Eine übereilte Heirat. Historischer Roman. Catherine St.John

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Eine übereilte Heirat. Historischer Roman - Catherine St.John

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so zurückhaltend bleibt, dann doch deshalb, weil er in dir keine unangebrachten Gefühle wecken will. Deshalb solltest du auch keines dieser unangebrachten Gefühle zur Schau tragen. Verhalte dich genauso kühl wie er, damit du ihn nicht mit unpassenden Emotionen belästigst.“

      „Ja, Mama“, murmelte Victoria respektvoll, aber ohne ein Wort der mütterlichen Ansicht zu glauben. Nach einer Vernunftehe sah Lord Simons Benehmen ihrer Meinung nach nun wirklich nicht aus. Eher neigte sie zu der Ansicht, er leide vielleicht unter einer gewissen Schüchternheit, aber das werde sich mit der Zeit schon geben. Fester denn je war sie deshalb entschlossen, den Antrag Lord Simons anzunehmen. Warum schließlich sollte er keinen Gefallen an ihr gefunden haben? Sie litt nicht unter mangelndem Selbstbewusstsein und hatte in den letzten zwei Jahren durchaus schon akzeptable Anträge erhalten, so dass nicht einzusehen war, warum selbst ein so begehrenswerter junger Mann wie Lord Simon sich nicht in sie verliebt haben sollte.

      Sie verließ ihre Mutter mit dem festen Vorsatz, sich für den erwarteten Besuch Seiner Lordschaft so hübsch wie möglich zu machen, und zog sich mit diesem löblichen Plan sofort in ihr Schlafzimmer zurück, wo sie in den nächsten zwei Stunden ihre Zofe zur Raserei trieb, da sie nahezu sämtlichen Inhalt ihrer umfangreichen Schränke anprobierte und als ungeeignet verwarf, bis sie endlich zufriedengestellt war: Das salbeigrüne Musselinkleid mit den gesteppten Ärmeln und der grausilbernen Bandverzierung am viereckigen Ausschnitt war zwar in Anbetracht der fortgeschrittenen Jahreszeit reichlich kühl, brachte aber den Kastanienton ihrer glänzenden braunen Locken ganz hervorragend zur Geltung und verlieh ihren großen grauen Augen einen leichten grünlichen Schimmer, von dem Victoria hoffte, er gebe ihr etwas Geheimnisvolles, Sphinxhaftes.

      Auch mit der Frisur konnte sie zufrieden sein, der dicke Haarknoten im griechischen Stil, den sie als Haartracht bevorzugte, obwohl er allmählich ein wenig aus der Mode kam, war ihrer Zofe heute ganz besonders gut gelungen. Sie ließ sich noch ein blassgrünes Seidenband, passend zum Kleid, darumwinden und eine besonders schöne Schnur Perlen umlegen.

      So gerüstet begab sie sich in den Salon, um des Besuches seiner Lordschaft zu harren und ihm möglicherweise eine etwas leidenschaftlichere Manifestation seiner Zuneigung zu entlocken, als sie es bisher fertiggebracht hatte.

      Lord Simon ließ denn auch nicht lange auf sich warten. Pünktlich zur festgesetzten Stunde wurde er gemeldet und vom Butler höchstpersönlich in den Salon geleitet, wo Victoria ihn erwartete. Er musterte sie wieder auf seine eigentümlich eindringliche Art, was Victoria mit kühlem, gereiztem Zurückstarren beantwortete. Da wandte er seinen Blick irritiert ab; als er den Kopf wieder hob, wirkte das Blau seiner Augen kälter denn je. Das freundliche Lächeln Victorias – der ihre momentane Gereiztheit schon wieder leid tat – hatte überhaupt keine Wirkung auf ihn. Er kam ohne Umschweife zur Sache.

      „Nun, Mylady, ich nehme an, Ihr Vater hat Sie über meinen – hm – Wunsch informiert?“

      „Gewiss, Mylord“, bestätigte sie mit, wie sie hoffte, anmutigem Kopfneigen, ohne ihm an Kälte nachzustehen, wie er mit leichtem Stirnrunzeln zur Kenntnis nahm.

      „Wollen Sie sich nicht setzen, Mylord?“, besann sie sich auf ihre Gastgeberpflichten. „Eine Erfrischung?“

      Er lehnte die Erfrischung ab, setzte sich aber behutsam auf einen der zierlichen Stühle, während Victoria in graziöser Pose auf der Chaiselongue ihm gegenüber Platz nahm. Seinen kurzen bewundernden Blick nahm sie befriedigt zur Kenntnis – Mama hatte also doch nicht Recht! – und lächelte ihn ermutigend an. Er fand auch sofort wieder zum Thema zurück.

