Die gefiederte Schlange. Edgar Wallace
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Читать онлайн книгу Die gefiederte Schlange - Edgar Wallace страница 7
»Ich habe Ihre Adresse«, fuhr Crewe fort. »Wenn Sie die Wohnung wechseln, dann lassen Sie es mich wissen. Den Totenschein werde ich behalten.«
Als Mr. Crewe nach dem Diener läutete, trat Hugg einen Schritt vor und sagte plötzlich noch etwas recht Unmotiviertes.
»Dieser Lane war 'n guter Kerl. Er hat mir in Dartmoor sogar das Leben gerettet ...« In seiner Stimme klang jetzt etwas Herausforderndes.
»Ja, ja, schon gut«, winkte Crewe ungeduldig ab. »Sehr interessant – nun, das wär's dann wohl!«
Harry Hugg verließ das Zimmer; er murmelte einige unzusammenhängende Worte vor sich hin.
So war das also. Leicester Crewe richtete sich auf, als ob ihm eine Last von den Schultern gefallen wäre. Lange stand er vor dem Kamin, schaute ins Feuer und dachte über den verstorbenen William Lane nach – ein Gespenst, das ihn die letzten Jahre verfolgt hatte, war nun verschwunden.
Schließlich ging er zum Schreibtisch und drückte auf einen Klingelknopf. Gleich darauf trat Daphne Olroyd ins Zimmer.
Mr. Crewe schaute sie abschätzend an. Sie sah wirklich sehr gut aus, und er hatte ihr auch schon verschiedentlich zu verstehen gegeben, daß sie ihm ausgezeichnet gefiel. Zu seinem Ärger hatte sie seine Komplimente bis jetzt allerdings nur sehr kühl quittiert.
»Haben Sie sich die Sache inzwischen überlegt, Miss Olroyd? Die Angelegenheit, die ich noch regeln mußte, ist jetzt – hm – beigelegt. Am 14. dieses Monats möchte ich abreisen. Wir fahren zuerst einige Wochen nach Capri dann dachte ich daran, nach Istanbul ...«
»Sie werden sich eine andere Sekretärin suchen müssen, Mr. Crewe«, unterbrach sie ihn ruhig.
Er lächelte gezwungen.
»Aber Miss Olroyd – halten Sie es etwa für unschicklich, als meine Privatsekretärin mit mir auf Reisen zu gehen?«
»Vielleicht«, erwiderte sie trocken. »Auf jeden Fall habe ich keine Lust dazu.«
Er sah sie ungeduldig an, und sie dachte, wie schon oft, daß er in manchen Augenblicken eine unverkennbare Ähnlichkeit mit einem Geier habe.
»Ist ja alles Unsinn«, erklärte er dann laut. »Mrs. Staines wird uns begleiten.«
Sie schüttelte lächelnd den Kopf.
»Auch das ändert nichts an der Sache«, entgegnete sie.
Er murmelte etwas von Gehaltserhöhung und nannte eine beträchtliche Summe. Mit einer entschiedenen Handbewegung wehrte sie ab.
»Ich habe mir meine Zukunft grundsätzlich anders vorgestellt«, sagte sie. »Außerdem wollte ich Ihnen sowieso mitteilen, daß ich mir eine andere Stelle gesucht habe.«
Leicester Crewe zog ärgerlich die Augenbrauen hoch. Mühsam schluckte er die unliebenswürdigen Worte hinunter, die er schon auf der Zunge hatte, und antwortete in verhältnismäßig freundlichem Ton:
»Tut mir sehr leid, das zu hören – wie heißt denn der glückliche Chef?«
Als sie ihm den Namen genannt hatte, war er auch nicht klüger.
»Danke schön – Sie können gehen.«
Sie war froh, daß sie das Zimmer verlassen konnte.
Er ging mit den Händen auf dem Rücken auf und ab, als sich plötzlich die Tür wieder öffnete und eine Dame in das Zimmer trat. Sie war ungefähr dreißig Jahre alt; man konnte sie nicht gerade hübsch nennen, auf jeden Fall aber hatten verschiedene Kosmetiksalons das ihre getan, Frisur und Gesicht möglichst attraktiv zu gestalten. Ihr Kleid, selbstverständlich ein Pariser Modell, war von der entsprechend raffinierten Eleganz.
Paula Staines ging zum Kamin.
»Ich habe deine Sekretärin gerade getroffen – sie schien von deinem Plan nicht so begeistert zu sein, wie ich eigentlich erwartet hatte.«
»Was heißt nicht begeistert«, brummte Leicester. »Sie lehnt es rundweg ab mitzugehen.«
Paula Staines lachte leise.
»Das hätte ich nicht gedacht«, entgegnete sie. »Warum heiratest du die junge Dame nicht einfach?«
Er starrte sie verdutzt an.
»Ich bin doch nicht verrückt«, entgegnete er dann grob. »Was führst du eigentlich im Schild? Willst du mich etwa aufs Glatteis führen, um mich später wegen Bigamie anzeigen zu können?«
Sie lachte wieder, diesmal ziemlich hart.
»Wie genau du es in der letzten Zeit mit den Gesetzen nimmst! Wirklich, die Zeiten haben sich geändert. Bigamie! Ich erinnere mich an Tage, an denen dir so kleine Fische nichts ausgemacht hätten, Billy.«
Dann änderte sie plötzlich ihren Ton und trat dicht vor ihn hin.
»Billy, ich habe so ein seltsames Angstgefühl ...«
Er schaute sie erstaunt an.
»Du fürchtest dich? Was soll das heißen?«
Sie gab einige Zeit keine Antwort; dann schaute sie ihm gerade in die Augen.
»Hat Ella dir eigentlich erzählt, daß sie nicht nur beraubt wurde, sondern daß auch ihr Haus vollständig durchsucht worden ist? Vor allem im Safe war alles durchwühlt.«
Mr. Crewe biß sich auf die Lippen.
»Das verstehe ich nicht – und gestohlen wurde nichts?«
»Nein, das war ja auch gar nicht beabsichtigt. Daß ihr die unechten Perlen und die Smaragdspange abgenommen wurden, war doch nur ein Trick. Die Räuber suchten nach etwas ganz anderem – und das haben sie auch gefunden!«
»Du gibst Rätsel auf«, erwiderte er. »Was sollen die Beauftragten der gefiederten Schlange denn gesucht haben?«
»Ellas Siegelring«, war die knappe Antwort.
Crewe wurde bleich.
»Den ... Siegelring?« flüsterte er. »Den haben sie ihr abgestreift? Warum hat Ella denn das nicht der Polizei mitgeteilt?«
Ihr Lächeln war jetzt offensichtlich verächtlich.
»Konnte sie denn das?« fragte sie geringschätzig. »Nein, dazu ist Ella viel zu klug. Soll ich dir noch etwas sagen, Billy? Wenn die Perlen und Smaragde echt gewesen wären, hätte man sie zurückgeschickt. Denn der Mann, der in Ellas Haus einbrach, war – William Lane!«
Er lachte so geringschätzig, daß sie stutzte.
»Dann muß er sich dazu extra Urlaub von der Hölle genommen haben«, sagte er wegwerfend. »William Lane starb vor zwei Monaten – ich habe seinen Totenschein in der Tasche!« Er zog ein schmutziges Stück Papier heraus und zeigte es ihr. Sie las es Wort für Wort langsam durch.
»Ich habe es von einem alten Sträfling, der bei ihm war, als er starb. Diese ganze Sache mit der gefiederten Schlange