Verdammte Konkurrenz. Edgar Wallace
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»Ich werde Sie telefonisch von seinem Eintreffen benachrichtigen«, sagte sie mit vollendeter Höflichkeit.
Kaum war sie in ihrem Zimmer angekommen, als Mr. Maber schon nach ihr klingelte. Schnell griff sie wieder zu Stenogrammblock und Bleistift und ging in sein Büro.
Wer Mr. Maber in seiner vollen, stattlichen Breite und Größe sah, konnte kaum glauben, daß dieser Mann einmal in seiner Jugend dem Cambridger Achter mit zum Siege über Oxford verholfen hatte.
Er selbst hielt sich für altmodisch, aber in Wirklichkeit war er nur bequem und schrak deshalb vor modernen Geschäftsmethoden zurück. Als Privatmann beschäftigte er sich gern mit Kirchenmusik, saß im Kirchenvorstand von Ilchester und nahm es mit seinen Pflichten durchaus ernst.
Sein Leben war wie ein offenes Buch, und er hatte nichts zu verheimlichen. Das erklärte er manchmal halb stolz, manchmal auch mit leiser Wehmut. Ein paar Seiten mußte man allerdings rasch überblättern, wenn man nicht doch eine Schattenseite entdecken wollte. Einmal hatte er nämlich am Abend des berühmten Bootsrennens den Rudermannschaften ein Essen gegeben. Es war an dem Sonnabend, bevor Markus Elbury, sein alter Schulfreund, nach den Vereinigten Staaten reiste. Nach dem Essen waren die beiden noch ins Empire-Theater gegangen, das damals noch ein Variété war. Um neun Uhr fünfundvierzig waren sie in heiterster Stimmung, laut und fröhlich singend, in das Lokal hineinmarschiert, aber um neun Uhr fünfzig kamen sie schon wieder heraus, und zwar unter Bedeckung von vier Logenschließern, drei Polizisten und einem Garderobier. Auch eine Frau spielte eine Rolle dabei, aber was dann folgte, wollen wir lieber mit dem Mantel der christlichen Nächstenliebe zudecken.
Mr. Maber war in jenen Tagen ein vermögender junger Mann gewesen, und es war ihm nicht schwer gefallen, zehn Pfund Strafe zu zahlen, weil er die Uniform der Polizisten etwas zerrissen und ihnen auch sonst übel mitgespielt hatte. Aber er dachte nur mit größtem Unbehagen an die andere Seite der Geschichte.
Und nun war Markus von Amerika zurückgekommen, und Mr. Maber hatte wieder einmal die Cambridger Rudermannschaft eingeladen. Er war gespannt, ob der Wein von 1911 heute Abend gut schmecken würde.
Auf dem Weg zur Marlborough Avenue wurde er in seinen angenehmen Gedanken häufig durch die Erinnerung an das Geschäft gestört. Am liebsten hätte er mit der ganzen Sache nichts mehr zu tun gehabt. Die Nachbarschaft dieses vulgären Atterman genügte schon, um ihn krank und elend zu machen. Im Innersten hatte er allerdings doch den geheimen Wunsch, mit der Zeit zu gehen, und die Firma Maber & Maber, die seit fünf Generationen bestand, auf der Höhe zu halten. Er seufzte. Obwohl er ein reicher Mann war, konnte er es doch nicht über sich gewinnen, seine guten Papiere an der Börse zu verkaufen und das Kapital in die Firma zu stecken.
In düsterer Stimmung betrat er sein Büro, hing Hut und Schirm auf und ließ sich von Barbara aus dem Mantel helfen. Dabei schüttelte er traurig den Kopf.
»Lange sind wir nun nicht mehr hier, Barbara«, sagte er melancholisch. »Dann geht's wieder zurück nach Ilchester. Ist ja auch wirklich ein nettes, altes Städtchen, nicht wahr?«
Sein Gesichtsausdruck verriet allerdings, daß ihn der Gedanke an diese Rückkehr wenig zu beglücken schien.
»Du bleibst natürlich auch nicht hier, wenn das Geschäft verkauft wird. Ich werde dir dann dort eine andere Stellung verschaffen.«
»Lieber tot, als nach Ilchester zurück!« erklärte sie ruhig.
