Gwendoline. Kristina Schwartz
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»Wer ist ...« Joe schlich zum Küchentisch. »Anika!«, rief sie aus und ihre Stimme überschlug sich. Ein süffisantes Grinsen legte sich über ihr Gesicht. »Und da soll noch mal einer sagen, dass es keine Gerechtigkeit gibt. - Hätte nicht gedacht, dich jemals wieder zu sehen. Schon gar nicht so schnell. Und dann noch hier!« Breitbeinig baute sie sich vor Anika auf, die die Augen niederschlug. »Hast du nicht noch etwas gut bei mir?«
Anika hätte am liebsten ihren Kopf zwischen den Schultern verschwinden lassen. Als spielte Zeit keine Rolle, ließ Joe sich auf Anikas Schenkeln nieder und presste ihre Beine zusammen.
»Joe ... bitte ... das war ein ... Missverständnis ... damals ... bei dir ... in der Ordi.«
Joe kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. »Soso. Missverständnis. - Ein brutales Bondagemissverständnis, bei dem ich draufgehen hätte können, wäre ich nicht rechtzeitig gefunden worden.«
»Ich hab dir damals nachspioniert, Joe. Ich hab die falschen Mails unter deinem Namen verschickt, ich wusste, dass der Polier einen Stand auf dich hat. Ich ...«, sie legte die ganze Betonung auf dieses eine Wort, »... hab, gleich nachdem ich dich in der Ordination zurückgelassen hab, noch bevor ich raus zur Mühle gefahren bin, den Baumeister angerufen – seine Tafel mit Namen und Adresse stand ja für jedermann sichtbar auf der Baustelle –, hab ihm gesagt, der soll seinem Polier sagen, wo du bist, wo er dich ...«
Joe hielt die Luft an. Ihr Gesicht brannte rot vor Wut. Sie reckte ihre Arme über den Kopf, als wollte sie eine Dehnungsübung machen, dann holte sie aus und donnerte Anika eine schallende Ohrfeige ins Gesicht.
Diese gab keinen Laut von sich.
»Bin fertig«, tönte Sandras Stimme vom Vorraum. »Können wir?« Sie warf einen Blick in die Küche. »Was wird das?« Und als sich nichts rührte. »Joe?«
»Nichts Ernstes. Nur eine kleine, sich hartnäckig einer zivilisierten Lösung widersetzende Angelegenheit zwischen Frauen.«
Sandra nickte. »Komm jetzt!« Dann ging sie aus dem Haus.
Flink nahm Joe das Seidentuch, welches sie als Gürtel zu ihrem Kleid trug, schlang es mehrfach um Anikas Hals und das Tischbein, und machte einen doppelten Knoten in die Enden. »An deiner Stelle, und das ist wirklich ein gutgemeinter ärztlicher Rat, würde ich jetzt ganz ruhig sitzenbleiben, denn sonst könnte es für dich sehr schmerzhaft werden.« Sie wollte schon aus der Küche laufen, machte an der Obstschüssel noch einmal kehrt und schnappte sich einen Apfel. Als sie damit auf Anika zuging, versuchte diese, den Kopf hektisch zur Seite zu drehen. Joe funkelte sie diabolisch an, was ausreichte, damit sie ihren Mund freiwillig weit aufspreizte. Mit geschickten Fingern steckte Joe ihr den Apfel in den Mund, bis sich Anikas Zähne darin verbissen. »Braves Mädchen«, tätschelte Joe ihren Schädel und lief aus dem Haus.
»Warum hast du sie eigentlich an den Tisch gefesselt«, wollte Joe, der der Schalk aus den Augen blitzte, wissen.
»War ich nicht.«
»Klar.«
Sandra sah sie schief von der Seite herab an. »Sie war es selbst.«
Joe blieb stehen, stemmte die Arme in die Hüften. »Warum kannst du nicht einmal ernst sein, wenn ich mit dir rede?«
»War noch nie in meinem Leben ernster«, gab Sandra zurück.
Eingehend betrachtete Joe Sandras Physiognomie.
