanntermaßen zu uns rübergewechselt sind. Da konnte man mit großen Aktionen Eindruck schinden, aber wir sind hier bei der Mordkommission und da sehe ich nicht, wie Sie hier eine Ihrer Aktionen durchführen wollen, ich meine, alle Mörder auf einen Schlag festnehmen oder so. Ähm, normalerweise arbeiten wir so, dass wir warten, bis ein Mord geschieht und dann finden wir heraus, wer es war. Anders ist es schwerlich möglich. Es sei denn natürlich, Sie gedenken, alle mutmaßlichen Mörder einzusperren... aber das wären dann eine ganze Menge.“
Die anderen unterstützten mich.
„Dann werden Sie sicher einen besseren Vorschlag haben, Inspektor Rhode.“
„Ja: Lernen Sie erstmal, wie wir arbeiten!“
Sein Blick hätte selbst den absoluten Nullpunkt noch in Erfrierungen versetzt; aus einer anfänglichen Apathie gegen mich wurde langsam aber sicher zielgerichteter Hass.
„Mein Vorschlag wäre, einfach weiterhin zu versuchen, die begangenen Morde aufzuklären. Und möglichst keine neuen zu begehen. Damit sind wir bisher ganz gut vorangekommen.“
„Sie wollen mir also nicht helfen, meine Herren.“ Wer wollte ihm schon helfen, auf anderer Leute Kosten Polizeipräsident zu werden? Wir wussten doch genau was er vorhatte. Wer hätte damit rechnen können, dass er schon am ersten Tag seiner neuen Stellung gleich seine Karten auf den Tisch legen würde? Er war anscheinend dümmer als er selber glaubte – das sowieso, aber er war sogar dümmer als er glaubte dass andere von ihm denken würden er wäre es.
„Das wäre es für’s erste“, sagte er und entließ uns. Seine Idee vom großen Coup hatte sich für’s erste zerschlagen. Dachten wir.
Ein paar Tage später, es war noch immer Sommer und es war noch immer nichts passiert, außer ein paar Autounfällen mit Fahrerflucht, marschierte Prosser durch die Büros-von-denen-das-eine-oder-andere-diesen-Namen-sogar-mehr-verdiente-als-Prosser-überhaupt-einen und legte jedem einen Stapel Akten auf den Tisch. Ich starrte gerade in Gedanken versunken aus dem Fenster, als er in mein Büro-das-selbst-in-seiner-ausgesprochen-unangenehmen-Farbwahl-ansprechender-und-wärmer-wirkte-als-Prosser stürmte und mich anwies, meine Beine vom Schreibtisch zu nehmen. Dann legte er lächelnd auf eben denselben die Akten und sagte: „Da Sie ja anscheinend nichts zu tun haben: ich habe etwas für Sie zu tun. Hier habe ich einen Stapel mit Mordfällen, die nicht geklärt wurden. Klären Sie sie.“ Dann trabte er wieder hinaus. Er machte es einem wirklich nicht leicht, ihn ausstehen zu können. Kurz nach ihm kam Sauer, der gerade einen Fall von Selbstmord bearbeitete, zu mir rüber und reichte mir die Zeitung. Auch er hatte einen Stapel Akten bekommen. Die Zeitung gab Auskunft warum.
„NEUER LEITER DER MORD-KOMMISSION LEGT VERBRECHERN DAS HANDWERK!“,
lautete eine fettgedruckte, übertriebene und ausgesprochen dumme Überschrift. Der Begleittext war nicht weniger dumm:
„Der neue Leiter der Mordkommission, Frank Prosser, erklärt, dass er dem Verbrechen ein Ende setzen will. ‘Der Steuerzahler kann auf die Polizei zählen’, sagt Prosser, der damit begonnen hat, bisher unaufgeklärte Fälle unter die Lupe zu nehmen. ‘Wir werden Schluss machen mit dem Laufen lassen von Mördern’, so der Leiter der Mordkommission.
Ekelhaft, das war meine Meinung zu diesem Artikel.
„Prosser wird der Artikel nicht gefallen“, sagte ich.
„Wieso?“
„Sein Name wird nicht in der Überschrift genannt!“
„Harry“, meinte Sauer. „Mir vergeht langsam der Spaß an dieser Sache. Ich meine, ich bin vom Drogendezernat zu euch rübergewechselt, bevor er kam, aber jetzt... ich glaube, ich sollte mir einen Ort suchen, wo ich besser surfen kann.“ Er seufzte.
Ich nickte. „Ja, ich versteh, was du meinst.“
Prosser, der Mediengott persönlich, erschien durch die offene Tür in meinem Büro-das-mit-Sicherheit-mehr-Polizeierfahrung-hatte-als-Prosser. „Ich sehe, Sie haben es gelesen, meine Herren. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie mir Ergebnisse bringen. Ich will Leistung sehen.“
Dann trabte er wieder ab. Was für ein Idiot. Setzte uns über die Presse davon in Kenntnis, dass wir für ihn arbeiteten.
„Na gut, sehen wir uns diese beschissenen Akten an. Vielleicht hat irgendjemand was übersehen.“
Selbst wenn jemand etwas übersehen hatte, in vielen Fällen war es zu spät, den Fehler zu korrigieren. Prosser war damit nicht eben glücklich, im Gegenteil. Er konnte damit nichts anfangen, er konnte lediglich beweisen, dass Fehler passierten – aber das hätten wir ihm auch vorher sagen können. Er war eben schlicht ein Idiot.
Kapitel 2
Wie sich wenig später herausstellte, war Frank Prosser nicht nur ein Idiot, sondern auch ein Arschloch. Genauer gesagt: ein Arschloch, das seinen Weg ging, wie es seinen Weg gehen wollte. Und da er mich in seinem Weg sah, fand er einen Weg, mich aus dem seinen zu entfernen. Es begann damit, dass man in der Zeitung lesen konnte:
LEITER DER MORDKOMMISSION FRANK PROSSER RÄUMT AUF!
Und damit war offensichtlich nicht sein Kinderzimmer gemeint. Wahrscheinlich war er glücklich, dass endlich sein vollständiger Name auch in der Überschrift zu lesen stand, in Fettdruck natürlich. Nicht genug damit, dass Prosser alte Fälle löste – ohne seine Beteiligung selbstverständlich – er wollte seine Abteilung auch von Polizisten säubern, die ‘den ganzen Tag nur auf der faulen Haut liegen und Steuergelder verschleudern’. Kaum verwunderlich, dass mein Name in diesem Zusammenhang erwähnt wurde.
Noch am gleichen Tag schwirrte Prosser in mein Büro-das-mir-inzwischen-weniger-stank-als-mein-neuer-Chef und teilte mir mit, dass er meine Akte noch einmal sehr genau durchgegangen sei. Und er sei da auf etwas gestoßen. Einmal sei da sein Eintrag wegen Alkohols im Dienst – unsere erste Begegnung in der Silvesternacht. Dann sei da auch noch eine Spesenabrechnung, die erwähnt wurde und die offensichtlich nicht ganz schlüssig war – diese Geschichte, bei der mir dieser schmierige Politiker Breukler einen reinwürgen wollte.
„Und noch etwas: ich kannte Breukler!“ Welche Überraschung. „Ich habe diesen Mann bewundert. Ich hatte sogar einmal die Ehre, ihm die Hand schütteln zu dürfen.“ Ich würde wetten, davon hatte er ein Bild in seinem Zimmer. „Davon habe ich sogar ein Bild. Und Sie... Sie haben durch Ihre Unfähigkeit dafür gesorgt,