Das Tagebuch des Schattenwolfprinzen. Billy Remie

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Das Tagebuch des Schattenwolfprinzen - Billy Remie Legenden aus Nohva 3

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seinem unscheinbaren Schreibtisch saß und grübelnd über Schriften lehnte, kam ein Ächzten.

      Derrick und ich stürmten durch die Dunkelheit.

      Ich fand den Schamanen hinter seinem Schreibtisch, er lag am Boden, sein Rücken lehnte an einem der zahlreichen Bücherregale, die die Wände zierten.

      »Derrick, eine Kerze!«, forderte ich und ging in die Hocke.

      »Melecay!« Menards Stimme war schwach und trocken.

      Ich antwortete ihm beruhigend: »Ja, ich bin es.«

      Licht flammte auf und Derrick kniete sich neben mich.

      »Mein Junge«, brachte Menard hervor und hob eine Hand, um mir mit seinen spitzen Knöcheln über die Wange zu streichen. »Du bist zurück.«

      Ich nickte eifrig, doch ich konnte nicht verhindern, dass meine Augen zu dem Schwert wanderten, das in Menards Bauch steckte. Der Soldat, der es gewagt hatte, ihn zu verletzen, lag direkt hinter mir. Er war tot. Menard musste Zauber gewirkt haben, vermutlich Druckwellen. Was auch das Chaos und die seltsam verdrehen Leichen erklären würde.

      Ich sah Menard wieder in sein altes, scharfkantiges Gesicht, er war weiß, sehr viel weißer als sonst, und seine braune Kutte war mit seinem Blut durchtränkt.

      »Derrick, können wir ...«, ich brach ab.

      Aber mehr musste ich auch nicht sagen, Derrick verstand ... und schüttelte betroffen den Kopf.

      »Nein.« Entsetzen durchfuhr mich. Das durfte nicht wahr sein!

      »Ist schon gut, Melecay«, hauchte Menard schwach und er nahm meine Hand in seine.

      Ich spürte plötzlich etwas Hartes, Kaltes in meinen Fingern. Ein Dolch!

      Fassungslos starrte ich Menard an, doch er lächelte nur zurück. Er war bereit zu gehen.

      »Wieso?«, fragte ich ihn wütend und voller Leid. »Wieso hast du nichts von dem Erben erzählt?«

      Erneut lächelte er liebevoll. »Das macht keinen Unterschied. Er ist nicht der Erstgeborene ... und solange der König seinen Verrat nicht zugibt, bleibt der Erstgeborene der Erbe.«

      Sprechen strengte ihn an, er wurde zunehmend blasser und schwächer. Er musste ungeheuerliche Schmerzen haben, ich fragte mich, wie lange er schon hier lag und mit dem Tod kämpfte. Er hatte wohl auf mich warten wollen.

      »Du hättest es mir sagen sollen!«, warf ich ihm vor, aber meine Stimme klang dünn. Dünn vor Trauer. Ich konnte nicht einmal verhindern, dass ich Tränen des Unglaubens in den Augen hatte. Ich war froh, dass auch Derricks silberne Augen feucht im Schein der Kerze schimmerten, so kam ich mir nicht ganz wie ein weinerlicher Junge vor.

      Menard nahm erneut meine Hand und zwang mich, meine Finger um den Dolchgriff zu schließen, den er mir gegeben hatte. »Wenn du aus den Schatten heraustrittst, ist dein Vater gezwungen, dich anzuerkennen ... und das Volk wird die Wahrheit erfahren. Sie werden dir folgen, Melecay.«

      In mir entfachte wieder dieses Feuer, das ich immer spürte, wenn Menard mit mir sprach. Er gab mir das Gefühl, alles schaffen zu können, und das nur, weil ich der war, der ich war.

      »Du hättest mich nicht bremsen dürfen«, sagte ich zu ihm. »Dann wäre ich jetzt nicht gezwungen ...« Mein Blick fiel auf den Dolch, meine Hand umfasste ihn fest.

