Das Tagebuch des Schattenwolfprinzen. Billy Remie

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Das Tagebuch des Schattenwolfprinzen - Billy Remie Legenden aus Nohva 3

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Mutter.« Es war eine Feststellung.

      Sie nickte und drehte mir schließlich ihr hübsches Gesicht zu. Ihr Körper war zierlich, knochig, ihr Busen war klein, ihre Augen groß aber hart. Sie erinnerte mich ehe an einen Jungen, statt an eine erblühte Frau. Dennoch hatte sie etwas an sich, das ich anziehend fand.

      Sie nickte nur, ihre Arme waren nun vor ihrer flachen Brust verschränkt. Ich hatte ihr eine alte Lederrüstung gegeben, sie versank fast darin, aber sie schien sich damit wohler zu fühlen als mit dem feizügigen Gewand, indem wir sie befreit hatten.

      »Wie ist dein Name?«, fragte ich.

      »Iwanka«, antwortete sie.

      »Kein Titel?«, spottete ich. Mir ging es nicht gut, aber ich würde meinen Witz nicht verlieren.

      Sie zog nur eine schmale, dunkle Augenbraue in die Höhe und betrachtete mich kritisch. Sie hatte wohl keinen Witz. Doch ich muss sagen, dass sie mir gefiel. Die Art, wie sie sprach, so ruppig und rau, abweisend, auch die Art, wie sie mich ansah, wie eine wilde Raubkatze, und die gesunde Skepsis in ihren schönen Augen, die Klugheit ausstrahlten. Sie war eine Frau, eine richtige Frau, die sich nichts aus der Anerkennung von Männern machte. Sie war stark, willensstark. Ich schätze, als Sklavin musste man das auch sein, um an diesem Leben nicht gänzlich zu Grunde zu gehen.

      Ich räusperte mich, ehe ich ernsthaft fragte: »Welche Aufgaben umfasste dein ... ähm ... Sklavenalltag?«

      Die hochgezogene Augenbraue in ihrem Gesicht schnellte noch weiter nach oben, ihr Mund klappte ein Stück auf. »Ist das Euer ernst?«

      »Ja.«

      Sie schnaubte herablassend, dann schüttelte sie den Kopf und sah zur Seite. »Ich ... Meine Aufgaben bezogen sich ausschließlich auf die Wolllüste der Männer, die mich besessen haben.«

      »Ah.« Ich hatte kein Mitleid mit ihr, denn dieses Leben hatte sie stark gemacht, sie würde mich nicht interessieren, wenn sie eine gewöhnliche Frau gewesen wäre. »Sonst nichts? Keine ... Heiler Tätigkeiten?«

      Nun sah sie mich neugierig an. »Nein. Wieso?«

      Das war schlecht.

      »Schon gut«, blockte ich ab und ließ sie einfach stehen. Ihren Blick spürte ich noch lange auf meinem Rücken. Ich fragte mich, ob sie vielleicht Interesse an mir hatte, ein Teil von mir hoffte es. Conni war nicht schlecht, aber ich war ein neunzehnjähriger Mann, der sicher nichts gegen frisches Fleisch hatte.

      Derrick kam mir entgegen und setzte an um etwas zu sagen.

      »Wir brechen auf. Sofort«, schnitt ich ihm das Wort ab, bevor er mich nerven konnte. Ich ging an ihm vorbei und stampfte auf mein Zelt zu. Ich wusste nicht genau wieso, aber ich war wütend auf ihn und konnte ihn gerade nicht in meiner Nähe ertragen.

      Davon abgesehen mussten wir diese verfluchte Hexe finden, ehe die Wunde in meiner Hand mein Ende bedeutete.

      Und mein Körper sagte mir, dass mir nicht mehr viel Zeit blieb.

      ***

      Wir ritten den ganzen Tag. Von Dorf zu Dorf, von Siedlung zu Siedlung. Besuchten Händler, hielten Karawanen auf der Straße an, fragten uns durch Schenken und Bordelle.

      Am späten Nachmittag hatte ich die Beschreibung von zehn unterschiedlichen Hexen, die Hälfte davon zu alt, um die zu sein, die ich suchte, und die andere Hälfte sprach von zaubernden Frauen und nicht von einer Hexe. Aber den Unterschied kannten die meisten Leute nicht, sie wussten nicht einmal, dass es einen Unterschied gab.

