Das Tagebuch des Schattenwolfprinzen. Billy Remie
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Das Tagebuch des Schattenwolfprinzen - Billy Remie страница 32
Unter diesem Umhang hatte ich bereits meine Rüstung angelegt, ich versteckte meinen angeschwollenen Unterarm und die dort hervorgetretenen Adern, die seltsam violett leuchteten. Mein Blut war schlecht, ich musste kein Heiler sein um es zu wissen, aber anders als ich gedacht hatte, kam die Endzündung nicht von der Wunde in meiner Schulter, sondern von der kleineren Wunde in der Handinnenfläche.
»Eure Majestät?«
Im ersten Moment reagierte ich nicht. Doch dann erinnerte ich mich, wer ich war und fuhr zu dem Mann herum, der mich angesprochen hatte.
»Janek.« Ich rang mir ein halbherziges Lächeln ab. »Schön, dich zu sehen.« Ich hatte gewusst, dass er nicht gehen würde.
Er hielt mir einen Becher und eine Tonschüssel entgegen und betonte: »Ihr solltet essen, Eure Majestät.« Er kam noch ein Stück näher und senkte seine Stimme vertraulich: »Ihr seht kränklich aus, mein Prinz.«
Er nannte mich ›mein Prinz‹! Ein Elkanasai nannte mich, einen Barbaren, seinen Prinzen! König wäre mir lieber gewesen, doch dieses Spitzohr hatte mir mit dieser Anrede den Tag versüßt, noch bevor er richtig begonnen hatte, und obwohl es um meine Gesundheit ziemlich schlecht stand.
Ich musste lächeln, als ich mein Frühstück annahm, obwohl mir zu übel war, um auch nur einen Schluck, geschweige denn, einen Bissen hinunter zu würgen.
»Eine lange Nacht«, log ich und tat gleichgültig. »Ich hatte viel zu bedenken.«
Janek nickte zustimmend. »Es ist sicher nicht leicht, die nächsten Entscheidungen zu treffen.«
»Nicht?« Ich stellte die Frage nicht an ihn, nicht einmal an mich selbst. Mit zu Boden gerichteten Blick hoffte ich, einen Wink des Schicksals zu erhalten. Ich konnte mir keinen noch so kleinsten Fehler erlauben, jede Entscheidung musste die richtige sein.
»Ihr seid im richtigen Alter«, hörte ich Janek sagen. »Vor zehn Jahren waren Euch auf Grund Eurer geringen Erfahrung die Hände gebunden. Nun aber seid Ihr jemand, ein Mann. Ein ernstzunehmender Gegner.«
»Denkt Ihr, ich bräuchte einen Berater, der mir in den Arsch kriecht?«, spottete ich und lächelte müde. »Such dir Arbeit im Lager, Janek, ich brauche wahrlich nicht noch jemand, der mich vollquatscht.«
Mein Blick glitt von Janek ab direkt zu Derrick, der aus seinem Zelt gekrochen kam. Anders als meine war seine Schlafstätte winzig. Er warf mir einen grimmigen Blick zu. Hinter ihm kam Kostja hervor, die beiden trennten sich, ohne sich angesehen zu haben.
Derrick ging ohne Umwege direkt zu den Pferden, er nahm kein Frühstück zu sich, er wollte sofort aufbrechen.
»Ich versuche nicht, Euch zu schmeicheln.« Janek lenkte meinen Blick wieder auf sich und ich musste mich von Derricks finsterer Miene abwenden. »Ich wollte nur sagen, dass Ihr nun zwei Möglichkeiten habt. Ihr könnt so weitermachen wie bisher und als Anführer Eurer Schattenwölfe in die Geschichte eingehen ... Oder Ihr beginnt einen Krieg, um das Recht einzufordern, Euch einst König nennen zu dürfen.«
Ich betrachtete lange Janeks Gesicht, ehe ich lediglich trotzig zurückgab: »Ich bin ein König!«
Recht einfordern? Einfordern? Ich hätte Janek gerne mein Frühstück gegen seine zarte Wange geworfen. Ich war bereits ein König, es war mein Geburtsrecht! Ich wurde vom Kronprinzen dieses Landes zum rechtmäßigen König, als mein Vater sich entschloss, Carapuhr an die Elkanasai zu verkaufen, nur um sich weiter König nennen zu dürfen. Aber was bleibt, wenn er die Unterstützung seines Volkes verliert und die Elkanasai vertrieben wurden? Ich sage euch, was dann bleibt: nur ein Mann, der in meinen Kerkern Tag ein und Tag aus für seinen Verrat gefoltert wird!