      »Die Schriften waren wichtig ...« Menard brach ab, seine Augen schlossen sich.

      Ich runzelte die Stirn. »Menard?«

      Der Schamane kämpfte gegen den Sog des Todes und öffnete noch einmal die Augen.

      »Du musst sie lesen«, flüsterte er mir zu. »Mir bleibt keine Zeit, dir alles zu erklären ...«

      »Dann versuch es!«, presste ich durch die Zähne hervor.

      Menard schüttelte den Kopf. »Die Drachen ...« Er atmete einige Male sehr schwer und flatternd, ich dachte schon, es wäre vorbei. Doch dann sagte Menard noch: »Es ist in deinem Blut. Du kannst sie beherrschen.«

      ***

      Nachdem ich Menard – dem einzigen Mann, den ich als Vater bezeichnet hätte – einen schnellen und sauberen Tod geschenkt hatte, trat ich gefolgt von einem betrübten Derrick aus der dicken Steintür der Zuflucht.

      Sonnenlicht strahlte auf mein blondes Haar, doch ich fühlte die Wärme nicht. Ich war wie betäubt und blieb stehen, sobald ich herausgetreten war. Ich ließ den blutigen Dolch fallen und er kam klappernd neben meinen Füßen auf dem Boden auf.

      Es war seltsam, trotz der vielen anderen Geräusche, darunter das Geplapper meiner Männer, ihr Fluchen, trotz dem Schnauben der Pferde, dem Wind in den Bäumen und dem Gezwitscher der Vögel ... war das einzig überlaute Geräusch der Dolch, der klappernd auf dem Boden aufkam.

      Wie in Trance hob ich meine Hand und strich mit dem Daumen über meine Finger. Menards Blut daran war noch frisch und feucht.

      Ich konnte nicht glauben, dass er tot war.

      Jemand räusperte sich und ich hob langsam den Kopf. Vor den steinernen Treppenstufen der Zufluchtstür stand die Bruderschaft und sah zu mir auf. Lazlo bildete die Spitze.

      Ich starrte ihm vollkommen gefühllos entgegen.

      »Mein Bruder«, begann Lazlo, doch er sprach es ohne jegliche Betonung aus, so als sei es nur eine Floskel, die ihm zuwider war. »Wo ist dein treuer Schamane?«

      Dank Menard war ich am Leben. Nur wegen ihm haben Derrick und ich solange überleben können. Selbst diese Bruderschaft würde ohne Menard nicht existieren. Meine Männer hatten stets Angst vor der Magie meines Schamanen gehabt, nun war dieser aber tot ...

      »Ich habe ihn von seinem Leid erlöst«, antwortete ich.

      Lazlo nickte, ich konnte die Herausforderung von seinen Augen ablesen.

      »Willst du es versuchen, mein Bruder?«, provozierte ich und ballte mit der blutigen Hand eine Faust. »Muss ich euch alle daran erinnern, weshalb ihr mir folgt?« Mein Blick zuckte zu Egid, der nur noch ein Auge hatte, und ich sprach weiter: »Der letzte, der glaubte, ich sei nur ein Bengel, der besiegt werden kann, verlor ein Auge.«

      Egid hielt meinem Blick stand, auch als ihn alle belustigt ansahen.

      Lazlo nickte mit dem Kopf. »Wir folgen, weil du dir unseren Respekt verdient hast.«

      »Wo liegt also dein Problem?«, verlangte ich zu wissen.

      Lazlo breitete die Arme aus. »Hier liegt mein Problem. Die königlichen Truppen sind mein Problem! Was in aller Welt wollten diese Bastarde hier?«

      »Sie wollte mich«, erwiderte ich gelassen.

      »Mel, nicht!«, bat Derrick hinter mir.

      »Wieso nicht?«, fragte ich ihn. »Es ist an der Zeit, dass sie die Wahrheit erfahren.«

      »Das sehe ich auch so«, mischte Lazlo sich ein.

      Ich wandte

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