      „Ja, also… Lady Victoria, wollen Sie mir die Ehre erweisen, meine Hand zur Ehe anzunehmen?“

      „Ja, Mylord“, hauchte sie, die Augen sittsam gesenkt. Er stand auf, kam auf sie zu und zog sie an der Hand hoch. Willig ließ sie sich ziehen, in der Erwartung der leidenschaftlichen Umarmung, die nun doch kommen musste – da sie seinen Antrag angenommen hatte, konnte er doch nicht mehr so schüchtern sein? Sie kam ihm sogar ein wenig entgegen, doch er schien das gar nicht wahrzunehmen, sondern zog nur ihre Hand an seine Lippen und hauchte einen keuschen Kuss darauf. Danach blickte er sie, wie sie fand, unbeteiligt wie ein Fisch an und versicherte ihr, sie habe ihn soeben zum glücklichen Mann auf Erden gemacht.

      Sie war drauf und dran, ihm mitzuteilen, dass man davon aber betrüblich wenig merke, doch sie beherrschte sich gerade noch, versicherte mechanisch, ihm eine gehorsame Gattin sein zu wollen, hörte, dass er es übernehmen werden, die Anzeige an Gazette und Morning Post zu schicken, und sah konsterniert die Tür nach einer letzten Verbeugung hinter ihm zufallen.

      Sie sank auf das Sofa zurück und versuchte, ihre verwirrten Gedanken zu ordnen, doch es gelang ihr nur unzulänglich, da sie überhaupt nicht verstand, was in ihrem zukünftigen Gatten vorgehen mochte. Sie war merkwürdigerweise immer noch davon überzeugt, dass es keine Vernunftehe nur aufgrund der passenden Verhältnisse war, die er anstrebte; sollte er aber in sie verliebt sein, dann hätte er sie doch wenigstens küssen können, nachdem die Verlobung besiegelt war? Sie versuchte, den Gedanken zu verdrängen, dass sie womöglich einen entsetzlichen Fehler gemacht hatte, diesen Antrag anzunehmen, nur weil sie Zuneigung zu ihm empfand. Schließich tröstete sie sich mit dem Gedanken, dass es immer noch angenehmer sein würde, eine kühle Ehe mit einem Mann zu führen, den sie liebte, als von den Zärtlichkeiten eines ungeliebten Mannes belästigt zu werden. Und außerdem war sie ja noch nicht mit ihm verheiratet… bis zur Hochzeit konnte noch allerlei passieren.

      In den Tagen, die auf die Verlobung folgten, bedauerte sie es, keine enge Freundin zu haben, der sie ihr Problem anvertrauen konnte. Ihre Eltern waren für derlei Bekenntnisse nicht die richtigen Adressaten, ebenso wenig ihre klatschlustigen Bekannten. Da die de Torcys nur selten in die Stadt kamen, wusste niemand etwas Genaueres über sie und so konnte sie auch nicht hoffen, dass ihr irgendwelche aufschlussreichen Tratschereien zu Ohren kämen. Sie konnte nur darauf vertrauen, dass Simon ihr bis zur Hochzeit noch besser bekannt würde, als das bis jetzt der Fall war.

      Vorgesehen war, dass Victoria ihren Simon schon kurz vor Weihnachten in aller Stille (da Simons Vater erst vor neun Monaten gestorben war) heiraten sollte, so dass dem Earl und Lady Weyhill noch genügend Zeit bliebe, ihre Abreise nach Stockholm vorzubereiten. Außerdem hoffte man, dass kurz vor Weihnachten auch Lord Enford, Victorias einziger Bruder, aus Oxford kommen könnte, wo er sich derzeit mit einigermaßen gebremstem Eifer seiner Ausbildung widmete, um sodann in die Fußstapfen seines Vaters zu treten.

      Sollte es Victoria im Hinblick auf die bevorstehende Hochzeit mit diesem verschlossenen Adonis doch ein wenig mulmig werden, so freute sie sich jedenfalls ehrlich auf das Wiedersehen mit George. Ihn hatte sie bisher nur in seinen Ferien getroffen, wenn sie nicht gerade ihre Eltern auf den Kontinent begleitet hatte, was in den letzten Jahren doch des Öfteren der Fall gewesen war.

      II

      Doch alle diese schönen Pläne wurden zunichte gemacht, da Ende Oktober Lord Weyhill dahingehend informiert wurde, dass seine Anwesenheit in Aachen dringend erforderlich sei, wo seit Ende September eine Konferenz der europäischen Mächte tagte. Ein Mitglied der britischen Delegation war erkrankt, und Lord Weyhills Erfahrung und Kenntnisse waren dringend erwünscht. Man bedauerte zwar, ihn so kurzfristig belästigen zu müssen, aber ob er Anfang November in Aachen eintreffen könne?

      Um das Maß vollzumachen, stellte sich auch noch heraus, dass Viscount Castlereagh den sehnlichen Wunsch hegte, Lord Weyhill möge seine Pflichten in Stockholm bereits Mitte Dezember antreten, um Sir Anthony Brough, seinen Vorgänger, abzulösen, der wegen seines Gesundheitszustandes so rasch wie möglich nach England zurückkehren müsse.

      Diese höflich formulierten Weisungen, die dennoch Befehlen gleichkamen, versetzten den Earl in äußerst üble Laune. Nachdem er ausgiebig und für einen Diplomaten

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