Oh ja! Janek hatte mir nur umso mehr verdeutlicht, wie sehr ich diesen Krieg ersehnte, ich musste nur meine Chancen erhöhen. Wie schwer konnte das schon sein?
Na ja ... mal davon abgesehen, das mein Blut verfault war und mich nur noch eine Hexe oder ein verdammt guter Heiler retten konnte. Aber das eine war unauffindbar und das andere für uns Söldner unbezahlbar. Gute Heiler gab es nur beim Adel ...
Janek neigte seinen Kopf, ehe er sich sorgenvoll von mir abwandte. Seine Ziege warf noch einen Blick zu mir auf, der mich nervös machte. Es war der Blick, den eine Mutter einem zu warf, wenn man ihr Kind abgewiesen hatte. Dann galoppierte die kleine Ziege mit den weißen Beinen und dem weißen Kopf hinter ihrem Herrn her. Ich sah den beiden nach und überlegte, ob ich mir vielleicht lieber eine Herde Schafe statt einem Rudel Wölfe hätte aneignen sollen. Bauerntiere schienen treuer zu sein als die wilden Hunde, die ich mir angelacht hatte.
»Ich dachte, wir seien Söldner und keine Bauern.«
Ich nippte an meinem Frühstückseintopf und hoffte, er würde meinen leeren Magen beruhigen.
Dann drehte ich mich zu Lazlo um, der nackt an einem Pfahl gekettet neben dem Eingang meines Zeltes hockte.
»Guten Morgen, mein Bruder«, begrüßte ich ihn und schenkte ihm ein falsches Lächeln.
Er sah mich gelangweilt an. »Muss das wirklich sein?«
Für seinen Versuch, mir die Bruderschaft streitig machen zu wollen, hätte ich ihn aufschlitzen sollen, aber ich brauchte Lazlo noch. Er konnte also ruhig einige Tage in seiner eigenen Scheiße sitzen und über seine Treue nachdenken.
Ich nickte und antwortete knapp: »Ja, muss es.«
»Ich hab Hunger«, brummte er mürrisch. »Ich kaue mich durch die Fesseln und schlachte die Ziege dieses feigen Spitzohrs, wenn ich nicht bald etwas zwischen die Kiefern bekomme!«
Ich fischte das Stück aufgeweichte Brot aus meinem Frühstückseintopf und warf es ihm vor die Füße in den Dreck. »Wohl denn, guten Hunger, mein Bruder.«
Damit wandte ich mich ab.
Nachdem ich gegessen hatte ging es mir ein kleinwenig besser, dennoch führte mich mein nächster Weg direkt zu der jungen Sklavin, die ich befreit hatte.
Sie stand mit dem Rücken zu mir und sattelte eines der Pferde. Leider hatten wir bei dem Angriff einige Rösser verloren, ganz zu schweigen von den vielen Tieren, die von den königlichen Soldaten mitgenommen oder geschlachtet worden waren, wir hatten zu viele Männer und zuwenig Pferde, und Pferde waren teuer, gute Pferde waren sogar unbezahlbar. Deshalb musste die Sklavin mit Corin zusammen reiten.
»Ihr habt helle Haut«, sagte sie, ohne sich umzudrehen.
Ich war überrascht, dass sie mich bemerkt hatte. »Und weiter?«
Sie lächelte über die Schulter. »Eure Mutter war eine Frau aus Zadest.«
»Ich komme nach meinem Vater«, erwiderte ich und lächelte zynisch.
»Die meisten Männer kommen nach ihren Vätern«, sagte sie und schmunzelte mir verschwörerisch zu. »Was viele nicht wissen ist, die meisten Töchter auch.«
»Ähnelst du deinem Vater?«
»Ich war zu jung, als man mich verschleppte, um zu wissen, wie er wirklich war«, erzählte sie mir, traurig klang sie nicht dabei. »Ich denke aber nicht. In Zadest sind Männer die schwachen Wesen... und Frauen die Anführer. Und ich bin nicht