Erwärmung und Wohlstand oder Abkühlung und Verfall. Norbert Buchner

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Erwärmung und Wohlstand oder Abkühlung und Verfall - Norbert Buchner

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Abb. 8 Verlauf der Konzentration des Fruchtbarkeits- Indikators Methan (CH4) in Eisbohrkernen aus Grönland (GRIP: oben) und der Antarktis (DOME C: unten)

      Auch in den höher gelegenen nördlicheren Regionen des Vorderen Orients verbesserten sich die klimatischen Verhältnisse und die Natur in dieser vorher kühleren Gegend begann sich explosionsartig zu entwickeln. Zu den neuen Gunstregionen zählten die südlichen Vorberge des Taurus-Gebirges in Ostanatolien.

      Auf dem Göbekli Tepe im hügeligen Grenzbereich der heutigen Staaten Türkei und Syrien, dem „Nabelberg“, einer beherrschenden Anhöhe bei Sanli-Urfa, dem früheren Edessa, in der Nähe des Oberlaufs des Euphrat in Obermesopotamien, graben das Deutsche Archäologische Institut in Berlin und das Museum von Sanli-Urfa seit 1996 megalithische Bauwerke aus, deren Bau unmittelbar nach der sprunghaften Erwärmung begonnen hat. Sie sind dreimal so alt wie Stonehenge und ihre Funde revolutionieren die frühe Archäologie: nicht nur ihr hohes Alter setzt in Erstaunen, sondern auch, dass die Bauten nicht von sesshaften Bauern errichtet worden sind, sondern schon von Jägern und Sammlern! Ganz offensichtlich handelt es sich um sakrale Bauten, derzeit die älteste Tempelanlage der Welt. In die Mauern des zunächst ausgegrabenen runden bis ovalen Bauwerks sind monolithische T-förmige Pfeiler aus Kalkstein eingefügt und im Zentralbereich befinden sich 2 weitere Pfeiler, 5 Meter hoch und bis zu 50 Tonnen schwer. Bei der Ausgrabung weiterer Rundbauten wurden bisher mehr als 40 Pfeiler gefunden, wobei ein monumentaler Mittelpfeiler fast bis zu 6 Meter hochragt. Es bedurfte wohl einer riesigen Gemeinschaftsleistung vieler Menschen, um sie vom Steinbruch einige Hundert Meter weit zu transportieren und sie aufzurichten. Aus vielen Pfeilern treten im Relief Tiere der Gegend hervor, Füchse, Leoparden, Keiler, Esel, Gazellen, Wildrinder und -schafe, Kraniche und Skorpione. Der Star des Tierensembles ist ein Geier mit gespreizten Flügeln. Eine menschliche Figur fand man zunächst nur ein einziges Mal, kopflos, aber mit Phallus. In einer Säule glaubt man einen menschenähnlichen „Gott“ zu sehen mit Stola, Gürtel, Lendenschurz und Armen an der Schmalseite. Alle Darstellungen wurden mit Steinwerkzeugen aus dem Kalkstein heraus erhaben modelliert, dessen Oberfläche fein geglättet ist. Weiterhin fand man Schrift-ähnliche abstrakte Hieroglyphen. Bemerkenswerterweise wiederholen sich diese Zeichen auf Münz-artigen runden Steinen, welche man in der weiteren Umgebung gefunden hat, sodass anzunehmen ist, dass es sich um ein schon gebräuchliches Informationssystem oder um heilige Symbole gehandelt hat. In abstrahierter Form hat man diese Zeichen noch 3 Jahrtausende später benutzt.

      Baukunst und Glyptik auf dem Göbekli Tepe sind schon so hoch entwickelt, dass anzunehmen ist, dass eine solche Kunst nicht ohne Vorläufer geschaffen werden konnte. Aber woher ist sie gekommen? Bisher hat man keinen Hinweis hierfür gefunden. Vielleicht hätte man rechtzeitig auf den kleinen Inseln Groß- und Klein-Tumb im Persischen Golf nördlich der Straße von Hormuz nachsehen sollen, denn diese Anhöhen dürften vor den großen Fluten Zentren eines fruchtbaren Kulturgebietes in der interessantesten Region der wasserreichen Ebene im heutigen Persischen Golf gewesen sein. Allerdings dürfte die Chance, dort noch prähistorische Spuren finden zu können, vorbei sein: die früher kaum bewohnten Inseln wurden vom Iran in den letzten Jahren zu Festungen mit Häfen, Flugfeldern und Geschütz- und Raketenbatterien ausgebaut, denn die Schifffahrtslinien im seichten Golfmeer, auf denen ein beträchtlicher Anteil des Weltbedarfs an Erdöl transportiert wird, führen direkt an den Inseln vorbei!

      Bisher wurden auf dem Göbekli Tepe vier Rundanlagen ausgegraben. Geophysikalische Untersuchungen zeigen, dass die gesamte Hügelkuppe aus Kreisanlagen besteht und man konnte insgesamt etwa 15 bis 20 Grundrisse von Bauwerken aufspüren. Es tauchten auch kleeblattförmige Kreisanlagen auf, drei nebeneinander, jede einzelne größer als alles, was bisher ausgegraben wurde. Und dies nur auf der ersten bisher untersuchten Kuppe des Berges! Insgesamt hat der Berg aber vier solcher geheimnisvoller Höcker! Göbekli Tepe muss ein überragendes Kultzentrum dieser Gegend gewesen sein! Bis heute sind weniger als 5 Prozent erforscht! Man will auch einige Bauwerke unangetastet lassen für Zeiten, in denen sich die wissenschaftlichen Methoden weiter verfeinert haben. Lit. 7.2

      Früher Ackerbau mit Keramik in Afrika?

