Das Tagebuch des Schattenwolfprinzen. Billy Remie

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Das Tagebuch des Schattenwolfprinzen - Billy Remie Legenden aus Nohva 3

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nicht einmal nur mit dem Schwert. Und bis zu diesem Zeitpunkt muss ich meinen Brüdern gezeigt haben, wie sie Streit mit Vater umgingen, sie mussten so klug sein wie ich, bevor ich ging und vielleicht nicht zurückkehrte. Denn sollte das der Fall sein, lag es an Melvin, Mutter zu beschützen.

      Sie war das kostbarste Juwel in dieser düsteren Burg. Von mir aus konnten Feinde unsere Schatzkammern plündern, aber Mutter bekamen sie nicht!

      Derrick räusperte sich und lehnte sich ein Stück zu mir: »Bedenkt die Strafe für Eure Brüder, sollte Euer Vater am Fluss sein oder zufällig doch in den Garten kommen.«

      Ich presste die Lippen zusammen, während ich nachdachte.

      Schließlich seufzte ich erneut und streckte fordernd meine Hand aus. »Gebt mir eure Hosen, ich werde alleine zum Fluss gehen und die Flecken raus waschen.« Was tat man nicht alles für seine Brüder? Sagen wir mal so, es gab nichts, was ich nicht getan hätte.

      »Aber du kannst nicht alleine gehen!« Melvin hatte Angst um mich.

      »Vertrau mir, kleiner Bruder«, ich lächelte zu ihm hinab und zwinkerte. »Keine Sorge, ich und Derrick kommen unbeschadet zurück.«

      Melvin sah Derrick an und bat ihn: »Passt gut auf Mel auf, Sir Derrick.«

      Derrick schmunzelte, doch ehe er etwas sagen konnte, brummte ich: »Wenn, dann passe ich auf Derrick auf!«

      Ich brauchte doch keinen Wachhund!

      Sie gaben mir ihre Hosen. Zusammen mit Derrick verließ ich den Garten über die Mauer an einer Stelle hinter dichten Tannen. Derrick hatte mir den Ort gezeigt. Na ja, mehr oder weniger. Ich habe ihn einst beschattet, weil ich das Gefühl hatte, das er etwas verheimlicht. So verfolgte ich ihn in einer Nacht von seinem Zimmer aus in den Garten, über die Mauer, durch den Wald und durch die Felder bis hin zu einem Dorf und in ein Bordell. Sein Gesicht, als er mich dort erblickte, war unbezahlbar. Mein Gesicht, als ich von Dirnen schamlos angemacht wurde, obwohl ich nur ein Kind war und nur, weil ich feine Kleidung am Leib trug, wollte ich gar nicht sehen; Derrick lacht heute noch darüber.

      Er sagte: »Ein Kind weiß nichts mit weiblichen Kurven anzufangen.« Und verscheuchte die Dirnen, ehe er mich zurück zur Burg brachte, ohne jemanden etwas von diesem Vorfall zu erzählen. Sein Schweigen darüber hatte mich vor Schlägen meines Vaters bewahrt.

      Je näher Derrick und ich nun dem Waldfluss kamen, je kühler wurde es. Im klaren Flusswasser schwammen sogar noch Eisbrocken vom langen Winter, erst vor kurzem war die dicke Eisfläche über dem Fluss aufgebrochen.

      Ich ging hinunter zum Flussbett, Derrick wartete oben am Rande der Waldstraße, die Hand lag abgestützt auf dem Schwertknauf an seiner Hüfte. Allseits bereit, unser Derrick. Er würde nie zulassen, dass mich jemand von hinten angriff. Ich vertraute ihm blind. Wenn man einem Mann das Leben rettete, konnte man sich beinahe voll und ganz auf seine Treue verlassen. Ich konnte nicht sagen warum, bis dorthin wurde mir von niemand das Leben gerettet.

      Ich streckte eine Hand in das eiskalte Flusswasser, der Schmerz störte mich nicht, ich hatte mich bereits an die Temperaturen gewöhnt und besaß die angeborene dicke Haut eines Eingeborenen. Barbaren froren nicht.

      Nachdem ich einen sauberen Stein herausgefischt hatte, tunkte ich die Kniepartie von Haakons Hose in das Wasser und versuchte mit dem Stein, den Dreck abzuwaschen.

      Gut, eine Waschfrau würde ich nicht werden, aber das wollte ich zum Glück auch nicht, nach einiger Zeit war der Fleck aber kaum noch zu sehen. Allerdings waren die dreckigen Stellen nun nass. Ich hoffte, sie würden trocken, bevor wir den Garten verließen.

