Die gefiederte Schlange. Edgar Wallace
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Читать онлайн книгу Die gefiederte Schlange - Edgar Wallace страница 4
»Sind Sie eigentlich mit Ihrer Stellung zufrieden?« erkundigte er sich dann plötzlich.
»Mit meinem Posten bei Mr. Crewe?« Sie zögerte. »Wenn ich ehrlich sein soll – eigentlich nicht. Ich bin gerade dabei, mir eine andere Stellung zu suchen, habe aber leider noch keinen Erfolg gehabt.«
Er sah sie aufmerksam an.
»Ist Crewe nicht recht eigenartig? Er hat keinen besonders guten Ruf. Sein Vermögen hat er auf etwas seltsame Art erworben – über Nacht wurde er plötzlich reich, und niemand weiß, woher dieser Geldsegen kam. Es wäre wirklich besser, wenn Sie fortgingen.«
»Interessieren Sie sich so sehr für Crewe? Oder ist das nur Ihr allgemeiner Informationstrieb ...?«
»Spotten Sie nicht, ich interessiere mich wirklich für ihn. Und habe schon die verschiedensten Theorien – aber keine stimmt. – Nun essen Sie doch endlich mal Ihre Torte auf!«
Daphne nickte folgsam.
»Nachher muß ich zu einer Dame, über die ich einen Artikel schreiben soll, der für sie mindestens tausend Pfund Reklamewert hat – und dabei hat sie noch nicht mal für zehn Pfund Schmuck eingebüßt.«
»Meinen Sie vielleicht Ella Creed?« fragte Daphne überrascht. »Die junge Dame, die vor ihrer Haustür überfallen wurde?«
»Kennen Sie sie etwa?« fragte er.
»Nur vom Sehen. Sie kommt manchmal zu Mr. Crewe, und er war auch sehr bestürzt über den Vorfall. Auch er hat an dem Tag, an dem Miss Creed überfallen wurde, eine Karte mit dem Bild der gefiederten Schlange erhalten und hat sich sehr darüber aufgeregt.«
Peter sah sie nachdenklich an.
»Ich glaube eigentlich nicht, daß es damit etwas auf sich hat«, meinte er schließlich. »Hinter phantastischen Geschichten wie dieser steckt meistens nichts als leeres Gerede. – Was haben Sie nachher vor?« erkundigte er sich nach einer kleinen Pause.
Sie lachte ihn an.
»Ich habe mich um eine andere Stellung beworben – ohne Hoffnung, daß ich dabei Erfolg haben werde.«
Vor dem Hoteleingang trennte er sich von ihr und schlenderte dann zum »Orpheum« – dem Theater, das Miss Creed gehörte. Er erwartete nicht, daß sie schon um diese Zeit dort sein würde, und freute sich um so mehr, als er erfuhr, daß sie schon in ihrer Garderobe sei und ihn erwarte.
Offensichtlich war sie kurz vorher eingetroffen, denn sie hatte ihren Pelzmantel noch an. Dewin begegnete ihr zum erstenmal, doch kannte er den Mann, der neben ihr stand, sehr gut.
Joe Farmer war wirklich eine sehr bekannte Persönlichkeit in London. Er war etwas untersetzt und hatte ein rotes, ziemlich gewöhnliches Gesicht. Man sah ihm von weitem den neureichen Unternehmer an. Hauptsächlich managte er Boxveranstaltungen, außerdem war er auch noch Eigentümer einer ganzen Reihe berüchtigter Nachtlokale. Bei den Rennen ließ er einige Pferde laufen, die in Berkshire trainiert, wurden, und wenn sein Ruf auch nicht der beste war, erfreute er sich doch einer gewissen Popularität.
Wie viele Leute seines Schlages hatte er eine Schwäche für Brillanten. Auch jetzt blitzte in seiner Krawatte wieder ein Stein, den man beim besten Willen nicht übersehen konnte.
Er begrüßte den Reporter mit einem freundlichen Grinsen und streckte ihm seine fette, etwas feuchte Hand entgegen.