      In der kältesten Phase der Eiszeit gegen ihr Ende hin war es in Afrika sehr trocken. Zwischen 20 000 und 12 000 v.h. reichte die Sahara deshalb etwa 500 Kilometer weiter nach Süden: der Regen bringende Monsun hatte sich in dieser Kaltzeit weit nach dem Süden zurückgezogen. Sedimente von Seen in Äthiopien und im Nordost-Tschad geben Hinweise auf den damaligen Klimaverlauf. Der Tschadsee war in dieser Zeit sogar völlig verschwunden!

      Im Zeitraum zwischen 12 000 und 10 000 v.h. stellte sich in der Arabischen Wüste und in der Sahara eine Feuchtphase ein, weniger ausgeprägt allerdings als die spätere große Feuchtphase der Sahara nach 8000 v.h. Ein Zeugnis hierfür liefern Untersuchungen in der südlichen Arabischen Wüste (Abb. 9) und die Wasserstände von Seen in Äthiopien und aus dem Nordost-Tschad. Die amerikanische Forscherin E.Ghoneim von der Boston University hat mit Hilfe von Satellitenbildern auch einen ehemaligen See im heute trockenen Nordwest-Sudan entdeckt, welcher vor 11 000 Jahren mit einer Fläche von mehr als 30 000 Quadratkilometern sogar größer war als die heutige Mark Brandenburg und vermutlich von insgesamt 9 Flüssen gespeist wurde. Die Feuchtphase erreichte ihren Höhepunkt etwa um 11 000 v.h. und sie senkte sich im folgenden Jahrtausend wieder ab.

Abb 9

       Abb. 9 Feuchtigkeit/Trockenheit im südlichen Zentral- Arabien nach McClure (1976/78) und Larsen (1980/81), dargestellt in Kalenderjahren

      Mit der zunehmenden Feuchtigkeit hat sich die Monsunzone im Süden der Sahara weiter nach Norden verlagert. Die Randzonen der Sahara zogen sich zurück, die Wüste begann zu ergrünen und das Nahrungsangebot für Mensch und Tier wurde vielfältiger und reicher. Ganz offensichtlich führte dies bei den Menschen in diesen Räumen auch zu einer Umstellung der Ernährung: in Mali im heutigen Sahel hat der Forscher E.Huysecom von der Universität Genf um die Jahrtausendwende insgesamt sechs Tonfragmente mit rudimentären Verzierungen ausgegraben, daumennagel- bis handtellergroß. Sie weisen ein Alter von mindestens 11 400 Jahren auf, d.h., sie sind in der aufsteigenden Feuchtphase entstanden. Zwar sind die wenigen Funde nur bedingt aussagefähig, aber sie scheinen eine „kulinarische Revolution“ als Folge der plötzlichen Erwärmung anzudeuten. Wegen des reichlicheren Nahrungsangebots konnten die Menschen nun an Ort und Stelle bleiben und sie brauchten dort auch Behälter, in denen man die Nahrung aufbewahren und kochen konnte. Steinzeitliche Jäger und Sammler hatten zwar schon vor 25 000 Jahren kleine weibliche Idole aus gebranntem Ton angefertigt, die sich wegen ihrer geringen Größe auch gut mittragen ließen, z.B. am Don in Russland und in Dolni Vestonice in Mähren. Größere Gebilde aus Keramik, wie Töpfe, waren aber wegen ihrer Zerbrechlichkeit für mobile Jäger und Sammler ungeeignet. Deshalb deuten solche Gefäße aus Keramik eine frühe Sesshaftigkeit an. Lit. 7.3

      Stress, Kollaps und kulturelle Neuerungen durch Kälterückfälle

      Abb. 6 zeigt, dass die Sonnenaktivität vor etwa 10 300 Jahren einen tiefen Einbruch erfuhr. Nach einer Normalisierung folgte bald ein weiteres leichteres Tief etwas nach 10 000 v.h. und nach einer weiteren Wiedererholung ein anderes sehr langes und tiefes Tal bei der Sonnenaktivität nach 9500 v.h. Die Sonne gab also mehrfach wieder kühlere Zeiten vor!

      Vulkane lieferten wieder einen Zusatzbeitrag zur Abkühlung: um 10 300 v.h. ist im Eis Grönlands ein sehr großer und hundert Jahre später sind 2 fast ebenso große Vulkanausbrüche verzeichnet: der Eifel-Vulkanismus gab nach einer längeren Pause nun seine Abschiedsvorstellung! Als Folge machten sich bei Grönland Eisberge im Atlantik auf den Weg nach dem Süden. Schon um 10 200 v.h. stießen sie weit vor und das Wetter wurde kühler und trockener. Nach einer kurzen Erholung wiederholte sich der Vorgang und ab 9800 v.h. drifteten die Eisberge im Atlantik wiederum ein halbes Jahrtausend lang bis gegen 9300 v.h. weit nach dem Süden (Abb. 10).

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