»Sie möchte, dass ich sie zu meiner Sklavin erziehe und, um all meine Zweifel schon im Vorfeld zu zerstreuen, hat sie mir gleich ihre uneingeschränkte Mithilfe signalisiert.«
»Aha. – Was es nicht alles gibt.«
Schweigend gingen sie nebeneinander die Dorfstraße entlang, wie ein seit zwanzig Jahren verheiratetes Ehepaar, das keine Possen, keine Pointen oder Bonmots mehr zu erzählen wusste, mit denen es den Partner noch überraschen oder schockieren konnte.
Joe schloss die Tür zur Mühle auf, die sich jedoch nur zur Hälfte öffnen ließ. Unzählige Umzugskartons stapelten sich gleich dahinter im Vorhaus.
Sandra sah sich um. »Wer zieht außer dir noch ein?«
»Bitte?«
»Oder willst du behaupten, dass das ganze Zeugs allein dir gehört.«
»Allerdings.«
»Hattest du das alles in deiner Wiener Wohnung?«
»Das ist noch nicht einmal alles. Ein paar Dinge sind noch dort.«
»Uah ... ist der schwer«, stöhnte Sandra, als sie eine dieser würfelförmigen Schachteln anheben wollte. »Was ist denn da drin? Gewichte für’s Kiesertraining?«
»Die mit den Büchern kommen in die Wohnküche ...«
»Die ehemalige Stube.«
»Die mit den Schuhen bleiben hier. Die Klamotten kommen rauf ins Schlaf- oder ins Ankleidezimmer.«
»Vornehm, vornehm«, ätzte Sandra mit einem breiten Schmunzeln.
»Muss ja dem Kaefer auch genug hinblättern für die Renovierung.«
»Ja. Nicht zu vergessen die Tischlerei, die dir diese nette Planerin vorbeigeschickt hat, um die Räume exakt auszumessen.«
Joe grinste. »Eifersüchtig?«
»Jetzt enttäuschst du mich aber, mein Schatz. Eifersucht ist was für Anfänger. Über das Stadium bin ich doch schon hinaus.«
Aber noch nicht lange, dachte Joe, ohne es laut auszusprechen. »Wie recht du hast, meine Große«, sagte sie und strich Sandra sanft über den Rücken. Sie streifte die Schuhe ab und schleppte den ersten Karton die Holztreppe hinauf.
»Eigentlich hätt ich lieber die Klamotten ausgepackt.« Einen Flunsch ziehend, schnappte sie sich eine von den Bücherkisten und trug sie, geschickt auf ihren grazilen Absätzen balancierend, in die Wohnküche. Vor dem noch unbefüllten Regal stellte sie die Schachtel ab und begann lustlos dieser Bücher zu entnehmen und einzuschlichten. Schopenhauer, Nietzsche, Suter – war das auch ein Philosoph? – Pschyrembel und plötzlich, gänzlich unerwartet, das ... »Hey«, schrie Sandra laut, dass es im ganzen Haus widerhallte. »Find ich ja toll, dass du auch g’scheiten Lesestoff hast. – Haha!«
»Shibari. Japanese Rope Bondage and Erotic Macramé« hielt sie in ihren Händen. Gleich darunter stieß sie auf »Jay Wiseman’s Erotic Bondage Handbook«.
»Ich wusste, du hast guten Geschmack, Joe«, rief sie aufgekratzt.
»Was is’?«, hollerte es von oben.
Sandra nahm die beiden Bücher und trippelte die Stufen hinauf. »Da, die zwei Bücher«, sagte sie keuchend und hielt sie Joe unter die Nase.
»Ah ...«, sagte Joe theatralisch, als wäre ihr gerade das eigene Ich aus einem Paralleluniversum begegnet. Plötzlich fiel es ihr wieder ein. Der herrliche Sommertag, an dem sie nach der Ordi noch zum Morawa fuhr, um die beiden Bücher, die sie bestellt hatte, abzuholen. Blut hatte sie dabei geschwitzt, weil