Er sah sie bestürzt an.
»Aber liebes Kind, Ilchester ist eine große, alte Stadt«, sagte er leise, »eine große, alte Stadt. Denke doch nur an das herrliche Glockenspiel vom Dom.«
»Ja, und an die entsetzlichen Moskitos hinten in der Pferdeschwemme, und an die vielen alten Klatschbasen, die nichts anderes zu tun haben als andere Leute durch die Zähne zu ziehen und sich zu erkundigen, warum sie manchmal eilig heiraten müssen...«
»Aber Barbara!« erwiderte er vorwurfsvoll.
Sie faßte sich und reichte ihm die Post.
»Wann ist die Konferenz angesetzt?« fragte er.
»In zwanzig Minuten.«
Er biß sich auf die Unterlippe.
»Ich halte es für richtig, Mr. Lark zu der Besprechung zuzuziehen. Er kennt das Geschäft genau, denn er ist darin groß geworden. Und natürlich müssen wir auch Mr. Colesberg bitten. Atterman bringt seinen Direktor mit.«
»Diesen Monkey?«
»Minkey.«
»Mr. Maber, warum wollen Sie denn eigentlich die Firma verkaufen?« fragte sie ihn geradeheraus. »Ich bin davon überzeugt, daß man viel Geld mit diesem Geschäft verdienen könnte, wenn die Sache nur richtig angepackt würde. Was können denn Leute wie Mr. Lark dem Hause nützen? Er soll ja seinen Lebensunterhalt nicht verlieren, aber ich würde ihm an Ihrer Stelle eine Gehaltserhöhung von zehn Prozent geben unter der Bedingung, daß er sich nicht wieder hier blicken läßt! Der Mann ist als Einkäufer einfach unmöglich! Den halte ich nicht für fähig, auch nur eine Mausefalle einzukaufen, geschweige denn etwas anderes!«
»Wir verkaufen keine Mausefallen«, entgegnete Mr. Maber verstimmt.
»Warum verkaufen Sie denn nicht, was verlangt wird, wenn die Leute die Artikel nicht kaufen, die Sie führen?« Ihre lebhaften Augen blitzten ihn unternehmungslustig an. »Ich würde Mr. Lark durch irgendeinen fähigen Menschen ersetzen, der das Geschäft wieder einmal richtig in Schwung bringt, der ordentlich Reklame macht! Das zahlt sich auf alle Fälle ...«
Sie machte eine Pause, weil sie Atem holen mußte.
Mr. Maber betrachtete sie halb bewundernd, halb mitleidig.
»Ich bin zu alt, um mich noch einmal auf moderne Methoden umzustellen«, meinte er traurig, aber eine Sekunde später leuchteten seine Augen wieder auf. »Ach, läute doch einmal das Trocadero an und sage den Leuten, es soll Knallbonbons und andere Scherzartikel zum Nachtisch geben. Heute wollen wir lustig sein ... und dann, damit die jungen Leute sich nach dem harten Training einmal gründlich erholen können, soll nur Sekt getrunken werden, den ganzen Abend hindurch ...«
Er dachte an seinen Freund Markus, der aus Amerika zurückgekommen war, und lächelte vergnügt. Vor dreißig Jahren schon hatten sie sich gestritten, wer von ihnen damals zuerst auf der Straße lag, und der Streitfall war bis zum heutigen Tage noch nicht endgültig geklärt, obgleich sie einen lebhaften Briefwechsel darüber geführt hatten.
»Bitte, sieh doch einmal nach«, wandte er sich wieder an Barbara, »ob die Leute schon im Konferenzzimmer sind. Mr. Atterman muß einen schönen, weichen Sessel bekommen, hörst du?«
Die letzten Worte sagte er in so elegischem Ton, wie ein zum Tode Verurteilter sich erkundigen würde, ob der Henker gut geschlafen habe.
Mr. Atterman war eine etwas hagere Erscheinung und ging leicht nach vornüber gebeugt. Er war gut gekleidet und trug eine Hornbrille. Sein höchster Stolz bestand darin, für einen Amerikaner gehalten zu werden. Innerlich und äußerlich war er das Gegenteil von Mr. Maber.
»Ich freue mich außerordentlich, Sie wiederzusehen, Mr. Maber«, sagte