      So möchte ich hier darauf hinweisen, dass eine Hexe eine Hexe war und keine Schamanin, Magierin oder Zauberin, oder wie man Magieanwender sonst noch so nannte. Nein, eine Hexe wendet zwar Magie an, doch ist ihre Magie die einzig echte Magie in unserer Welt, alle anderen benutzen Illusionen, um Schmerzen zuzufügen, deshalb konnten Schamanen und ihre weiblichen Vertreter auch nicht heilen oder Schutzschilder beschwören. Eine Hexe war eine Hexe. Wird eine Frau als Hexe geboren, verliert sie ihre Herkunft, sie ist also weder Mensch noch Elkanasai noch sonst etwas, sondern nur eine Hexe. Und nur eine Hexe konnte heilen, wo Heiler ohne Magie nicht weiterkamen.

      Ich war dem Ende nahe, das merkte ich, während wir eine Straße durch den Wald nahmen. Wir ritten langsam auf meinen Befehl hin, doch auch im Schritttempo konnte ich mich kaum im Sattel halten. Ich ritt voran, damit Derrick mich nicht nervte und erkannte, dass etwas nicht mit mir stimmte. Ich wollte und durfte keine Schwäche zeigen, davon abgesehen, hätte es ihn nur in Panik versetzt, wenn er es gewusst hätte, was wiederum mich in Panik versetzt hätte.

      Manchmal war es besser, zu schweigen.

      An diesem Nachmittag konnte ich gut verstehen, warum Hunde fort gingen um zu sterben, um alleine zu sterben. Ich wollte auch niemanden um mich haben, während ich dahinschied. Ich hatte so einige unschöne Geschichten über das Sterben gehört, vor allem jene Geschichte über die Muskeln, die sich unwillkürlich lösen.

      Wenn ich mir vor meinem Tod noch meine Hosen vollkacken musste, wollte ich nun wirklich nicht, dass meine Männer dabei waren ... oder dass ich auf einem Pferd saß.

      Mir lief kalter Schweiß über die Stirn, er tropfte von meiner Haut hinunter auf meine Hände, in denen nur locker die Zügel hingen.

      Ich sah verschwommen, alles drehte sich, ich schwitzte, obwohl es leicht schneite.

      »Mel!« Derrick rief mich nun schon zum dritten Mal, er hörte sich verärgert an.

      »Weiter«, murmelte ich kraftlos vor mich hin, immer wieder fielen mir die Augen zu.

      Ich hörte meine Männer tuscheln, aber nicht über mich. Sie vermuteten etwas im Gebüsch, sie glaubten, uns verfolge jemand.

      Ich sah und hörte jedoch nichts, alles war verschwommen und das lauteste Geräusch war das Rauschen in meinen Ohren.

      Mir wurde schlecht, das Fieber rüttelte mich.

      »Melecay!«

      Ich hielt mein Pferd an, wendete es jedoch nicht.

      »Was ist?«, schnauzte ich nach hinten und drehte mich halb zu Derrick um. Die Welt drehte sich noch mehr.

      Er wurde aschfahl, als er mein Gesicht sah. »Melecay, du ... Nein!«

      Das Bild vor meinen Augen kippte zur Seite, ich fiel aus dem Sattel, doch ich war nicht mehr allein. Etwas lag auf mir, hatte mich von meinem Pferd gerissen.

      Ich versuchte, mich zu wehren, und zog einen Dolch.

      Chaos brach aus, ich hörte die Hufte der Pferde und die Rufe meiner Männer nahen, Derrick schrie nach mir, dann hörte ich ihn plötzlich abbrechen.

      Janek schrie: »Nein!«

      Geäst brach, knackte laut.

      Lazlo schrie: »Assassinen!«

      Meine Hände waren zu schwach für den Dolchgriff, ich verlor ihn, als ich nach der vermummten Gestalt stechen wollte, die rittlings auf mir saß, dabei schnitt die Klinge aber in die Handinnenfläche der Gestalt.

      »Verdammt«, hörte ich eine melodische Stimme hinter dickem Leder gedämpft fluchen.

      Ich

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