»Das ist der richtige Mann – an den mußt du dich wenden, Ella«, sagte er mit seiner tiefen, heiseren Stimme, die nach einer chronischen Kehlkopfentzündung klang. »Kommen Sie, Peter, alter Junge – nehmen Sie Platz. Darf ich dir vorstellen, Ella – dies ist Mr. Dervent ...«
»Dewin, mein Bester«, entgegnete Peter gelangweilt. »D-e-w-i-n.«
Joe Farmer lachte heiser.
»Na, für mich sind Sie eben Peter. Werden Sie sich den nächsten großen Boxkampf ansehen, den ich arrangiere?«
»Rede doch jetzt nicht von Boxkämpfen!« fuhr Miss Creed ärgerlich dazwischen. »Sind Sie Journalist?« wendete sie sich dann an Dewin. »Vermutlich kommen Sie wegen des Überfalls von gestern Abend. Ehrlich gesagt, ich habe mich noch nie in meinem Leben so gefürchtet.«
Sie sprach sehr hastig.
»Es ist wirklich ein Glück, daß es nicht meine echten Juwelen waren. Heutzutage kann es sich eine Dame einfach nicht leisten, Schmuck im Wert von 20 000 Pfund spazierenzutragen. Das finden Sie doch auch, Mr. Dewin?«
»Kann ich die Karte einmal sehen?« unterbrach er den Wortschwall.
Sie öffnete ihre Handtasche und zog ein schmutziges Stück Karton heraus, das an einer Schnur befestigt war. »Das hing um meinen Hals, als ich wieder zu mir kam«, berichtete sie. »Übrigens habe ich durchaus nicht die Geistesgegenwart verloren, als ich dem Verbrecher gegenüberstand ...«
»Würden Sie die Leute, die Sie überfallen haben, wiedererkennen?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Nein, es war ja ganz dunkel. Das Taxi war schon weggefahren, und das Licht der Straßenlampen dringt nicht durch die Bäume und Sträucher.«
Dewin untersuchte die Karte mit dem Bild der gefiederten Schlange genau.
»Glauben Sie nicht, daß sich ganz einfach jemand einen schlechten Scherz mit Ihnen erlaubt hat?«
Offensichtlich ärgerte sie sich über seine Frage.
»Einen Scherz?« entgegnete sie scharf. »Glauben Sie vielleicht, daß meine Freunde sich so etwas erlauben würden? Nein, diese Kerle waren hinter meinen Juwelen her, und es tut mir leid, daß ich nicht ihre Gesichter sehen konnte, als sie entdeckten, daß sie nur wertlose Imitationen erbeutet hatten!«
Dewin ließ sich dann noch berichten, wie sie kurz vorher die Karte in ihrer Handtasche gefunden hatte.
»Es ist merkwürdig«, meinte Miss Creed, »daß mein Bekannter, Mr. Leicester Crewe, der Börsenmakler, auch eine solche Karte erhalten hat und ...«
»Ich habe übrigens auch eine bekommen«, mischte sich plötzlich Joe Farmer ins Gespräch. Dabei verzog sich sein Gesicht zu einem ziemlich einfältigen Grinsen. »Sagen Sie mal, was halten Sie eigentlich davon, daß man diesem hübschen Baby hier so was angetan hat?«
Farmer hatte viel mit amerikanischen Boxern zu tun, und seine Sprechweise war danach.
»Passen Sie auf, Peter, ich glaube, ich habe eine ganz große Geschichte für Sie ...«
»Halt endlich den Mund!« warf Miss Greed wieder dazwischen. »Deine Geschichte gehört jetzt wirklich nicht hierher.«
Sie hatte in so scharfem Ton gesprochen, daß sie sich gleich darauf veranlaßt fühlte abzumildern.
»Mr. Farmer vermutet nämlich, daß der Verbrecher ein Mann sei, mit dem wir einmal eine Auseinandersetzung hatten, aber der, den er meint, ist ja längst tot und kann es doch unmöglich gewesen sein.«
Sie schaute Farmer bedeutsam an.
»Je