      Als ich oben bei Derrick ankam, schüttelte dieser belustigt seinen Kopf. »Ihr habt wahrlich für nichts ein Talent.« Er schnallste mit der Zunge und nickte spöttisch auf die Hosen, die ich über meinen Arm gelegt hatte. »Nicht einmal waschen kann er ...«

      Ich schnaubte abfällig und ging an ihm vorbei. »Ich bezweifle, dass du es kannst.«

      »Aber ich kann kämpfen ... und reiten.«

      Ich hätte darauf gerne etwas Passendes erwidert, doch was sollte ich gegen die Wahrheit hervorbringen? Weder war ich ein guter Reiter noch ein talentierter Schwertkämpfer. Also trottete ich durch den Wald zurück zum Garten.

      Derrick folgte. »Ich sag’s Euch, Euer Gnaden, der Trickreichtum und die List sind Eure Talente.« Damit wollte er mich wohl beschwichtigen. Derrick wusste, wenn ich nichts mehr erwiderte, war ich meistens verärgert. Aber nicht an diesem Morgen, ich hatte ein ungutes Gefühl seit ich diese Wache gesehen hatte und wollte nur schnell zurück.

      »He! Wartet mal!« Derrick keuchte hinter mir vor Anstrengung. Das war wohl so, wenn man ein gewisses Alter erreichte. Er war zehn Jahre älter als ich, ich hätte ihn nie als alt bezeichnet, aber wenn es um schnelles Laufen oder lange Strecken zu Fuß ging, hing ich ihn jedes Mal ab, und er geriet ins Schwitzen, wie die zahlreichen Mätressen meines Vaters, wenn Mutter den Raum betrat.

      »Warum so eilig, Kleiner?«, keuchte Derrick hinter mir.

      »Ich habe kein gutes Gefühl, Derrick.«

      Sofort wurde Derrick hellhörig. »Wie meinen?«

      Das letzte Mal als ich ein schlechtes Gefühl äußerte, wurden Derrick und ich im Wald beim jagen von Banditen überrascht. Es war das erste Mal, das ich einen echten Kampf miterlebt hatte, zum Glück war ich im Besitz der Armbrust und hatte die Möglichkeit, Derrick zu unterstützen. Aber jetzt besaß ich keine Armbrust, nicht einmal einen Bogen – mit dem ich hätte noch weniger umgehen können – oder einen Schild. Die einzige Waffe war das Schwert meiner Familie, das mir Vater bei meiner Geburt vermacht hatte. Ich trug das silberne Schwert mit mir, seit ich groß genug war es umzuschnallen. Doch es war schwer und meine Arme zu ungeübt für die breite Klinge, ich würde es nicht halten können.

      Wir hatten die Waldstraße verlassen und folgten einem kleinen Pfad durch das Unterholz, die Mauer war schon in Sicht, als ich urplötzlich stehen blieb.

      Derrick schloss zu mir auf. »Was ist los?«

      Ich hatte den Sog unter meinen Füßen schon gespürt, ich stand im tiefen Match. Der Geruch machte mir sorgen. Ich blickte nach unten und erkannte, dass wir in Blut standen.

      Ich hob den Kopf und plötzlich war ich allein.

      Es kam mir vor wie eine Vision. Die Atmosphäre um mich herum war drückend, der Wald leuchtete nicht mehr, rosaroter Nebel schmiegte sich um die Baumstämme, die Tannen waren nicht mehr grün, sondern rot. Alles war Rot, wie durchwässertes Blut.

      Ich taumelte zurück, drehte mich um mich selbst. Ich hörte Derricks Stimme durch den Nebel, konnte ihn aber nicht sehen. Alles war verschwommen, wie in einem Traum.

      Träumte ich?

      Und dann kamen sie. Hände, tote Hände. Ich sah ihre Körper nicht durch den Nebel, nur die Hände und Arme. Halb verwest oder blutbeschmiert. Kleine Hände, Kinderhände, Babyhände. Die Hände einer Frau.

      Ich stolperte rückwärts, fiel beinahe über eine Baumwurzel, die aus dem matschigen Boden ragte.

      Die Mauer war verschwunden, ich sah nur einen roten Wald und Hände im Nebel, die nach mir griffen. Ich hörte meinen Namen, hörte meine Mutter unter all dem Stimmengewirr. Sie rief mich nicht, sie schrie und weinte unter Qualen ... ich konnte sie nicht retten.

      Und

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